Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Gartenkunst — 14.1912

DOI Artikel:
Schubert, Wilhelm: Garten-Monumentalität
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.20815#0098

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
90

DIE GARTENKUNST.

XIV, 6

hinnahmen, haben dieser einen größten Lehre ver-
gessen.

Dabei bedingt solch gemeinsamesGrundprinzip durch-
aus noch nicht Einförmigkeit der Gestaltungsgedanken.
Erst unlängst brachten uns diese Blätter Beschreibungen
alt-italienischer Gärten, die uns eine unendliche Mannig-
faltigkeit von Formen offenbarten. Wie verschieden
sie sich aber darstellten an Größe, Reichtum und
Geist, gemeinsam war allen die straffe Entwickelung
der Hauptachse, der „großen Perspektive“. Oder man
denke an alte deutsche Gärten, wie in ihnen der
deutsche Drang zum Besonderen, ja zum Absonder-
lichen, die Gestaltung der Hauptachsen führte ; an die
Kaskaden von Wilhelmshöhe, oder die Kanal-
perspektive der Kasseler Aue, oder die hakenförmig
eingeschnürte Lindenperspektive von Schwetzingen
oder jene äußerst geistreiche Lösung von San ssou ci, wo
zwei Hauptachsen, die Platanenallee und die über die

Terrassen herab-
laufende Schloß-
achse gebunden
werden meinem
alles beherrschen-
den Punkte; dem
Wasserbecken
mit der gewalti-
gen „großen
F ontäne“.

In den alten
fürstlichen Gär-
ten der Barock-
zeit finden wir zu-
weilen Versuche,
ganze Landstri-
che parkmäßig zu
gestalten, an den
Machtbereich des
Schlosses rhyth-
misch zu binden.
Da war es immer
das erste, häufig
das einzigeMittel,
daß eine große
Hauptachse, die
meist schon als
Schloßachse vor-
handen war, aus-
gebildet und zur
großen Perspek-
tive umgeschaf-
fen wurde. Solche
Versuche finden
sich am Neuen
Palais in Pots-
dam, an derSoli-
t u d e bei Stutt-
gart, ganz aus-
gesprochen in
Ludwigsburg, ja, selbst die „Himmelsleiter“ am
Königsstuhl bei Heidelberg ist als solch ein
Versuch zu deuten. Das großzügigste Beispiel dieser
Art ist wohl der Park des englischen Königsschlosses
Windsor. Hier läuft eine Ulmenallee vom Schlosse
aus drei englische Meilen ins Land hinein, nicht wie
brave deutsche Alleen sich zur Torfahrt schließend,
sondern zwei Doppelzeilen von Ulmen stehen wie zwei
haushohe Heckenfluchten zur Rechten und zur Linken,
und lassen einen Raum von etwa 40 m frei, der
von einem Fahrweg in der Mitte und breiten Rasen-
bahnen an den Seiten ausgefüllt ist. Über Hügel und
durch Täler läuft diese Allee, die den eigentlichen Park
darstellt, zu beiden Seiten eine Welt von Erscheinungen;
Weiden, Wiesen, Wälder, Meierhöfe, kleine Weiler,
Forsthäuschen. Als ferner Blickpunkt steht, in den
Talsenkungen verschwindend, auf den Hügeln wieder
erscheinend, und so ein wechselvolles Spiel gewährend,
 
Annotationen