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Die Gartenkunst — 14.1912

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Schubert, Wilhelm: Garten-Monumentalität
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https://doi.org/10.11588/diglit.20815#0099

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XIV, 6

DIE GARTENKUNST.

91

ein mächtiges pyramidenähnliches Monument auf einem
Waldhügel. Die „große Perspektive“ tritt hier ge-
wissermaßen in Reinkultur auf. Man sieht, je mehr
eine Anlage an Ausdehnung gewinnt, je mehr Gelände
in den Bereich des „monumentalen Gartens“ einbe-
zogen werden soll, um desto wichtiger, notwendiger
erscheint die Durchführung der „großen Perspektive“,
bis sie schließlich, bei Gestaltungen allergrößter Art
als einziges Bildungsglied, dem Eindruck völlig ge-
nügend, bestehen bleibt.

Prüft man nun, von solchen Erwägungen aus-
gehend, neuere und neueste monumentale Gartenver-
suche, so ergibt sich, daß bei einer ganzen Anzahl
wohl die Einführung einer übersichtlich sich darstellenden
Hauptachse aus einer anderen Erkenntnis der Dinge
heraus unterlassen wurde, bei vielen, sehr vielen je-
doch würde auch solche Entwickelung eine Unmög-
lichkeit bedeuten. Das sind alle die Gärten, welche
an landschaftlich bedeutenden Punkten angelegt,
dazu dienen sol-
len , diese vor
Verunstaltung zu
schützen, sie zu-
gänglich zu ma-
chen, dem Volke
aufzuschließen.

Ihre Gestalten
und Formen fol-
gen zumeist den
von der Natur ge-
gebenen Bildun-
gen; häufig auch
bestimmen mehr
oder minder ge-
schickte Bebau-
ungspläne die
Konturen des
Gartens. Es ist in
den meisten sol-
cher Fälle über-
haupt unmöglich,
irgend eine ge-
rade Linie durch
die ganze Anlage
hindurch zu füh-
ren, häufig wider-
stehen auch die
Höhenunterschie-
de des Geländes
jeglichem Versu-
che, in irgend ei-
ner Weise über-
sichtlich zu ge-
stalten. Und da
heute fast jede
Stadt, besonders
jede Großstadt
ihre Ehre darein-

setzt, landschaftliche Schönheiten innerhalb ihres Häu-
serbereiches durch Gartengestaltungen zu retten, und
auch viele Privatleute ihre Gärten inmitten reichster,
bewegtester Natur anzulegen bestrebt sind, ist diese
Art von Parkgärten für uns fast zur Regel geworden.
Wo nur ein Fleckchen schöner Natur sich noch dar-
bot, mußte ja in neuerer Zeit ein Park entstehen.

Da fällt uns nun die Methode der Alten ein.
Sie machten es nicht so: sie wählten ihre Gelände
nicht inmitten lebhafter Natur; sie setzten ihre Gärten
in die Öde, in gleichgültige, landschaftlich unbe-
deutende Bezirke. Man hat uns gelehrt, das wäre eine
Herausforderung der Natur gewesen, ein frivoles Herr-
gottspielen des Sonnenkönigs und seiner Nachbeter;
wir sollten schon aus Bescheidenheit anders handeln;
wir sollten der Natur dankbar sein, wo immer sie uns
Vorschub leiste. Aber liegen die Dinge nicht viel-
leicht umgekehrt. Waren die Alten nicht vielleicht
bescheiden, wenn sie ihr kärgliches menschliches Alpha-

Fig. 7. Gartenmöbel von Architekt Otto Schulz, Göteborg.
 
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