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Die Gartenkunst — 14.1912

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Maasz, Harry: Ein Gartenheim für ein Kinderhospital
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Rothenburg o.d.T.
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https://doi.org/10.11588/diglit.20815#0378

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372

DIE GARTENKUNST.

XIV, 24

Die räumliche Gliederung der Gesamtanlage sowie
ihrer einzelnen Abteilungen, die enge Beziehung aller
Teile untereinander läßt die beigefügte Skizze einer
Vogelschau genügsam erkennen, sie beweist, daß eine
rein nach Zweckforderungen aufgebaute Gartenanlage
in aller Einfachheit hohe künstlerische Werte in sich
zu bergen imstande ist. Vielleicht birgt sie dieselben
gerade deshalb in sich.

Werden wir erst dahin gekommen sein, allen un-
seren Gartenschöpfungen klare Zweckforderungen zu-
grunde zu legen, so wird die Zeit nicht mehr fern
sein, in der wir, durch Hinzufügung von Empfindungs-
und Gemütswerten, jeweils am richtigen Ort, denn
das scheint mir einer der wichtigsten Faktoren zu
sein, unsere Gartenkunst zur gewünschten Höhe bringen
werden.

Rothenburg o. d. T.

Rothenburgum ad Tubarum impe-
rialis civitas magnifica et splendita.

Bucelin. Top- Germ.

Einige Jahre sind darüber ins Land gegangen seit
dem Besuch Rothenburgs durch den Verein Deutscher
Gartenkünstler.

Manchem mag deshalb ein Beitrag willkommen
sein, der die Gedanken zurückleitet nach jener Stätte
herrlicher mittelalterlicher Baukunst.

Mutterseelenalleine nachts durch die Gassen und
Gäßchen, wenn der Mond mit magischem Licht die
Häuser überflutet, wenn alles totenstill und nur das
Plätschern des Laufbrunnens zu uns dringt und das
Raunen der alten Burglinde uns verkündet von ewigem
Werden und Vergehen, oder im Schein des Morgen-
goldes oben im Burggarten, wenn der
Duft des Holderbusches täubend zu
Tale zieht und die Wildrose an der
Burg ihre erste Blüte flammt.

Diese Stunden bringen uns die-
ser Stadt, diesem Kleinod, in seiner
sinnberückenden Romantik näher,
als wie Tausenden, die im Rausche
der Festesfreude versuchen, diese
Schönheiten aufzunehmen.

Was die Rothenburger an ihrem
Städtchen haben, das wissen sie ganz
genau und deshalb ist ihr Bemühen
darauf gerichtet, moderne Baukunst
fernzuhalten.

Es wird für die Zukunft wohl
als ausgeschlossen gelten dürfen, daß,
wie geschehen, die alte Stadtmauer
Baulichkeiten stützen muß, die un-
verstandener Bauweise ihr Entstehen
verdanken. Berufene Architekten u.a.,

Theodor Fischer halten schützend
darüber Wacht.

Aber nicht allein in bezug auf
die Baulichkeiten sollte man eine

erhaltende und vermittelnde Tätigkeit entfalten. Auch
außerhalb der Mauern bei neuen Wegeführungen, bei
Pflanzungen, bei Aufführung von Stützmauern ist es
nötig, eine der Umgebung angepasste Lösung zu erzielen.

Die Pflanzung inner- und außerhalb Rothenburgs
Mauern, die in den letzten Jahren vorgenommen wurde,
erregen in mir ein doppeltes Bedauern. Erstens, weil
diese Pflanzen so gar nicht in die Umgebung passen
und zweitens unter Hinzugesellung des Mitleids, daß
diese armen Gewächse im rauhen Taubertal vegetieren
müssen.

Die Wegzüge sind zum Teil unter Ausschneidung
des Berges so gelegt, daß Felspartien „verschönernd“
mitwirken müssen. Warum sieht niemand diese Ver-
unzierung, die, wie ich wohl annehmen muß, aus
eigener Machtvollkommenheit des städtischen Garten-
gehilfen entsteht.

Was wollen die Zypressen und sonstigen Koni-
ferenarten vor dem Burgwalle, was sollen Alleen von
Schwedlers Blutahorn, was sollen all die unsinnigen
Machenschaften gärtnerischen Kleinkrams in einer
solchen Umgebung.

Alle diese buntblätterigen Sträucher, die, wie ja all-
gemein üblich, total zerschnitten sind, gehören entfernt.
Unbedingt! denn das Bild verschlechtert sich, je größer
diese Farbkleckse werden, je mehr sie sich entfalten.

Der Berghang außerhalb des Walles verträgt keine
Gartenwege (s. Bild „Am Schafturm“).

Pfade sollen es sein, als hätte den Weg zu kürzen,
ein Landsknecht ihn zuerst gesucht. Breit mag der
Pfad sein, daß er Raum zum Zweienwandel bietet, er
laufe mit den Horizontalen und leite dort, wo es nötig
wird, in praktischer Weise auf die höhere über.

Rothenburg o. d. T.: Am Schafturm.
 
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