Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Gartenkunst — 14.1912

DOI Artikel:
Arnold, R.; Hoemann, Reinhold: Die künstlerische Ausbildung des Gartenarchitekten: eine Äußerung zum Vortrage des Gartenarchitekten Herrn Reinh. Hoemann, Düsseldorf; [und Erwiderung von Hoemann]
DOI Artikel:
Heicke, C.: Über die Notwendigkeit einer Sichtung der Gehölzbestände unserer Gärten und Parkanlagen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.20815#0266

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
XIV, 17

DIE GARTENKUNST.

259

Männer der Praxis werden lernen müssen Achtung vor ihrer
eigenen Arbeit zu haben, sie müssen wissen, daß sie und ihre
gute solide praktische Arbeit der Allgemeinheit in gleichem
Maße dient, wie die Arbeit des Künstlers. Sie werden auch
von der Allgemeinheit dann in gleichem Sinne geachtet und
bewertet.

Ich habe gar keine Bedenken, daß auch die kleinen
Gärten bei meiner Methode nicht zu kurz kommen.

Wenn man übrigens, eingehend auf die Ausführungen
des Herrn Arnold, die Frage beantworten sollte: ist es wich-
tiger ein Gros von Fachleuten auf eine mittlere Durchschnitts-
leistung zu bringen, oder ist es wichtiger, das beste Menschen-
material sich heraus zu lesen und diese kleine Schar auf eine
möglichst hohe Stufe der Vollkommenheit zu bringen, so glaube
ich mich für das letztere entscheiden zu müssen, überzeugt,
daß die Kunst, also hier die Gartenkunst und die Allgemein-
heit von der letzteren Gruppe größeren Nutzen zu erwarten
hat. Ich will das Gros gar nicht zu mittelmäßigen oder
gar schlechten Künstlern heranziehen, sondern zu vor-
züglichen Praktikern, die in geachteter und angesehener
Stellung ihren Beruf ausüben, entsprechend den wirklichen
Bedürfnissen des Lebens, zum Besten der Allgemeinheit, zum
Besten der Werke der Gartenkunst und zu ihrem eigenen
Besten. Reinhold Hoentann.

Über die Notwendigkeit einer Sichtung
der Gehölzbestände unserer Gärten und
Parkanlagen.*)

Von Gartendirektor K. Heicke, i. Fa. Gartenbaubetrieb
Hohm & Heicke, Gelnhausen-Frankfurt a. M.

Wenn ich vor zwei Jahren in der Gartenkunst
eine Sichtung unserer Gehölzbestände forderte, so habe
ich damit nichts Neues oder Eigenes ausgesprochen,
sondern nur dem Empfinden aller derjenigen Worte
geliehen, die in der unübersichtlich gewordenen Fülle
unserer Baum- und Straucharten eine Last für die
Betätigung der Gartenkunst und ein Hemmnis für ihre
gesunde Weiterentwickelung erblicken.

Wir sind uns einig, daß sich hier Mißstände
herausgebildet haben, die Abhilfe erheischen, und wir
freuen uns, auch unter den Baumschulbesitzern Ver-
ständnis und Bereitwilligkeit zur Mitarbeit gefunden
zu haben. So konnte auf Anregung der D. G. f. G.
ein Ausschuß zur Sichtung der Gehölzbestände zu-
sammentreten, an dessen Arbeiten Vertreter der Ab-
teilung der Landschaftsgärtner im V. D. H. und des
B. D. B., also Züchter und Verbraucher, teilnahmen,
und sich der Aufgabe unterziehen, aus der großen
Zahl der von vielen Baumschulen geführten Baum-
und Gehölzsorten diejenigen auszusondern, welche für
den Gartenkünstler zur Verwendung in Massen und im
Einzelnen unentbehrlich sind und den Baumschulen für
die künftige Anzucht in erster Linie empfohlen werden
sollen.

Wenn ich Ihnen die allgemeinen Gesichtspunkte
darlege, die für die Arbeit dieses Ausschusses maß-
gebend gewesen sind, so hoffe ich auch, die Bedenken

*) Als Vortrag gehalten während der Gartenbauwoche
in Bonn am io. Juli 1912.

derjenigen auszuräumen, welche mit unserem Vorhaben
nicht einverstanden sind oder sich keinen Erfolg davon
versprechen. Denn neben vielseitiger Zustimmung sind
meine Anregungen auch Widerspruch begegnet, wie
dies ja leicht erklärlich ist.

Deshalb ist der Nachweis zu erbringen, daß das
Verlangen einer Sichtung und Beschränkung unserer
Gehölzbestände seine innere Berechtigung hat und nicht
etwa nur einer vorübergehenden Tagesmeinung ent-
sprungen ist. Sollte sich ergeben, daß letzteres der
Fall wäre, dann freilich müßten wir unsere Forderung
fallen lassen; denn es ließe sich nicht verantworten,
daß einer solchen flüchtigen Tagesmeinung zu Gefallen
die Baumschulen einschneidende Änderungen in ihrer
Anzucht vornehmen, da schon bald wieder andere An-
schauungen Platz greifen könnten und, was inzwischen
herangezogen wäre, wieder nicht mehr zeitgemäß sein
würde. Dem dürfte man einen Erwerbszweig, wie das
Baumschulengeschäft, in dem große Vermögen fest-
gelegt sind, wegen der unvermeidlich eintretenden
Verluste nicht aussetzen. Aber die Forderungen,
welche die Gartenkünstler hinsichtlich einer Beschrän-
kung und dadurch möglichen besseren Anpassung der
Gehölzanzucht an den neuzeitlichen Bedarf stellen,
entspringen nicht einer Laune des Tagesgeschmackes,
sondern sind das Ergebnis nachhaltiger Wandlungen,
die sich in den letzten Jahren auf dem Gebiete der
Gartenkunst vollzogen haben und, wie wohl kaum noch
von irgend einer Seite bestritten wird, die ganze Ent-
wickelung dauernd stark beeinflussen.

Dabei mag zugegeben werden, daß einzelne Er-
scheinungen für vorübergehende Modelaunen gehalten
werden könnten; zum Beispiel die heutige Bevorzugung
von Taxushecken. Allein auch in solchen Neben-
fragen muß die Stetigkeit des neuzeitlichen Geschmackes
anerkannt werden, und gerade in Baumschulkreisen
weiß man, daß die Nachfrage nach Taxuspflanzen für
Hecken noch durchaus keine Abschwächung erfahren
hat und daß es für das Baumschulgeschäft keine
bessere Kapitalanlage geben kann, als die Taxus-
anzucht.

Hier begegnen wir einer Erscheinung, die im Gegen-
satz zu dem eingangs erwähnten Mißstand der zu reich-
haltigen Sortimente in einer zu einseitigen Beschränkung
auf ganz wenige Sorten für bestimmte Zwecke besteht.
Man sollte beinahe glauben, daß es außer Taxus kaum
noch ein brauchbares immergrünes Heckenmaterial gibt.

Außer dem langsam wachsenden und kostspieligen
Taxus werden einem heute allenfalls Thuya und
Fichten angeboten, die aber aus Geschmacks- und
anderen Gründen nicht als vollwertiger Ersatz dafür
gelten können, während man als Heckenpflanzen ge-
zogene Pseudotsuga Douglasi, Tsuga canadensis und
ähnliche Nadelhölzer kaum findet. Ich bin überzeugt,
daß sie ein ganz ausgezeichnetes, in vieler Hinsicht
dem Taxus überlegenes Heckenmaterial abgeben werden,
und auch sonst wird man noch mancherlei brauchbare
Sorten finden, wenn man nur Umschau halten wollte.
 
Annotationen