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Die Gartenkunst — 14.1912

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Schubert, Wilhelm: Garten-Monumentalität
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https://doi.org/10.11588/diglit.20815#0097

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XIV, 6

DIE GARTENKUNST.

Entwickelung der Dinge, wie ich sie eben skizzierte,
betrachtet. Aber ist denn überhaupt ein solcher Gegen-
satz denkbar zwischen Gegenständen desselben Ge-
staltungsbereiches ; müssen nicht dieselben grundlegen-
den Gesetze gelten für alle Einzelfälle einer Kunst.
Zwischen „Garten“ und „Park“ kann doch kein Unter-
schied bestehen wie etwa zwischen „Malerei“ und
„Plastik“, sondern höchstens wie zwischen „Staffelei-
bild“ und „Wandbild“ oder zwischen „Relief“ und
„Monument“. Um im benachbarten Gestaltungsbereich

daß Auge und Sinn des Beschauers mit eins die
Gliederung des ganzen erfaßt. In der Architektur ge-
schieht das durch Achsen, die zueinander in rhythmi-
scher Beziehung stehen; im großen, räumlich ausge-
dehnten Garten kann es nur möglich sein, wenn
ein Glied da ist, das alle andere Gliederung
zu sich in Beziehung setzt, und wenn dieses
Glied auf allen Punkten gleich übersicht-
lich sich darstellt, mit andern Worten, für den
„monumentalen Garten“ ergibt sich als Notwendigkeit

Fig. 5. Gartentor von Architekt Otto Schulz, Göteborg.

zu bleiben; zwischen „Hausgarten“ und „Park“ be-
steht der gleiche Unterschied wie zwischen „Wohnhaus“
und „Monumentalgebäude“. In diesem Sinne müßte
man den „Park“ füglich besser als „monumentalen
Garten“ bezeichnen.

Im allgemeinen Kunstbegriff spricht man von
„Monumentalität“, wenn es gelungen ist, in einem
Werke eine Vielheit von Erscheinungen zu einer rhyth-
mischen Einheit zusammenzufassen. In diesem Sinne
kann man eine Symphonie oder ein Drama, ein Ge-
mälde oder ein Bauwerk „monumental“ heißen. Für
alle räumlichen Künste folgt aus dieser Erklärung,
daß Monumentalität nur dann vorhanden ist, wenn es
gelingt, das Vielerlei der Erscheinungen so zu gliedern,

die Einführung einer Hauptachse, der „großen
Perspektive“.

Und in der Tat, so verschieden die monumentalen
Gartenschöpfungen vergangener Zeiten waren, in diesem
einen stimmten sie überein von den italienischen Re-
naissancegärten an bis zu den Gärten der Zopfzeit und
den klassizistischen Gartenentwürfen Schinkels. Ja,
was soll man sagen, wenn selbst Fürst Pückler
diesem Prinzip in all seinen Schöpfungen treu ge-
blieben ist. Stets hat er, wenn auch malerisch frei
und verschleiert, so doch darum nicht minder bestimmt,
die „große Perspektive“ durchgeführt. Erst die Nach-
folger Pücklers, die alle Spielereien und romantischen
Seltsamkeiten ihres Meisters wie ebenso viele Dogmen
 
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