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Die Gartenkunst — 14.1912

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Hörmann, Reinhard: Die künstlerische Ausbildung des Gartenarchitekten: Vortrag
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https://doi.org/10.11588/diglit.20815#0242
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XIV, 15

DIE GARTENKUNST.

235

Art sind, etwa an solche, die organisatorisch praktisch
begabt sind, oder an andere, welche eine ausgesprochen
technisch praktische Begabung zeigen. Es ergibt sich
dann ganz von selbst eine gewisse Trennung, wie in
der Ausbildung, so nachher auch in der Ausübung des
Berufs. Es ist dabei nur wünschenswert, wenn die
Zahl der künstlerisch ausgebildeten Gartengestalter,
die dann nachher die Neuschaffenden, die Aufbauenden
sind, eine geringe ist. Ein hervorragend begabter und
in der Weise vorgebildeter Gartenkünstler wird eine
ganze Anzahl von Technikern (im selbständigen Unter-
nehmerberuf) beschäftigen können, mit dem Endresultat,
daß die entstehenden Werke in jeder Beziehung, so-
wohl technisch wie künstlerisch, auf einer weit höheren
Stufe stehen, als bei der jetzigen Methode. Wirt-
schaftlich können diese selbständigen Techniker und
Organisatoren sogar die bessere Position einnehmen
und werden sie wahrscheinlich einnehmen.

An diese gemeinsame Ausbildung der verschiedenen
Künstlerkategorien würde sich dann, für jede Kategorie
gesondert, die Spezialausbildung für den einzelnen Be-
ruf anschließen, beziehungsweise daneben hergehen.
Auch für diesen Unterricht ist die Wahl hervorragend
tüchtiger und dementsprechend auch gut honorierter,
erster Kräfte unbedingtes Erfordernis. Diese Spezial-
ausbildung würde dann z. T. im Hörsaal, z. T. im
Atelier des betreffenden Dozenten zu erfolgen haben.

Auf unseren Gartenbauschulen ist es heute noch
z. T. so, daß die künstlerische Tätigkeit außerhalb
des Rahmens der Schultätigkeit dem Dozenten verboten
ist, eine mir unbegreiflich erscheinende Methode! Wie
kann ein Gartenkünstler in seinem Beruf auf der Höhe
bleiben, wenn ihm die praktisch künstlerische Tätig-
keit verboten ist, wenn er nicht Gartenanlagen für die
Wirklichkeit mit all ihren vielen Zweckforderungen
entwerfen und ihre Ausführungen üherwachen darf ?
Nur an solchen Aufgaben des praktischen Lebens kann
er sein Können zeigen und seine Fähigkeiten weiter
bilden, nur dann bleibt er mit der fortschreitenden
Entwickelung seiner Kunst in lebendiger Verbindung,
wenn er sich werktätig betätigen kann. Fehlt ihm
diese Betätigung, so wird er zweifelsohne rosten und
verderben. Auf den technischen Hochschulen hat man
diese Notwendigkeit längst erkannt und man kann die
Lehrstühle der Architektur nur dadurch mit ersten
Kräften besetzen, daß man denselben Privatpraxis in
weitem Umfange gestattet, ja sogar sie durch Über-
weisung größerer Aufgaben heranzieht und sie in der-
selben Weise zu halten sucht.

Die Wahl der geeigneten Persönlichkeit bedeutet
hier alles, zumal der Dozent sich im vorliegenden
Falle seine Unterrichtsmethode ganz neu schaffen muß.

Auf dem Gebiet der Ausbildung des Architekten
bestehen ja ebenfalls Reformbestrebungen, die ganz
analog den unsrigen sind. Ich gebe hier die Aus-
führungen des Herrn Prof. Fritz Schumacher-Hamburg
zu diesem Thema wieder. „Wer wird uns Architektur-
geschichte aus dem Geist des Architekten und nicht

aus dem Geist des historischen Forschers heraus-
schreiben ? Die Architekturgeschichte vom Standpunkte
der Bewältigung des Raumproblemes, die dem Schaffen-
den all das sagt, was ihm an Überlieferungsschätzen
nötig und unentbehrlich ist, ohne ihn dabei durch die
blendenden, äußeren Symptome der Stile zu verwirren?
Erst wenn der Schaffende in der Architekturvergangen-
heit nichts Anderes als den unhemmbaren und lücken-
los sich vollziehenden Lösungsprozeß immer weiter-
drängender Raumprobleme sieht und das, was die
Historiker Stile nennen, nicht mehr als Frage des
Geschmacks, sondern als folgerichtige Konsequenz
dieser Schaffensnotwendigkeit erkennt, wird die Kunst-
geschichte den jungen Menschen, der zum Schaffen
angeleitet werden soll, fördern statt ihn zu verwirren.

Mit einem kunstgeschichtlichen Unterricht, der so
aus dem Geist des schaffenden Architekten heraus
geboren ist, läßt sich nun aber eine ganze Fülle von
Dingen verbinden, die heute noch im Programm der
Schulen einen breiten Raum einnehmen, weil die ein-
zelnen Fächer aus dem Zusammenhang losgelöst als
Selbstzweck getrieben werden. Eine richtig aufgefaßte
Architekturgeschichte müßte durch skizzierendes Ent-
wickeln an der Tafel, das den Hörer zum Mitzeichnen
zwingt, all das mit bewältigen, was als „Formenlehre“
heute gesondert getrieben wird. Ein einziges, großes,
grundlegendes Architekturkolleg, daß sein Rückgrat in
einem gemeinsamen Skizzieren hat, müßte einheitlich
und zielbewußt den zum Schaffen Bestimmten in die
künstlerischen Zusammenhänge nach Rückwärts ein-
führen. Um dieses Kolleg zum ersten Male zu schaffen,
bedürfte es eines Reformators ersten Ranges; wenn
sein Typus einmal festgelegt ist, düngt es mich durchaus
nicht so besonders schwer, hierfür Kräfte zu finden.“

All das, was Schumacher hier für den Architekten
fordert, was er sagt von der Reform des Unterrichtes in
der Architekturgeschichte, kann man wiederum sinnge-
mäß bei der Ausbildung des Gartenarchitekten fordern.

Eine weitere Forderung bei diesem Unterricht ist
dann die, daß man nicht schematisch vorgeht, sondern
eine möglichst freiheitliche, individuelle Erziehung je
nach der Anlage des Schülers durchzuführen versucht.
Der Eine wird für die in monumentalen Formen
schaffende, großzügig arbeitende Gartengestaltung be-
sondere Begabung zeigen, der Andere glaubt in der
Gestaltung der verschiedenen öffentlichen Anlagen
vornehmlich seine Tätigkeit suchen zu müßen, während
ein Dritter den mehr intimen Aufgaben des Wohn-
gartens seine Aufmerksamkeit zuwendet. Ein Vierter
bildet sich vielleicht in Ergänzung der erstgenannten
Gruppe gleichsam zum Innendekorateur aus, indem
eine besondere Begabung ihn hinleitet, das bereits ge-
schaffene Rauminnere des Gartens mit feinem Geschmack
und ausgeprägtem Farbensinn auf Grund auserlesener
Materialkenntnis mit Pflanzen und Blumenwerk zu
schmücken und so mit kostbarem lebendem Inhalt zu
versehen. Wieder ein Anderer wird seiner Neigung
entsprechend Spezialist auf dem Gebiet der Sportplatz-
 
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