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Die Gartenkunst — 29.1916

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Heicke, C.: Die Hauptversammlung 1916 der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.20814#0133
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Kleinere Jugendparkformen.

Wenn wir das nun aber, mangels der er-
wähnten Unterlagen heute noch nicht können,
wovon ich überzeugt bin, so scheint es sowohl
sinngemäßer als auch weihevoller im Erinnern
an Großes zunächst uns selbst zu veredeln und
zu steigern.

In uns aber lebt unsere Jugend. Wir sind,
wenn wir leben, Jugend. Und dieser, eben aller
Jugend, soll der Jugendgarten dienen!

2. Politik. In ihm ist aber auch eine poli-
tische Idee. — Was hat der „Jugendpark" mit
Politik zu tun?

Kein Zweifel, er ist geeignet, Gesundheit und
Widerstandsfähigkeit aller Schichten, Geschlech-
ter und Alter zu erhöhen und damit den politischen
Einfluß der Nation zu stärken. Zu dieser äußeren
Kraftentfaltung, ohne die wir die in uns schlum-
mernden Kulturwerte im geschichtlichen Ringen
der Nationen nicht zur Anwendung bringen können,
ist eine gewisse Zusammenfassung aller offen-
baren und geheimen Kräfte imRahmen der Jugend-
bewegung Voraussetzung. Wie bekannt, bestehen
heute eigentlich drei große Neigungen zur „Be-

schlagnahme der deutschenjugend", wie ich diesen
Vorgang wohl scherzhaft benannt habe. Davon
kennen wir alle die altbewährte und vielver-
zweigte Jugendbewegung, wie sie in den Sammel-
namen „Pfadfinder", „Wandervogel", „Freie
Studentenschaft", „Vortrupp" und anderen für
Sie ohne weiteres vorstellbar ist.

Dieser, wenigstens was die eigentlich tätige
Jugend anbetrifft, vorzugsweise und durchaus in
gutem Sinne triebhaften Erregung, dieser, ich
möchte sagen sentimentalen Jugendbewegung, ist
längst eine mehr nachdenkliche, eine geistige der
Führer und Eltern gefolgt und parallel gegangen.

Und als drittes, alsunmittelbaresErgebnis des
Krieges und seiner Ausnahmezustände sehen wir
endlich eine Jugendneigung der Behörden, der
bürgerlichen sowohl als besonders auch der militä-
rischen, die ich die systematische oder technische
Jugendbewegung nenne. Denken Sie in diesem
Belang nur an die berühmten Jugenderlasse des
stellvertretenden Generalkommandos zu Cassel,
unter dessen Schutz sozusagen wir hier heute
tagen, denken Sie an die so viel angefochtenen
und bewunderten Jugendkompagnien u. a. m.

Wenn wir solcherart Umschau halten, so fällt
uns Eines auf! Das wesentliche m. H., wenn auch
nicht das schönste an diesen so mannigfachen
Bestrebungen ist ihre Uneinigkeit bisher. Gerade
an den berufenen Stellen ist man sich durchaus
noch nicht klar über die Wege, die künftig ein-
zuschlagen wären, in Bezug auf die Art der Be-
einflussung und Erziehung der deutschenjugend
nach dem Kriege.

Die Ursache dieser Zersplitterung, die zu einer
Gefahr für das ganze große Werk zu werden
droht, glaube ich in dem Mangel längerer ge-
meinsamer Arbeit suchen zu sollen, die unsere
Jugendfürsorge als Ganzes sowie ihre Glieder
untereinander auszeichnet oder wenn sie wollen,
nicht auszeichnet. Als Folge der bekannten, oft
ganz triebhaften Entstehungsweise von Jugend-
arbeitszweigen haben diese sich bisher vielfach
mit sehr bescheidenen Organisationsformen und
mehr als improvisierten Arbeitsstätten begnügen
müssen. Und wenn das für gewisse Zweige, etwa
für Pfadfinder und Wandervögel oft nur belang-
los, gelegentlich sogar stilgerecht gewesen sein
sollte, so ist es für andere große Zweige der
deutschen Jugendbewegung wiederum geradezu
verhängnisvoll geworden. Ich weise in diesem
Zusammenhang nur kurz auf eine Tatsache unter
vielen hin, die Dr.Wagner kürzlich in seinem Buche
über städtische Freiflächen - Politik aufgeführt
hat, nämlich, daß von sämtlichen Groß-Berliner
Sportvereinen nicht einer über eigene Spielplätze
im Stadtbereiche verfügt, sondern daß sie alle
auf kurzfristig gemieteten Baustellen und ähn-
lichem hausen. So liegts aber überall! Bisher
ist eigentlich nur die alte deutsche Turnerschaft
leidlich untergebracht.

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