Schloß Willcmow bei Warschau, vom Haupteingang aus gesehen.
Aufnahme von Vizefeldwebel Willi. Hirsch, Gartenarchitekt Wiesbaden.
Fahrten durch Polen, seine Landschaft und Gärten.
Von W. Hirsch, Gartenarchitekt für Friedhofswesen, Warschau.
Man darf Polen nicht mit dem landschaft-
lichen Bild unserer deutschen Heimat vergleichen.
Namentlich nicht mit unserem bergigen, bewal-
deten Mitteldeutschland. Die Reize, welche sich
hier dem Auge bieten, sind ganz anderer Art.
Die Landschaft ist ganz außerordentlich wechselnd.
Eben schaut man große Sandfelder und Binnen-
dünen, dann fruchtbare ausgedehnte Äcker, dann
wieder trockene Kiefernwaldungen mit Heide-
bildungen und schließlich wasserreiche Erlen-
brüche oder Weidenlandschaften. Nur die Anord-
nung und Art der menschlichen Siedlungen be-
hält einen gemeinsamen Grundzug, nämlich:
Die Hausform in ihrer niedrigen, leichten Bau-
weise und das weit gebaute mit Grün durchsetzte
Dorf.
Jede Landschaft ist in ihrer Art schön, be-
sonders für den Naturfreund und Kenner. Das
polnische Sandfeld, die Binnendüne, hat ihren
besonderen Reiz in der eigenartigen Flora. Was
ihr am frischen Grün der hochwachsenden Bäume
und Sträucher mangelt, wird durch die Mannig-
faltigkeit höherer Stauden und vor allem der
Polsterpflanzen ersetzt. Die dort zu findenden
Arten sind sehr zahlreich. In besonders großen
Massen blühen die hellpurpurnen Thymian, die
ganz lichtblauen Hundsveilchen, gelbe Sedum-
arten, weiße Federnelken, die hohen gelben
Stengel der Königskerzen, hellblaue Sanddisteln
und nicht zu vergessen himmelblaue Anchusa.
In sämtlichen Blüten liegen auffallend helleuch-
tende Farben. Den Grundton der ganzen Felder
geben die graugrüne, borstige Weingärtneria
und die Festuca-Arten. Namentlich im Frühjahr
zeigen diese in ihren rötlichen Farben prachtvolle
Wirkungen, zumal in der Abendstimmung.
Im weitaus größten Teil ist Polen ein sehr
fruchtbares Land. Überall erblickt man endlose
Felder aller möglichen Feldfrüchte. Die großen,
ruhigen Flächen tun unserem, an kleinere Grund-
stücksaufteilung gewöhnten Auge gut. Ganz be-
sonders denke ich an die Felder, welche für eine
Gründüngung mit gelben und blauen Lupinen
angesäet waren. Es ist ein wogendes Meer von
Blau und Gelb. Hierbei kam mir der Gedanke,
ob in sandigem Boden bei großen Parkflächen
diese Düngung nicht auch zweckmäßig zu ver-
wenden wäre, und gleichzeitig eine gute Park-
wirkung erzielt würde.
In die Felder schmiegen sich ausgedehnte
Weiden, auf denen Kühe, Pferde, Schweine,
Gänse mit ihrem Alt- und Jungvieh in zwang-
loser Weise, durch Jungen gehütet, grasen. Auch
der Nicht-Landwirt erkennt deutlich den Unter-
schied in der Viehzucht. Die Zuchtmethode ist
urwüchsiger, das Vieh wird sich mehr selbst
überlassen als in unserer Heimat.
Wasserreiche Erlenbrüche und Kopfweiden-
Landschaften sind häufig anzutreffen, besonders
in der Weichselniederung. Hinter dem Weichsel-
Gartenkunst Nr. 10, 1916.
139
Aufnahme von Vizefeldwebel Willi. Hirsch, Gartenarchitekt Wiesbaden.
Fahrten durch Polen, seine Landschaft und Gärten.
Von W. Hirsch, Gartenarchitekt für Friedhofswesen, Warschau.
Man darf Polen nicht mit dem landschaft-
lichen Bild unserer deutschen Heimat vergleichen.
Namentlich nicht mit unserem bergigen, bewal-
deten Mitteldeutschland. Die Reize, welche sich
hier dem Auge bieten, sind ganz anderer Art.
Die Landschaft ist ganz außerordentlich wechselnd.
Eben schaut man große Sandfelder und Binnen-
dünen, dann fruchtbare ausgedehnte Äcker, dann
wieder trockene Kiefernwaldungen mit Heide-
bildungen und schließlich wasserreiche Erlen-
brüche oder Weidenlandschaften. Nur die Anord-
nung und Art der menschlichen Siedlungen be-
hält einen gemeinsamen Grundzug, nämlich:
Die Hausform in ihrer niedrigen, leichten Bau-
weise und das weit gebaute mit Grün durchsetzte
Dorf.
Jede Landschaft ist in ihrer Art schön, be-
sonders für den Naturfreund und Kenner. Das
polnische Sandfeld, die Binnendüne, hat ihren
besonderen Reiz in der eigenartigen Flora. Was
ihr am frischen Grün der hochwachsenden Bäume
und Sträucher mangelt, wird durch die Mannig-
faltigkeit höherer Stauden und vor allem der
Polsterpflanzen ersetzt. Die dort zu findenden
Arten sind sehr zahlreich. In besonders großen
Massen blühen die hellpurpurnen Thymian, die
ganz lichtblauen Hundsveilchen, gelbe Sedum-
arten, weiße Federnelken, die hohen gelben
Stengel der Königskerzen, hellblaue Sanddisteln
und nicht zu vergessen himmelblaue Anchusa.
In sämtlichen Blüten liegen auffallend helleuch-
tende Farben. Den Grundton der ganzen Felder
geben die graugrüne, borstige Weingärtneria
und die Festuca-Arten. Namentlich im Frühjahr
zeigen diese in ihren rötlichen Farben prachtvolle
Wirkungen, zumal in der Abendstimmung.
Im weitaus größten Teil ist Polen ein sehr
fruchtbares Land. Überall erblickt man endlose
Felder aller möglichen Feldfrüchte. Die großen,
ruhigen Flächen tun unserem, an kleinere Grund-
stücksaufteilung gewöhnten Auge gut. Ganz be-
sonders denke ich an die Felder, welche für eine
Gründüngung mit gelben und blauen Lupinen
angesäet waren. Es ist ein wogendes Meer von
Blau und Gelb. Hierbei kam mir der Gedanke,
ob in sandigem Boden bei großen Parkflächen
diese Düngung nicht auch zweckmäßig zu ver-
wenden wäre, und gleichzeitig eine gute Park-
wirkung erzielt würde.
In die Felder schmiegen sich ausgedehnte
Weiden, auf denen Kühe, Pferde, Schweine,
Gänse mit ihrem Alt- und Jungvieh in zwang-
loser Weise, durch Jungen gehütet, grasen. Auch
der Nicht-Landwirt erkennt deutlich den Unter-
schied in der Viehzucht. Die Zuchtmethode ist
urwüchsiger, das Vieh wird sich mehr selbst
überlassen als in unserer Heimat.
Wasserreiche Erlenbrüche und Kopfweiden-
Landschaften sind häufig anzutreffen, besonders
in der Weichselniederung. Hinter dem Weichsel-
Gartenkunst Nr. 10, 1916.
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