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Die Gartenkunst — 33.1920

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Zahn, Fritz: Ausbildungsfragen
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https://doi.org/10.11588/diglit.20812#0024

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z. B. in der Ausbildung des Gartenarchitekten zwei
Ansichten sich scharf gegenüber. Die eine Richtung,
zu deren Verfechtern ich gehöre, wünscht die Hoch-
schule aus dem Fach, also der Gärtnerlehranstalt,
entwickelt. Die andere erstrebt Anschluß an die Tech-
nische Hochschule. Auch hier gibt es dann eine weitere
Trennung. Einer verlangt unter allen Umständen
dasAbiturium, ein anderer will das Abschlußexamen
einer höheren Gärtnerlehranstalt diesem gleich-
setzen, was wiederum Änderung der Aufnahmevor-
schriften der Technischen Hochschule bedingen würde,
eine Ausnahme zu Gunsten einer- kleineren Zahl
Studierender. Es erscheint mir fraglich, ob derartige
Ausnahmen für eine Sondergruppe gemacht werden.

Als ein Grund für den Anschluß an die tech-
nische Hodischule wird u. d. angeführt die Zu-
sammenarbeit mit den Studierenden anderer Fächer.
Das läßt sich auch, wie z. B. in Dahlem, auf
anderem Wege erreichen. Ebenso wie zwischen Uni-
versität, Landwirtschaftlicher und Technischer Hoch-
schule Wechselbeziehungen bestehen, ebenso könnte
auch die Gartenbauhochschule in sie einbezogen
werden, daß also gleichzeitig an der Technischen
Hochschule Vorlesungen gehört, selbst Übungen an
der Kunstgewerbeschule mitgenommen werden kön-
nen. Dadurch schaffen wir die gewünschte Verbin-
dung mit den Schwesterkünsten, treten in die ge-
forderten engen Beziehungen zu ihnen. Diese enge
Verbindung ist auch dadurch möglich, daß von diesen
Instituten Lehrkräfte herangezogen werden.

Für den Anschluß an die Technische Hochschule
wird ferner angeführt, daß sämtliche technischen
Fächer, wie Wege- und Straßenbau, Ent- und Be-
wässerung, Erdbau und Feldmessen u. a. dort ver-
treten seien, daß es also nur des Einfügens der
Gartenkunst in den Rahmen der Vorlesungen be-
dürfe. Wer das umfangreiche Vorlesungsverzeichnis
kennt, wer aus eigener Erfahrung weiß, wie schwer
es ist, die Auswahl der Fächer so zu treffen, daß
ihr Besuch mit der Zeit und der Lage sich vereinigen

läßt, wird nicht mit einem einfachen: „das wird
schon gehen" sich darüber hinwegsetzen.

Und ein anderes. Gebrauchen wir denn in
diesen Fächern eine so eingehende Ausbildung wie
der Baufachmann, auf den diese Vorlesungen nach
Inhalt und Anforderung zugeschnitten sind? Es ist
doch wohl nicht anzunehmen, daß man zu Gunsten
der vielleicht geringen Zahl der Gartenkunst-Stu-
dierenden besondere Vorlesungen, nach ihren An-
forderungen bemessen, einführen wird, dann wird
ja der Apparat noch umfangreicher, noch kompli-
zierter. Eine weitere Frage ist zu stellen: Wird
nach Lage der wirtschaftlichen Verhältnisse in Zu-
kunft die Ausübung reiner Gartenkunst möglich
sein? Tragen nicht schon jetzt große Gartenkunst-
firmen den veränderten Verhältnissen Rechnung und
ziehen die volkswirtschaftliche Seite des Garten-
baues, den Nutzgartenbau, mehr und mehr in ihren
Betrieb hinein?

Selbst die Letter der städtischen Gartenver-
waltungen werden in Zukunft mehr noch als
es schon jetzt im Kriege der Fall war, dem Nutz-
gartenbau ihr Interesse zuwenden müssen. Daraus
ergibt sich, daß eine Trennung des Studiums vom
Fach nicht angebracht ist, umsoweniger angebracht,
da der Ausbau der höheren Gärtnerlehranstalten
zur Gartenbauhochschule mit weniger Mitteln durch-
zuführen möglich ist, vor allem sich allmählich voll-
ziehen kann, wenn nur erst Anregung und Anfang
gegeben ist.

Unser Gartenfach ist so umfangreich, hat heute
so gewaltige volkswirtschaftliche Bedeutung — ich
brauche nur das Siedelungswesen zu nennen —,
daß es sicher auch ebenso wie Forstwesen, Land-
wirtschaft, Brauerei, Kaufmannsstand in der Hoch-
schulfrage auf eigenen Füßen stehen kann und nicht
genötigt zu sein braucht, sich an andere Berufe
anzuklammern oder gar von ihnen führen zu lassen.

Deshalb bitte ich für die selbständige
Gartenbauhochschule einzutreten.

Goethes Gartenhaus am Stern zu Weimar.

Für die Schriftleitung verantwortlich: Gartendirektor Heicke, Frankfurt a. M. Selbstverlag der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst,

Druck der Universitätsdruckerei H. Stürtz A.G., Würzburg.
 
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