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Die Gartenkunst — 33.1920

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Jensen, Harald: Welche Anforderungen stellen wir für unsere Ausbildung
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Bücherschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.20812#0057

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Dahlem wird ausgebaut als Hodisdiule für
Gartentechnik. Pflanzen- und Obstbau werden von
Dahlem losgelöst.

Alle Fachleute, welche sich die Gartengestaltung
zur Lebensaufgabe gemacht haben, sind hier ge-
meinsam auszubilden. Die Reife für Obersekunda
muß streng nachgewiesen werden.

Die Hochschule erschöpft alles Technische. Gar-
tenbau wird soweit gelehrt, als es für die Garten-
gestaltung notwendig ist, die Gartenkunst in ihren
elementaren Grundlagen bis zur Lösung einfacher
Aufgaben. Im lezten Lehrgang scheiden die schöp-
ferisch Begabten aus und setzen ihr Studium an
der Akademie, Kunstschule etc. fort, während sich
die Techniker in allen einschlägigen Fragen (rein
garten-, bau-, Ingenieur- und verwaltungstecfanisch)
unter Anlehnung an die technische Hochschule weiter
ausbilden. Für den Gartenkünstler ist das weitere
Studium an einer Kunstschule oder Akademie er-
forderlich. Die Reifeprüfung ist hier abzulegen.

Meine Ausführungen wollen sich nicht auf Einzel-
heiten festlegen, nur große Richtlinien vertreten,
als deren wichtigste für die Gartenkunst ich die
lebendige Fühlungnahme mit den Schwesterkünsten
erachte.

*

N a ch s ch r i ft. Der von der Hauptversammlung
in Weimar gewählte Ausschuß für die Ausbildungs-
frage hat am 25. Januar in Frankfurt a. M. zu-
sammen mit dem Vorstande der Gesellschaft getagt
und dabei auch die vorstehenden Ausführungen
Jensens eingehend erörtert. Man erkannte an, daß
sie viel Beachtenswertes enthalten und in der
Kritik der bestehenden Verhältnisse dem Kern der
Sache nahe kommen. Daß Jensen etwas einseitig
urteilt und anscheinend die Verhältnisse im Auge
hat, die zur Zeit seines Besuches der Dahlemer
Lehranstalt, also etwa um 1905, bestanden, in-
zwischen aber Verbesserungen erfahren haben, än-
dert daran nicht viel. Denn die Auffassung ist all-
gemein verbreitet, daß der künstlerische Teil der
Gartenarchitekten-Ausbildung in Dahlem immer noch
zu kurz kommt. Der Mangel an Fühlung mit den
verwandten Kunstgebieten wird sich audi nicht be-
seitigen lassen, wenn Dahlem zu einer Gartenkunst-
hochschule ausgebaut und in engere Beziehungen
zu5 Charlottenburger technischen Hochschule gebracht
wurde. Der Ausschuß glaubt aus diesem Grunde
und auch, weil er die Schaffung einer reinen
Gartenkunsthochschule zur Zeit für aussichtslos
hält, derartige Bestrebungen nicht unterstützen zu
sollen. Aber auch die von manchen Fachleuten be-
fürworteten Gartenkunstabteilungen an den Tech-
nischen Hochschulen möchte er nicht empfehlen,
schon weil auch das für absehbare Zeit an den
Kosten scheitern dürfte.

Nach eingehender Prüfung aller Verhältnisse
kam man auf Grund von meist einstimmigen Be-
schlüssen zu einem Programm, welches sich in fol-
gende Sätze kleiden läßt: Gartenkunst kann ohne
gründliche Kenntnis des Pflanzenmaterials und seiner
Lebensbedingungen nicht ausgeübt werden. Der
Gartenarchitekt muß sich deshalb zunächst einer
praktischen Ausbildung in gutgeleiteten Baumschulen,
Staudenzüchtereien und dergleichen Betrieben unter-
ziehen. Auch in einem gartentechnischen Büro sollte
er einige Zeit gearbeitet haben, ehe er eine Lehr-
anstalt bezieht. Die bisher geforderte vierjährige
Zeitdauer dieser praktischen Ausbildung erscheint
angemessen. Der Unterricht an der Lehranstalt
soll, soweit Gartenkunst in Frage kommt, deren
technische Grundlagen im weitesten Sinne behan-
deln und die künstlerischen Begabungen wecken,
damit die Besucher die Anstalt als durchgebildete

Gartentechniker verlassen und auch einfache Auf-
gaben künstlerischer Art zu lösen im Stande sind.
Die Vollendung der künstlerischen Ausbildung soll,
sofern nicht der Einzelne es vorzieht, sich an einer
Kunstschule oder Kunstakademie mit Gartenkunst-
klasse weiterzubilden, in Gartenkunst-Seminaren
erfolgen, die an einigen technischen Hochschulen
eingerichtet werden und den Zusammenhang mit
den andern Kunstgebieten vermitteln sollen. Für
die Zulassung als V°llhörer an solchen soll die
Reifeprüfung einer höhern Schule und die Ab-
schlußprüfung der Gärtnerlehranstalt gefordert
werden. Dieser müssen sich auch solche Garten-
kunstbeflissene unterziehen können, die nicht den
vollen Lehrgang der Anstalt durchgemacht haben.
Zum Ausgleich für den längern Schulbesuch kann
den Abiturienten höherer Schulen die Verkürzung
der praktischen Ausbildungszeit auf zwei Jahre zu-
gestanden werden.

Für diese Ziele ist es von gewisser Bedeutung
und wünschenswert, daß eine der jetzt bestehenden
höheren Gärtnerlehranstalten zu einer Gartenbau -
horhschule erhoben werde.

Das Wesentliche an diesem Programm besteht
darin, daß die künstlerische Ausbildung getrennt
wird von der mehr gartentechnischen Vorbildung.
Während die letztere zweckmäßig weiterhin an
den vom Landwirtschaftsministerium abhängenden
Gartenbauschulen verbleibt, wird Wert darauf ge-
legt, daß die erstere in engsten Zusammenhang
mit dem sonstigen dem Kultusminister unterstehen-
den künstlerischen Ausbildungswesen gebracht wird.

Der Ausschuß empfiehlt in diesem Sinne, bei
den zuständigen Ministerien die Einrichtung von
Gartenkunstseminaren an einer norddeutschen und
süddeutschen Hochschule zu beantragen. Weiter
empfiehlt er dem Vorstand, die auf Umwandlung
der Dahlemer Lehranstalt in eine Gartenbauhoch-
schule gerichteten Bestrebungen zu unterstützen.

Bücherschau

Paul Wolf, Städtebau. Klinkhardt und Bier-
mann, Leipzig, 1919. Man möchte es ein gewagtes
Beginnen nennen, unter den gegenwärtigen Ver-
hältnissen, wo nicht alles im Flusse ist, sondern
alles stockt und noch niemand zu sagen wagt, wo-
hin die Entwicklung gehen wird, ein Buch über
Städtebau herauszubringen, welches doch wohl
nicht lediglich Rückblicke auf die Zeit seit Camillo
Sittes „Städtebau nach künstlerischen Grundsätzen"
enthalten, sondern auch Wegweiser für die kom-
mende Zeit sein will. Man wird ein solches Buch mit
besonderer Spannung in die Hand nehmen, und es
in diesem Falle nicht enttäuscht zur Seite legen.
Der Verfasser hat sich seit Jahren im Städtebau
betätigt, viel Erfahrungen und Material gesammelt
und entwirft auf Grund dessen einen kurzen Rück-
blick auf die Stadtform der Vergangenheit, um da-
raus und aus den teils schon klarer, teils zur Zeit
erst andeutungsweise sich ergebenden neuen Zielen
einen Ausblick auf die Stadt der Zukunft zu werfen,
von der er sagt, daß sie nur im Geiste einer neuen
Zeit gelöst werden kann. Inwieweit ihm die Zu-
kunft recht geben wird, muß die Zeit lehren, heute
kann man darüber kein Urteil fällen.

Die Gartenfragen sind dem Verfasser als
Städtebauer nicht fremd geblieben. Wir wissen aus
Kubes Vortrag in Würzburg 1918, daß Wolf der
Förderung der Leibesübungen, der Schaffung von
Freiflächen und allem, was damit zusammenhängt
großes Verständnis entgegenbringt und sich ein-
gehend mit der Lösung dieser Fragen beschäftigt hat.

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