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Die Gartenkunst — 33.1920

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Heicke, C.: XXXIII. Hauptversammlung der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.20812#0123

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des öffentlichen Gartenwesens an die
neuen Verhältnisse fand. Zum drittenMale!
Denn bereits Stuttgart (1918) und Weimar (1919)
stand diese Angelegenheit zur Aussprache.
Mancher fand es befremdlich, daß Staehles Aus-
führungen sich noch immer nicht zu „Leitsätzen"
verdichten wollen. Mancher auch hält solche für
unnötig, da sich die „Anpassung" ohne unser
Zutun schon durch die Gewalt der Verhältnisse
vollziehen wird. Denn Sparen und Einschränken
ist die Losung. Daß gespart werden muß, ist keine
Frage! Wir müssen aber den Verantwortlichen
zeigen, wie und wo gespart werden kann. Vor
allen Dingen gilt es, den Ängstlichen und Neuen
in der Verwaltungspraxis zu beweisen, daß der
Gartendirektor nicht erst durch Abstriche ge-
zwungenwerden muß, von seinem Gärtner-
herzen lieb gewordenen Blumenbeeten zu las-
sen, sondern klaren Blick für die unbedingten
Notwendigkeiten besitzt und ihrer Sicherung
wegen auf minder wichtige Dinge und Einrich-
tungen verzichten kann. Er soll zeigen, daß ihm
sein Ressort, das er in den guten Jahren liebevoll
ausgebaut hat, nicht über das allgemeine Ganze
geht. Besser, man müßte ihn mahnen, nicht gar
zu radikal zu sein, als daß die Einschränkungs-
walze über ihn hinweg rollt. Knapp müssen solche
Leitsätze sein, es kann nicht alles wörtlich darin
stehen, was die einzelnen Hörer wollen, es muß
aber alles darin einbegriffen werden können.
Hoffen wir, daß der kleine Ausschuß, der die
Sache jetzt zu Ende bringen soll, Leitsätze zu-
stande bringt, die wir nicht ängstlich in der Schub-
lade zu halten brauchen, sondern als Banner
gesunder Einsicht für die wesentlichsten Auf-
gaben des kommunalen Gartenwesens in der
kommenden Zeit aufpflanzen können.

Dahin gehören auch Straßenbäume, Bäume
als Ausdrucksmittel der Schönheit im
Stadtbild. Schade, daß Herr v. Engelhardt durch
tückische Erkrankung auf der Reise kurz vor dem
Tagungsorte liegen bleiben mußte! Er würde
manches gute Wort hierzu gesagt und mit Encke,
der an den großzügigen Plänen seiner Kölner
Verwaltung praktisch aufzeigte, worauf es an-
kommen wird, Staehles Ausführungen wertvoll
ergänzt haben. Man hat gerade den Baumvor-
trag ungern vermißt; denn daß Wertvolles er-
halten und ausgebaut, viel zur Gewohnheit Ge-
wordenes aber beseitigt und künftig vermieden
werde, und zwar schonungslos! das läßt sich
so recht am Baum auf der Straße demonstrieren.
Das in der Versammlung mit Beifall aufgenom-
mene Wort: „An Straßenbäumen hat nur der
seine Freude, der nicht dahinter wohnen muß",
war freilich etwas einseitig, wenn es auch aus an-
gesehenem Munde kam. Auch die Straßenbahn,
die dröhnend an meinem Hause vorbeipoltert,
macht mir oft keine Freude ! Und an einer in der
Architektur total verhauenen Straße, z. B. der

Kaiserstraße, Frankfurt a. M., möchte ich nie die
durch strammen Schnitt in feste Form gebrachte
Linie der Platanenkronen missen. Daß mitBaum-
pflanzungen viel Unfug getrieben wurde, ist eine
andere Sache. Aber nur nicht gleich das Kind
mit dem Bade ausschütten!

Wie schwer es ist, viele Köpfe unter einen
Hut zu bringen, merkte man auch in der Aus-
sprache mit ihren vielen Kleinigkeiten und Klein-
lichkeiten, die sich an die im Zusammenhange mit
Staehles Thema behandelte Frage derKommü-
nalisierung der Friedhöfe anschloß. Sie
wurde eingeleitet durch Verlesung,eines Schrift-
satzes des Breslauer Friedhofsdirektors E r b e. Zu
bedauern war, daß er nicht selbst zugegen war.
Die Frage, die hier angeschnitten wurde, ist noch
sehr der Klärung bedürftig. Von den Einen
wird die Kommunalisierung der Friedhöfe, d. h.
die Zusammenfassung des ganzen Friedhofsbe-
triebes mit allem, was damit zusammenhängt, in
den Händen der Stadtverwaltung, begründet mit
der Möglichkeit größerer Einheitlichkeit des
Betriebs und erhöhter Verbilligung auf der einen,
vermehrter Einnahmen für den Stadtsäckel auf
der andern Seite. Dem stellte ein Versammlungs-
teilnehmer die beachtliche These gegenüber, daß
die Kommunalisierung gar nicht als Einnahme-
fr aqe, sondern lediglich unter dem Gesichtspunkt
der sozialen Fürsorge beurteilt werden dürfe.
„Wenn man nichts daran verdient, nichts zuge-
setzt, aber unter Ausschaltung des gerade auf den
Friedhöfen zum Ausdruck kommenden Klassen-
unterschieds Jedem, auch dem Ärmsten ein wür-
diges Begräbnis und eine freundliche Ruhestätte
bereitet hat, dann ist der Zweck der Kommu-
nalisierung erreicht." Von der Versammlung
wurde auch das Interesse der an der Grabpflege
beteiligten Gärtnerschaft betont, für und gegen
Beseitigung der Gräberklassen u. a. gesprochen.
Es bedarf jedenfalls noch weiterer gründlicher
Erörterung, die um so notwendiger ist, als auf
keinem Gebiet die Verhältnisse so verschieden-
artig in den einzelnen Städten liegen wie auf
diesem.

Die Bewertung von Baum- und Gehölz-
pflanzungen behandelte Landesbaurat Becker,
Kassel, auf Grund von ihm ermittelter Berech-
nungsformeln. Wir verweisen hierbei auf die
Ausführungen im Juliheft der Gartenkunst 1920,
Seite 92. Solche Formeln und ihre Begründung
einer großenVersammlung vorzutragen, ist immer
eine undankbare Sache. Daß der Redner aber
bei seinen Ausführungen großem Interesse be-
gegnete und das spröde Thema in fesselnder
Form vorzutragen wußte, bewies die gespannte
Aufmerksamkeit, mit der ihmdie Zuhörer folgten.
Herr Landesbaurat Becker wird selbst nicht er-
wartet haben, daß seine Ausführungen trotz
der Klarheit seines Vortrags die Hörerschaft
mit allen Einzelheiten seines scharfsinnigen Sy-

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