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Die Gartenkunst — 36-37.1923/​1924

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Von den Herrenhäuser Gärten, ihrer geschichtlichen Entwicklung und gegenwärtigen Lage
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https://doi.org/10.11588/diglit.58970#0147

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käme, und die Beteiligten sich auf eine Reihe von Jah-
ren zur Bewilligung der Mittel für die Unterhaltung
verpflichteten. Seitens der Vertretung des Herzogs von
Cumberland wurden derartige Vereinbarungen auf das
Entschiedenste abgelehnt. Zudem schwebte zwischen
dem Herzog und dem preußischen Staat ein Prozeß
über die Verwendung der Zinsen aus dem Weifenfonds,
der schließlich zu un-
gunsten des preußi-
schen Staates entschie-
den wurde. Die ableh-
nende Haltung der
Cumberlandschen
Vertretung führte
schließlich dazu, daß
Stadt wie Provinz die
weitere Bewilligung
von Zuschüssen und
die Cumberlandsche
Vermögensverwaltung
die geplante Mitwir-
kung eines Sachver-
ständigen-Ausschusses
für die Prüfung der
Frage, wie die Gärten
wirtschaftlicher zu
verwalten wären, ab-
lehnten.
Diese Entscheidungen
fielen im Herbst 1923.
Der Mangel an Mit-
teln, an Heizmateria-
lien zwang die Cum-
berlandische Verwal-
tung, große Teile der
Gewächshausanlagen
im Berggarten stillzu-
legen. Die Pflanzen
wurden zu einem er-
heblichen Teile ver-
kauft, die Häuser bis
auf das große Palmen-
haus geräumt und die noch einigermaßen wertvollen
Sachen im Palmenhause untergebracht.
Um diese Zeit regte die Niedersächsische Gesellschaft
für Obst-, Gemüse- und Gartenbau für die Sicherung
des Palmenhauses öffentliche Sammlungen an und gab
zu diesem Zweck eine kleine Denkschrift heraus. Darin
sind aber die auf ein klares Ziel gerichteten Bemühun ¬
gen der Stadtverwaltung Hannover gänzlich übergan-
gen worden. Es gelang der Niedersächsischen Gesell-
schaft, ca. 1000 Zentner Heizmaterial für Beheizung
des Palmenhauses der Cumberlandischen Verwaltung
zur Verfügung zu stellen. Irgendwelche anderen greif-
baren Erfolge hat aber anscheinend auch dieser Ver-
such nicht gezeitigt. Außerdem ist zu bemerken, daß
die Darstellungen der Denkschrift der kulturhistori-
schen Bedeutung des Großen Gartens nicht gerecht
werden, das Hauptgewicht vielmehr auf die Erhaltung
des Berggartens im Interesse der botanischen Wissen-
schaft gelegt wird. Die Bedeutung des Großen Gartens
als Kulturdenkmal historischer Gartenkunst darf dem-

gegenüber unter keinen Umständen unterschätzt werden.
Es bleibt nach dem gegenwärtigen Stand der Dinge
anscheinend nichts übrig, als abzuwarten, ob etwa mit
der Stabilisierung der Währung es der Cumberlandi-
schen Vermögensverwaltung möglich wird, wenigstens
im allerbescheidensten Rahmen dem Verfall der Gär-
ten entgegenzu wirken.
IV.
Die im letzten Satze
ausgesprochene Ver-
tröstung ist recht pro-
blematisch; denn selbst
unter Erhaltung der
Markstabilisierung
kann bestenfalls die
Lage der Vermögens-
verwaltung eine ge-
wisse Stetigkeit erfah-
ren, kaum aber eine
merkliche Besserung,
und günstigsten Fal-
les bleibt die Lage der
Gärten die gleiche,
d. h. trostlose —, an-
statt sich noch wei-
ter zu verschlechtern.
Damit ist aber nichts
gewonnen. Man wird
sich vielmehr weiter-
hin bemühen müssen,
einen Ausweg zu fin-
den, der die Bestands-
erhaltung einigerma-
ßen gewährleistet. Bei
dem Interesse, wel-
ches die hannoversche
Stadtverwaltung und
der Oberpräsident der
Frage entgegenbrin-
gen, wird man anneh-
men dürfen, daß die
Hände nicht in den
Schoß gelegt werden und dem Verhängnis sein Lauf
gelassen wird.
Die Einwohnerschaft von Hannover, nicht minder das
deutsche Volk, haben Anspruch, daß unersetzliche
Werte, an denen wir nicht reich sind, unter allen Um-
ständen erhalten werden. Freilich Beispiele, die man
an anderen Orten sieht — wir verweisen auf die höchst
bedauerliche Verständnislosigkeit des preußischen Fi-
nanzministeriums im Falle der Carlsaue*) — lassen
auch für Herrenhausen das Schlimmste nicht außer
dem Bereich des Möglichen erscheinen. Erst wo ein
Wille ist, findet sich auch ein Weg.
Zwei Maßnahmen müssen diesen Weg im Falle Herren-
hausen gangbar machen. Die eine besteht darin, daß
man sich klar macht, was unbedingt zur Erhaltung
des Bestandes erforderlich ist. Das muß an Ort und
Stelle festgestellt und dann unter zuverlässig sachver-
ständiger Oberleitung durchgeführt werden. Es dürfte
*) Seite 44 dieses Heftes.

Springbrunnen im Berggarten in Herrenhausen
Studie von Otto Valentien


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