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Die Gartenkunst — 36-37.1923/​1924

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Monumentalität, Symmetrie und regelmässige Gartengestaltung
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https://doi.org/10.11588/diglit.58970#0197

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Fig. 2: Die Mittelachse in Vaux le Vicomte, Bei 1 und 2 Verschiebung der Achse nach links. Bei 3 bemerkenswerte Orientierung
einer Seitenachse zur Mittelachse

Monumentalität, Symmetrie und regelmässige Gartengestaltung


Fig. 1: Nähere Umgebung des Schlosses zu Versailles
nach einem Plan von Demortain (iyi4)

Als die ausschließliche Begeisterung für den aus Eng-
land überkommenen Gartenstil des 18. und 19. Jahr-
hunderts sich verflüchtigte, — eine Folge der spiele-
risch-unschöpferischen Entwicklung, die er auf dem
Festland erfahren hatte, — als man der gewundenen
Wege und scheinbar natürlich-ungezwungenen Pflan-
zungen überdrüssig geworden war, da begann man,
die Formen des französischen Parterres wieder in die
Gärten einzuführen. Ohne sich bewußt zu werden, daß
in unsern ganz anders gearteten neuzeitlichen Ver-

hältnissen die in dem auf Repräsentation einge-
stellten Hofleben eines „Sonnenkönigs“ gegebenen
Voraussetzungen dafür fehlten, fing man wieder an,
die Gartenentwürfe mit Zirkel und Lineal geometrisch
zu gliedern, und Monumentalität und Symmetrie wur-
den die Schlagworte, die das Gartenschaffen beherrsch-
ten. Diese Begriffe werden auch heute noch, trotz
Lichtwark, Schultze-Naumburg, Olbrich u. a. verwech-
selt und mißverstanden. Ihre Gleichstellung ist aber
der Entwicklung der Gartenkunst nicht dienlich.
Monumentalität ist erhabene, gebietende Größe, ist
Repräsentation. Daraus folgt, daß wir sie nur dort
anwenden dürfen, wo eine Anlage nach Lage, Zweck
usw. sie erfordert. Symmetrie ist das Produkt eines ge-
setzmäßigen Sichausbreitens nach entgegengesetzten
Richtungen. Es ist also nicht Regelmäßigkeit allein.
Man darf daher nicht symmetrischer Garten mit regel-
mäßiger oder geometrischer Garten gleichsetzen, wie
es leider zu oft geschieht, wenn von einem Garten die
Rede ist, dessen Beete, Wege usw. geradlinige, kreis-
oder halbkreisförmige Gestalt aufweisen.
Die Gärten der französischen Glanzzeit waren auf Mo-
numentalität eingestellt. Lenotre hat es verstanden,
den Mittelpunkt des Schloßgartens, das Schloß, durch
die Gartenanlagen zu heben und so durch Schloß und
Garten einen Monumentaleindruck zu erzielen. Auch
schon vor Lenotre hatten die Baumeister der italieni-
schen Renaissance ihren Villenbauten Gärten vorge-
lagert, die mit der Villa zusammen ein monumentales
Ganzes bildeten. Es leuchtet ein, daß durch Symme-
trie die Forderungen nach Repräsentation am ehesten
erfüllt wurden. So sehen wir sowohl bei den Gärten
der italienischen Renaissance wie bei den Schöpfun-
gen Lenotre’s symmetrische Anordnung von Parterres,
Bosketts, Wasserbecken, Wegen, Skulpturen usw.

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