mit gutem Recht kann. Es mag drüben im gelobten
und gelästerten Lande Selfmademen geben, die größere
materielle Reichtümer in gleicher Lebensspanne einheimsen
konnten, es werden sich aber sicherlich unter den Lebenden
nur wenige finden, deren ureigenstes geistiges Eigentum
heute das offenliegende, zugriffsbereite Volksgut der
Masien geworden ist! Janlen ist eine der idealsten Ver-
körperungen des schöpferischen Menschen. In seiner Jugend
gab es in unserem Lande für Städtebau weder Amt, noch
Geld, noch Würden. Stärkste Gegnerschaften und An-
feindungen sließen in Frontangriffen und feigen Über-
fällen gegen ihn vor. Jansen blieb jedoch seinem Ideal
von einer menschenwürdigeren Zukunft der Städte und
der Wohnungen der Menschen treu. Er ist kein Phan-
tast im kleinbürgerlichen Sinne, sorgfältig mißt er mit
dem Zollstock und der Uhr. Er ist das ewig fragende
und alles schars beobachtende Kind geblieben, mit frischen
Sinnen und urwüchsiger Tatkrast. Seine Meisterschaft ist
die des gesunden Menschenverstandes. Ihm ist der ge-
sunde Städtebau genau so wichtig, wie die einwandfreie
Beschaffenheit des Trinkwassers und mit vollem Recht
wichtiger als die Versorgung mit elektrischem Licht. Die
Spannweite innerhalb seiner Schädelwände ist ungeheuer.
Begeistert und begeisternd, greift er Neues auf, und im
Schmelztiegel einer oft beißenden Kritik scheidet er un-
bekümmert um Tagesmeinungen die Schlacke vom Edel-
metall. Er ist kein Volksredner, der der Zungenfertig-
keit sein Ansehen verdankt, auch kein großer Schriftsteller,
der als Gehirnakrobat brilliert, wohl aber ist er ein
Mensch, der im Gespräch und im Unterricht immer
wieder durch Gedankenfülle, Geist, Witz, geschichtliche
Kenntnis und scharf geschliffene Ironie zu überreichen
und zu begeistern verlieht. Er ist ein Meister des Dialogs,
der sich bisweilen auch dumm stellen kann, um aus dem
Gegner die heftigsten Funken schlagen zu lassen. Der mit
Aufträgen und Arbeit beladene Mann ist ein Lehrer der
Jugend, die er im sittlichen Ernst unterrichtet und zu
starken Trägern seiner Ideen zu erziehen verlieht. Er ist
hilfsbereit allen denen, deren Wert er erkannte, und von
seltener Unbestechlichkeit ist sein Charakter. Nervös
feinfühlig und hellhörig trotz aller Beharrlichkeit.
Sein Lebenslauf ist klar und eindeutig. Nach dem Stu-
dium in Aachen unter Professor Henrici ging er im
August 1897 nach Berlin, um praktisch unter Ludwig
Hoffmann zu arbeiten. Schon 1899 machte er sich mit
William Müller selbständig. Der begabte Müller starb
früh, und es zeugt für die Echtheit des Jansenschen Cha-
rakters, daß noch heute an seiner Haustür das gemein-
same Firmenschild hängt. Schier unübersehbar ist die
Lebensarbeit des großen Städtebauers. Er stellte Gesamt-
oder Teilbebauungspläne in ungewöhnlicher großer An-
zahl und von ideenreicher Vielseitigkeit je nach den ge-
gebenen Verhältnissen auf. Sie aufzuführen würde zu
weit führen.
Zahlreich sind seine Wettbewerbserfolge, von denen ich
auf den Gesamtbebauungsplan Groß-Berlin noch kurz
eingehen werde. Bekannt ist ferner seine Tätigkeit als
Preisrichter für städtebauliche Aufgaben im In- und Aus-
land. Rechnet man außerdem noch die geistige Arbeit
für zahlreiche Vorträge und Gutachten, so slehen wir
vor einer Leistung, die größte Bewunderung erzwingt.
Wer einmal Proben Jansenscher Detailkunst in Muße stu-
dierte, wird sofort klar erkennen, daß nirgends ein
Schema diese Riesenarbeit erleichterte. Schrittweise Jahr
für Jahr, wurden die Gedanken erkämpft und durchge-
führt, und frischer denn je ist der Meister am Werke.
Ein einziger Leitgedanke blieb von Anfang an und bil-
det eine absolute Konstante in fall allen Planungen: „der
Riesenrasen”, ein Wort Jansenscher Prägung, das uns
Gartengestaltern besonders zu denken geben sollte.
Die Grünfläche ist bei Jansen nicht etwa nur der künst-
liche Park, sondern mit mindestens gleicher Berechtigung
die Landschaft, der Wald, die Wiese, die landwirtschaft-
liche Fläche, der See, der Strom und der Flußlauf. Seine
Freiflächenbegierde ist sehler unersättlich und wird nur
weise gebremst durch die vollste Ausnutzung der wirt-
schaftlichen Möglichkeiten. Er ist ein Feind jeder Phrase
und in allen Jansenschen Plänen bilden die „Grenzen der
Möglichkeit” die realen Unterlagen. Es ist durchaus kein
Zufall, daß sein Groß-Berliner Wettbewerbsentwurf 1910
unter dem Motto „In den Grenzen der Möglichkeit” ein-
gesandt wurde.
Jansen ist im unbewußten Gegensatz zu den Tabellen-
mathematikern des Städtebaus Wirtschaftler aus Instinkt.
Wäre man frühzeitiger und ungehemmter auf seine Ideen
eingegangen, so hätten wir in den deutsehen Städten nicht
nur unendlich viel bessere Wohnungen, Verkehrswege,
große Freiflächen und vor der Bebauung geschützte Land-
schaften, sondern wir hätten auch Milliarden gespart an
Pflasterkosten und die Städte hätten dazu Milliarden ver-
dient durch eine bessere Erschließung und eine höhere
Bewertung der städtischen Grundstücke. Seine Gegner
sind nicht etwa die alten Grundbesitzer oder die ehr-
lichen Makler, sondern die Parasiten der Stadtentwick-
lung, die Grundstücksschlächter, die ohne Ehrfurcht den
Wald und das Seeufer parzellieren, die moralisch Anfecht-
baren, die geldjagend denken und rascher handeln als die
Stadtplanämter und unter Ausnutzung der Lage vorzei-
tig den Freiflächenzug verbauen und verkaufen.
Jansen ist der geistige Urheber des Städtebaugesetzes, das
immer noch nicht seine Erledigung fand, die aber bald
kommen muß, um endlich die Gefahr dieser rötlichen
Dolchstöße in das Mark einer Stadtgemeinschaft zu bannen.
Ich möchte in diesem Zusammenhang ein Wort Jansens
erwähnen, das klar und eindeutig die Situation schildert.
„Der Staat denkt nicht daran, die Gewinne der Börsen-
spekulation zu garantieren. Ebensowenig kann er daran
denken, die Gewinne der Bodenspekulanten zu garan-
tieren.” Das ist haarscharf die Situation; denn das haupt-
sächlichste Argument der Bodenspekulation ist der Hin-
weis, daß der moderne Städtebauer die Grundstücke ent-
eignen will. Daran denkt kein unparteilicher Städtebauer,
aber Pflicht eines jeden Städtebauers ist es, diesen „Wege-
lagerern“ im buchstäblichen Sinne endlich das Handwerk
zu legen, denn s i e haben die geringste Ehrfurcht vor
dem Boden und vor einer bodenständigen Bevölkerung.
Es war ein dornenvoller Weg, geistige Führer aller Par-
teien von dieser Sachlage zu überzeugen, und nur ein
gigantischer Charakter von absoluter Unbestechlichkeit
konnte bis nahe zum Ziel vordringen.
Jansen ist ein Relativitätsgenie, das jede Aufgabe von
Fall zu Fall als eine neue Aufgabe betrachtet und bis in
das Kleinste detailliert, so daß es für ihn eine kleine
Aufgabe noch nie gegeben hat. Sein geistiges Rüstzeug
und seine ungeheure Erfahrung sind stets untergeordnet
einer täglich neuen Gestaltungskraft. Geistig subalterne
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und gelästerten Lande Selfmademen geben, die größere
materielle Reichtümer in gleicher Lebensspanne einheimsen
konnten, es werden sich aber sicherlich unter den Lebenden
nur wenige finden, deren ureigenstes geistiges Eigentum
heute das offenliegende, zugriffsbereite Volksgut der
Masien geworden ist! Janlen ist eine der idealsten Ver-
körperungen des schöpferischen Menschen. In seiner Jugend
gab es in unserem Lande für Städtebau weder Amt, noch
Geld, noch Würden. Stärkste Gegnerschaften und An-
feindungen sließen in Frontangriffen und feigen Über-
fällen gegen ihn vor. Jansen blieb jedoch seinem Ideal
von einer menschenwürdigeren Zukunft der Städte und
der Wohnungen der Menschen treu. Er ist kein Phan-
tast im kleinbürgerlichen Sinne, sorgfältig mißt er mit
dem Zollstock und der Uhr. Er ist das ewig fragende
und alles schars beobachtende Kind geblieben, mit frischen
Sinnen und urwüchsiger Tatkrast. Seine Meisterschaft ist
die des gesunden Menschenverstandes. Ihm ist der ge-
sunde Städtebau genau so wichtig, wie die einwandfreie
Beschaffenheit des Trinkwassers und mit vollem Recht
wichtiger als die Versorgung mit elektrischem Licht. Die
Spannweite innerhalb seiner Schädelwände ist ungeheuer.
Begeistert und begeisternd, greift er Neues auf, und im
Schmelztiegel einer oft beißenden Kritik scheidet er un-
bekümmert um Tagesmeinungen die Schlacke vom Edel-
metall. Er ist kein Volksredner, der der Zungenfertig-
keit sein Ansehen verdankt, auch kein großer Schriftsteller,
der als Gehirnakrobat brilliert, wohl aber ist er ein
Mensch, der im Gespräch und im Unterricht immer
wieder durch Gedankenfülle, Geist, Witz, geschichtliche
Kenntnis und scharf geschliffene Ironie zu überreichen
und zu begeistern verlieht. Er ist ein Meister des Dialogs,
der sich bisweilen auch dumm stellen kann, um aus dem
Gegner die heftigsten Funken schlagen zu lassen. Der mit
Aufträgen und Arbeit beladene Mann ist ein Lehrer der
Jugend, die er im sittlichen Ernst unterrichtet und zu
starken Trägern seiner Ideen zu erziehen verlieht. Er ist
hilfsbereit allen denen, deren Wert er erkannte, und von
seltener Unbestechlichkeit ist sein Charakter. Nervös
feinfühlig und hellhörig trotz aller Beharrlichkeit.
Sein Lebenslauf ist klar und eindeutig. Nach dem Stu-
dium in Aachen unter Professor Henrici ging er im
August 1897 nach Berlin, um praktisch unter Ludwig
Hoffmann zu arbeiten. Schon 1899 machte er sich mit
William Müller selbständig. Der begabte Müller starb
früh, und es zeugt für die Echtheit des Jansenschen Cha-
rakters, daß noch heute an seiner Haustür das gemein-
same Firmenschild hängt. Schier unübersehbar ist die
Lebensarbeit des großen Städtebauers. Er stellte Gesamt-
oder Teilbebauungspläne in ungewöhnlicher großer An-
zahl und von ideenreicher Vielseitigkeit je nach den ge-
gebenen Verhältnissen auf. Sie aufzuführen würde zu
weit führen.
Zahlreich sind seine Wettbewerbserfolge, von denen ich
auf den Gesamtbebauungsplan Groß-Berlin noch kurz
eingehen werde. Bekannt ist ferner seine Tätigkeit als
Preisrichter für städtebauliche Aufgaben im In- und Aus-
land. Rechnet man außerdem noch die geistige Arbeit
für zahlreiche Vorträge und Gutachten, so slehen wir
vor einer Leistung, die größte Bewunderung erzwingt.
Wer einmal Proben Jansenscher Detailkunst in Muße stu-
dierte, wird sofort klar erkennen, daß nirgends ein
Schema diese Riesenarbeit erleichterte. Schrittweise Jahr
für Jahr, wurden die Gedanken erkämpft und durchge-
führt, und frischer denn je ist der Meister am Werke.
Ein einziger Leitgedanke blieb von Anfang an und bil-
det eine absolute Konstante in fall allen Planungen: „der
Riesenrasen”, ein Wort Jansenscher Prägung, das uns
Gartengestaltern besonders zu denken geben sollte.
Die Grünfläche ist bei Jansen nicht etwa nur der künst-
liche Park, sondern mit mindestens gleicher Berechtigung
die Landschaft, der Wald, die Wiese, die landwirtschaft-
liche Fläche, der See, der Strom und der Flußlauf. Seine
Freiflächenbegierde ist sehler unersättlich und wird nur
weise gebremst durch die vollste Ausnutzung der wirt-
schaftlichen Möglichkeiten. Er ist ein Feind jeder Phrase
und in allen Jansenschen Plänen bilden die „Grenzen der
Möglichkeit” die realen Unterlagen. Es ist durchaus kein
Zufall, daß sein Groß-Berliner Wettbewerbsentwurf 1910
unter dem Motto „In den Grenzen der Möglichkeit” ein-
gesandt wurde.
Jansen ist im unbewußten Gegensatz zu den Tabellen-
mathematikern des Städtebaus Wirtschaftler aus Instinkt.
Wäre man frühzeitiger und ungehemmter auf seine Ideen
eingegangen, so hätten wir in den deutsehen Städten nicht
nur unendlich viel bessere Wohnungen, Verkehrswege,
große Freiflächen und vor der Bebauung geschützte Land-
schaften, sondern wir hätten auch Milliarden gespart an
Pflasterkosten und die Städte hätten dazu Milliarden ver-
dient durch eine bessere Erschließung und eine höhere
Bewertung der städtischen Grundstücke. Seine Gegner
sind nicht etwa die alten Grundbesitzer oder die ehr-
lichen Makler, sondern die Parasiten der Stadtentwick-
lung, die Grundstücksschlächter, die ohne Ehrfurcht den
Wald und das Seeufer parzellieren, die moralisch Anfecht-
baren, die geldjagend denken und rascher handeln als die
Stadtplanämter und unter Ausnutzung der Lage vorzei-
tig den Freiflächenzug verbauen und verkaufen.
Jansen ist der geistige Urheber des Städtebaugesetzes, das
immer noch nicht seine Erledigung fand, die aber bald
kommen muß, um endlich die Gefahr dieser rötlichen
Dolchstöße in das Mark einer Stadtgemeinschaft zu bannen.
Ich möchte in diesem Zusammenhang ein Wort Jansens
erwähnen, das klar und eindeutig die Situation schildert.
„Der Staat denkt nicht daran, die Gewinne der Börsen-
spekulation zu garantieren. Ebensowenig kann er daran
denken, die Gewinne der Bodenspekulanten zu garan-
tieren.” Das ist haarscharf die Situation; denn das haupt-
sächlichste Argument der Bodenspekulation ist der Hin-
weis, daß der moderne Städtebauer die Grundstücke ent-
eignen will. Daran denkt kein unparteilicher Städtebauer,
aber Pflicht eines jeden Städtebauers ist es, diesen „Wege-
lagerern“ im buchstäblichen Sinne endlich das Handwerk
zu legen, denn s i e haben die geringste Ehrfurcht vor
dem Boden und vor einer bodenständigen Bevölkerung.
Es war ein dornenvoller Weg, geistige Führer aller Par-
teien von dieser Sachlage zu überzeugen, und nur ein
gigantischer Charakter von absoluter Unbestechlichkeit
konnte bis nahe zum Ziel vordringen.
Jansen ist ein Relativitätsgenie, das jede Aufgabe von
Fall zu Fall als eine neue Aufgabe betrachtet und bis in
das Kleinste detailliert, so daß es für ihn eine kleine
Aufgabe noch nie gegeben hat. Sein geistiges Rüstzeug
und seine ungeheure Erfahrung sind stets untergeordnet
einer täglich neuen Gestaltungskraft. Geistig subalterne
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