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Die Gartenkunst — 42.1929

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Nr. 6
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Rosenbaum, Carl Georg: Zum preußischen Städtebaugesetz
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Wiepking, Heinrich: Hermann Jansen: Zum sechzigsten Geburtstage
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https://doi.org/10.11588/diglit.59006#0098

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teressenseite kommenden Drängen nach vorzeitigen Ent-
schließungen und Maßnahmen Vorschub zu leisten”.
Die Begründung des staatlichen Entwurfes hält dagegen
die Bestimmungen über Flächenaufteilungspläne für die
wichtigsten des Gesetzentwurfes.
Dieser Auffassung muß man sich anschließen. Gerade
dadurch haben die deutschen Großstädte ihre heutige un-
gesunde Gestalt angenommen, daß man lediglich Flucht-
linienpläne und Baupläne kannte. Grünanlagen wurden
zumeist dort im Bebauungsplan vorgesehen, wo die Flucht-
linien eine zum Bauen ungünstig geschnittene Ecke übrig-
ließen. Zugegeben, daß heute moderne Städtebauer das
Falsche der früheren Ausfassung erkannt haben, so be-
steht noch keinerlei Gewähr, daß überall eine Auflocke-
rung der Großstädte auf dem Weg über den Flucht-
linienplan verbürgt ist. Hinzu kommt eine in den
letzten Jahren sich mehr und mehr bemerkbar machende
Tendenz, die Bebauungspläne beweglich zu gestalten, die
endgültige Festlegung so lange wie möglich hinauszu-
schieben, was richtig ist für Fluchtlinie und Bauordnung,
aber falsch für eine weitausschauende Grünssächenpolitik.
Will man mit der Festlegung der Grünssächen so lange
warten, bis den Fluchtlinienplänen Gesetzeskraft beige-
legt wird, so werden die für Grünanlagen vorgesehenen
Grundstücke als „werdendes Bauland” bereits einen Wert
angenommen haben, der die finanzielle Durchführung
der Planungen zumindest außerordentlich erschwert. Ge-
rade darin liegt die große Bedeutung der neuen Rechts-
form des Flächenaufteilungsplanes, daß die Stadt die für
unrentable Zwecke vorgesehenen Flächen so frühzeitig
festlegen kann, daß eine Erwerbung zum landwirtschaft-
lichen Nutzungswert erfolgen kann. Alle Schwierigkeiten,
in ausreichendem Maße Spiel- und Sportplätze, Dauer-
kleingärten und Gartenanlagen zu schaffen, liegen ja ge-
rade in der bisher viel zu spät erfolgenden bebauungs-
planmäßigen Festlegung.
Der spekulative Ring um die Großstadt, der das größte
Hemmnis für das gesunde Wachsen des Stadtkörpers
bildet, kann nur gesprengt werden, wenn der Städtebauer
grundlegend unterscheidet zwischen großräumiger Flächen-
bestimmung und detaillierter Straßen- und Bauaufteilung.
Es braucht nur erinnert zu werden an die außerordent-
lichen Kosten, die den Städten heute bei der unabweisbar
gewordenen Auslegung von Dauerkleingärten erwachsen,
und die Schwierigkeiten, die sich allerorten dem guten
Willen zu ihrer Verwirklichung entgegenstellen, um den
ungeheuren Fortsehritt zu erkennen, der in dem neuen
Rechtsmittel des festgesetzten Flächenaufteilungsplanes liegt.

Die Bedürfnisse des Verkehrs, die besonderen Einrich-
tungen wie Flughäfen, Friedhöfe und die Grüngürtel
und Grünzüge sind auf Jahrzehnte hinaus ausreichend zu
berechnen. Je früher ihre Festlegung in großen allge-
meinen Zügen ersolgt, um so weniger werden sie die
Allgemeinheit belasten.
Es scheint mir aber auch ein gerechtfertigter Anspruch
des privaten Grundeigentümers zu sein, so früh wie
möglich zu erfahren, ob sein Grundstück von der Be-
bauung ausgeschlossen wird, damit er nicht trügerischen
Hoffnungen ausgesetzt bleibt.
Wenn seitens des Preußischen Städtetages befürchtet wird,
daß die Selbstverwaltung der Städte durch Planungen,
die über das Stadtgebiet hinausgehen und an denen natur-
gemäß mehrere Verwaltungskörper beteiligt sind, leiden
könnte, so wird doch bei eng ressortmäßigem Denken
ganz vergeßen, daß alle die üblen Eingemeindungserschei-
nungen fortfallen oder sich zum wenigsten stark ver-
mindern, wenn die Gemeindegrenzen aufhören, für die
städtebauliche Planung zu belieben. Die technische Ent-
wicklung der Verkehrsmittel, der Autobusse und Kraft-
wagen verkleinern die Entfernungen, vergrößern die
Fläche, die einem Arbeitszentrum als Wohngebiet zur
Verfügung lieht. Die Landesplanung wird in Zukunft die
Arbeit des Städebauers sein. Da aber der Sachverstand in
Fragen der Stadtwerdung immer bei der Großstadt, dem
Mittelpunkt des Planungsgebietes, liegen wird, wird die Lan-
desplanung die Selbstverwaltung des Zentrums keineswegs
verkleinern, viel eher wird die von der Landesplanung er-
griffene Gemeinde oder der Landkreis in seinen Entschlüssen
beeinträchtigt werden. Und das von Rechts wegen.
Wenn auch nicht anzunehmen ist, daß die Regierung dem
Wunsch des Preußischen Städtetages folgen wird, nämlich
das, was sie selbst als das Wichtigste an dem Gesetze be-
zeichnet hat, fallen zu lallen, so ist doch das nach Sach-
lage völlig aussichtslose Vorgehen des Preußischen Städte-
tages deshalb zu bedauern, weil damit eine weitere Er-
schwerung der Beratungen eingetreten ist. Auch Gesetze
können geändert werden. Sollte das eine oder das andere
in der praktischen Anwendung sich als unzulänglich er-
weisen, so kann eine Abänderung jederzeit und ohne
große Schwierigkeit erfolgen. Das Wichtigste aber dürfte
doch wohl zunächst sein, daß die längst fällige Zusammen-
fassung und Modernisierung der heute geltenden Gesetze
bald erfolgt, daß das Pferd erst einmal aus dem Stall
gezogen wird. Man setze unsere modernen Städtebauer
in den Sattel, reiten werden sie schon können.
Carl Rosenbaum

Hermann Jansen
zum sechzigsten Geburtstage

Hermann Jansen „Gründer und Führer der modernen
Städtebaukunst”*) hat am 28. Mai 1929 seinen sechzigsten
Geburtstag gefeiert. Wir Gartengestalter haben allen
Anlaß, des Mannes und seiner Arbeit zu gedenken, die
unserm heutigen und zukünftigen Schaffen die großen
Richtlinien gegeben hat.
Jansen ist Niederfranke, stolzer und aufrechter Raße,
*) Aus der Urkunde zur Verleihung der Würde des Dr. Ing. e. h. der
Architektenabteilung der Stuttgarter Technischen Hochschule an H. Jansen.

Aachener von Geburt und Weltbürger weitesten Ge-
sichtskreises. Von Haus aus Hochbauer, erkannte er in
jungen Jahren die Nöte der Großstadt. Rücksichtslos
gegen sich selbst und gegen die damals alles beherrschende
Bodenspekulation, ging er den Dingen auf den Grund,
und in aufrührerisch-mühseliger Arbeit schuf er den Be-
griff des modernen Städtebaues.
Selten habe ich mit Menschen zu tun gehabt, die auf
einen Lebenserfolg zurückblicken können, wie es H. Jansen

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