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Die Gartenkunst — 42.1929

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Nr. 12
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Wolf, Ulrich: Gartenbau-Ausstellungen
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Schuster, Franz: Betrachtungen eines Architekten zu den Ausstellungen in Dresden, Liegnitz und Essen
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https://doi.org/10.11588/diglit.59006#0208

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stark beeinssußt zu haben scheint, keine Beziehungen mehr;
uns fleht die Zukunft als eine ernste, schwere und arme
Zeit bevor. Der Garten ist uns weniger und mehr als
nur prangender Schmuck, er ist uns die Ergänzung und
Bereicherung eines Lebens, das dem zähen Wiederaufbau

einer zertrümmerten Wirtschaft zu dienen hat. Unser Garten
ist der einfache, schlichte, der natürliche Garten, in dem
die Hand des Gestalters nur als ordnende, aber nicht als
eigenmächtige zu spüren ist.
Und so wollen wir auch Ausstellungsgärten sehen!

Betrachtungen eines Architekten zu den Ausheilungen
in Dresden, Liegnitz und Essen
Von Professor Franz Schust er, Frankfurt am Main

Drei große Aussüllungen haben in den letzten Jahren
die Fragen der Gartengestaltung der breiten Öffentlich-
keit nahe gebracht: die Jubiläumsausstellung in Dresden,
die deutsche Gartenbauausstellung in Liegnitz und die
große Ruhrländische Gartenbauausstellung in Eilen. Diese
drei Ausstellungen haben sseh betont darum bemüht, das
Interesse der Allgemeinheit für die Leistungen der Garten-
gestalter, in erster Linie der Gartenarchitekten, wieder
zu wecken, Es liegt nahe, diese Ausstellungen in Dresden,
Liegnitz und Essen mit drei anderen Ausstellungen zu
vergleichen, in denen die Bauarchitekten die neuen Pro-
bleme des Bauens ösfentlich zur Diskussion stellten, be-
müht, die aus den veränderten Ansprüchen und Gesichts-
punkten unserer Zeit sseh ergebenden neuen Bauaufgaben
versuchsweise einer Lösung zuzuführen und die mannig-
faltigen Ideen einer neuen Baugesinnung im Rahmen groß-
zügiger Versuchsbauten zu erproben. Es sind dies die
Weißenhofsiedlung in Stuttgart, die Breslauer Werkbund-
ausstellung und die Siedlung „Dammer-Stock“ in Karls-
ruhe. Beide Ausstellungsgruppen standen im Mittelpunkt
des Interesses der Fachwelt und der Laien und haben den
"Weg und die Entwicklung der zugehörigen Arbeitsgebiete
wesentlich beeinssußt.
Abgesehen davon, daß es an sseh sehr aufschlußreich sein
kann, zwei so eng verbundene Gebiete, wie die Aufgaben-
kreise von Haus- und Gartengestaltung an Hand ösfent-
lich zur Diskusfion gestellter Dokumente zu untersuchen,
ist ein solcher Vergleich von Arbeiten bester oder wenig-
stens im Mittelpunkt einer Entwicklung slehender Ge-
stalter schon deshalb wertvoll, weil er dazu beitragen
kann, die immer wieder beklagten Mißverständnisse zwi-
schen den Hausbau- und Gartenarchitekten in ihren
Wurzeln aufzudecken und vielleicht zu beidseitigem Nutzen
ihren Abbau anzubahnen. Ein solcher Vergleich wird aber
auch schlaglichtartig den augenblicklichen Stand der Pro-
bleme aufdecken, die im Vordergrund der Aufgabe der
Bau- und Gartengestaltung slehen und vielleicht grund-
legend andere Einstellungen erkennen lassen und dadurch
Anlaß in gegenseitiger Anregung und Befruchtung geben.
Gleich vorwegnehmend möchte ich feststellen, daß die Aus-
stellungen in Dresden und Stuttgart, die eigentlich die
entseheidenden sind, daß diese umfaßend alle zugehörigen
Fragen aufrollten und für die nachfolgenden richtung-
gebend waren. Nach der langen Pause der Kriegs- und
Nachkriegszeit gaben sie der Fachwelt in ganz großem
Stil Gelegenheit alle die Gedanken und Pläne, die in
eifrigem Für und Wider vorbereitet waren, in die Tat
umzusetzen und der Erfolg war ein großes und tief-
greifendes Interesse der Allgemeinheit, das in rascher Folge
die anderen Ausstellungen zeitigte. Die beiden nächsten

in Liegnitz und Breslau sind nur Wiederholungen der
ersten Versuche, bezeichnenderweise beide im Osfen; sie
geben in gewiss em Sinn nichts Neues und dienen betont
dazu in einem wirtschaftlich und politisch besonders be-
drängtem Gebiet kulturellen Aufgaben einen neuen Im-
puls zu geben. Die zwei letzten Ausstellungen in Essen
und Karlsruhe wenden sich in der Öffentlichkeit gleich-
sam an noch enger umgrenzte Landesteile und stellen sich
die Aufgabe, das einmal neu geweckte Interesse in immer
engeren Schichten zu verwurzeln. Von den Nebengedanken
der Verkehrs Werbung, der übrigens allen diesen Dingen
anhaftet, soll in diesem Zusammenhang nicht gesprochen
werden. Dies alles heißt aber nicht, daß die letzteren Au-
steilungen für die Fachwelt weniger interessant gewesen
wären, im Gegenteil, sie zeigen in ihrer Wiederholung
ganz deutlich die Probleme und den Weg.
Wenn man nun die Gartenausstellung in Dresden und
die Bauausstellung in Stuttgart in ihren stärksten An-
strengungen vergleicht, so muß ganz unvoreingenommen
festgestellt werden, daß die Problemstellung in Stutt-
gart unverhältnismäßig bedeutender und tiefer und das
Erlebnis und die Wirkung auf die Fachwelt und die All-
gemeinheit viel aufregender und nachhaltiger war. Es
liegt dies zum großen Teil natürlich in der viel lebens-
wichtigeren Aufgabe; denn die Wohnung und ihre Ge-
staltung geht jeden einzelnen viel mehr an als der Garten.
Aber das rein Problematische, das Gestaltungsmäßige,
mit dem man sich doch nur an gewisse Kreise wendet,
die übrigens auf beiden Seiten fall dieselben sind, müßte
doch gleich interessieren. Dieser große innere Abstand, den
beide Ausstellungen zueinander haben, muß also wo anders
seinen Grund haben und der ist wohl der, daß in Stutt-
gart Dinge zur Sprache kamen, die selbst in weitesten
Berufskreisen neu waren, und daß die Ausstellung sich
betont auf die. Seite der Neuerer und Streber stellte, um
nach der Zeit langer Ruhe der rein gestaltungsmäßigen
Entwicklung neuen Anstoß zu geben. Andrerseits aber
war alles, das nicht im Rahmen der allgemeinen Tages-
ausgaben lag, unberücksichtigt geblieben. Die Ausstellung
in Stuttgart hatte wenigstens in ihrem Programm und
mit geringen Ausnahmen auch in der Tat die Gestaltung
des kleinen Hauses und der kleinsten Wohnung sich zur
Aufgabe gestellt. Die Beschränkung übernahm auch Bres-
lau und ganz eindeutig in sachlich praktischer Form
auch Karlsruhe. Diese klare Problemstellung mußte zu
Vergleich der einzelnen Lösungen führen, ja forderte
solche geradezu heraus, und solche Vergleiche waren wieder
die Ausgangspunkte ernster Auseinandersetzungen über
Weg und Ziel, die den Ausstellungen die tiefe und heraus-
fordernde Wirkung gaben auf den Beruf und die Klärung

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