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Die Gartenkunst — 42.1929

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Nr. 9
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Meridies, Wilhelm: Das Ehrenmal der Stadt Frankfurt a. M. für die Gefallenen
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Das Ehrenmal der Stadt Frankfurt a. M. für die Gefallenen
Von Dr. Wilhelm Meridies

Noch ist die allgemeine Mechanisierung der Zeit, die
Großstadt-Zivilisation und ihr fall nur noch dem Erwerbs-
sinn dienstbares Lebenstempo nicht soweit fortgeschritten,
als daß sielt der Gedanke der Totenehrung überlebt hätte.
Die Todesernte des Krieges hat hier so vernehmlich zur
Besinnung gerufen, daß wir heute eher von einer ethischen
Vertiefung dieses Gedankens sprechen können. Es wäre
durchaus abwegig, wollte man in der bei allen am Kriege
beteiligten Nationen gleicherweise zu beobachtenden zahl-
reichen Errichtung von Kriegerdenkmälern, Ehrenhallen,
Gedächtnishainen und anderen sichtbaren Symbolen
für die Opfer des Krieges in erster Linie eine Bekun-
dung nationaler Trauer und Heldenehrung sehen. Wenn
dieses nationale Moment wie zu allen Zeiten bei staat-
lich geeinten Völkern auch in unseren Tagen stark mit-
gesprochen hat, so liegt die Wurzel dieses Volkswillens,
seine Gefallenen einschließlich aller von der Kriegsfurie
in den Lazaretten durch Krankheit oder Verwundung


Ehrenmal auf dem Hauptfriedhofe zu Frankfurt a. M. (Schnitt und
Grundriß 1:300) Architekt Hermann Senf, BDA., Frankfurt a. M.

Hingerafften über die Zeit hinaus auch späteren Ge-
schlechtern gegenüber besonders zu ehren, tiefer im all-
gemein Menschlichen und Seelischen, in dem elementaren
Erlebnis des großen Todeszuges für jeden einzelnen
Lebenden und zugleich Überlebenden begründet. Das
Todeserlebnis als solches ist über den persönlichen Schmerz
im einzelnen, im Familiären, erhöht, wieder als Schicksal
der Menscbheit durch das große Sterben offenbar ge-
worden, und die Verbundenheit aller, auch der noch so
fremd nebeneinander Lebenden in diesem Einen und
Letzten des Daseins ist es, die in allen am Kriege be-
teiligten Völkern um Ausdruck ringt und sich naturgemäß
im besiegten Volk am fernsten von nationalistischer Aus-
schmückung hält.
Unter diesem Gesichtspunkt einer die Gewalt und Größe
der vierjährigen Todessymphonie zu einem zeitiiber-
dauernden Symbol gestaltenden Totenehrung, begnügte
man sich in Frankfurt nicht mit einem die Einzeltrauer
um die Kriegsopfer symbolisch gestaltenden Einzelstand-
bild, das seinen Platz in einer öffentlichen Anlage der
Stadt fand, sondern ging darüber hinaus an die Er-
richtung einer weihevollen Kriegsopferhalle auf dem
Hauptfriedhof.
Der gegebene Platz für das Monument war der Ostteil
des Friedhofs, auf dem man die Kriegsopfer der Stadt
bestattet hatte. Das Ehrenmal mußte die verschiedenen,
nach allen Seiten ausgreifenden Teile des Kriegergräber-
feldes zusammenfassen und durfte nicht etwa seinen
Mittelpunkt, sondern seinen natürlichen Abschluß bilden.
Um unter diesen Voraussetzungen eine einheitliche künst-
lerische Wirkung zu erreichen, Ehrenmal und Gräberfeld
zu einer räumlich geschlossenen Anlage zu vereinigen,
erließ die Stadt einen daraufhin abgestellten kiinstlerischen
Wettbewerb. Er brachte dem gemeinsamen Entwurf von
Bildhauer Paul Seiler und Architekt B. D. A. Hermann
Senf den ersten Preis. In enger Zusammenarbeit mit
der städtischen Baubehörde, der Friedhofsleitung und
dem Gartenbauamt in bezug auch auf die tektonische
Anlage gelangte dieser Entwurf im Laufe des Jahres 1928
zur Ausführung.
Eine der Hauptachsen, die den Friedhof in seiner ganzen
Längsrichtung teilt, die Silberpappelallee, öffnet die Sicht
auf das am Ostende errichtete Monument, das infolge
der sanften Steigung des Geländes bald den Blick des
darauf Zuschreitenden gefangen nimmt und so die Auf-
gabe erfüllt, in Zusammenwirkung mit der Kuppelhalle
des Hauptgebäudes im Wellen die große Hauptallee archi-
tektonisch nachOstenhinabzuschließen. Steht manschließlich
auf dem nach dem Schema Kopf an Kopf angelegten Gräber-
feld, das, dreiseitig von dichtem Baumbestand umrahmt,
durch die ganz gleichartigen, schlichten und niedrigen
Granitkreuze mit gleichmäßig eingemeißelten Inschriften
trotz des Wechsels von Vorder- und Rückseiten dieser
Grabsteine als eine harmonische und für unsere Soldaten-
friedhöfe nunmehr schon typisch gewordene Einheit er-
scheint, so erhebt sich das Ehrenmal als ein gedrungener,
wuchtig aus dunklem Lava-Basalt gefügter Bau von 7 m
Höhe und einer Spannweite von 14 m, als ein Turm des
Schweigens gleichsam aus dem es dreiseitig umschließen-

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