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Die Gartenkunst — 42.1929

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Nr. 5
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Boehm, Herbert: Die Grünflächen im großstädtischen Bebauungsplan
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https://doi.org/10.11588/diglit.59006#0075

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GARTEN-GESTALTUNG

Entwurf für eine 6—12
geschossige Wohnanlage.
Aus: Le Corbusier, Städte-
bau. — Die Verbindung
zwilchen Wohnung und
Garten ist aufgegeben.
Anstatt des Eigen-Gartens


nur noch parkartige Ge-
meinschaftsanlagen. De-
korativen Raumeffekten
zuliebe Vernachlässigung
des Gesichtspunktes bester
Besonnung

Die Grünflächen im großltädtilchen Bebauungsplan
Von Baurat Herbert Boehm, Leiter der Stadtplanungsabteilung b. Siedlungs-Amt Frankfurt a. M.

Am 9. Mai 1925 hatte die Hälfte der Kastanienbäume
längs der Avenue des Champs-Elysees schwarze Blätter;
die Blütenknospen konnten sich nicht entfalten; die win-
zigen verkrüppelten Blätter rollten sich in sich selbst zu-
sammen gleich eingekrümmten Fingern einer Hand.
Man nimmt an, daß die dritte Generation, die in der
Großstadt lebte, unfruchtbar sein wird. Corbusier
Wir, die wir für die Stadt von morgen arbeiten, wollen
alle dasselbe: Die Mensclien und die Bäume der Groß-
stadt von dem drohenden Schicksal der Verkümmerung
befreien. Aus der klaren Einsicht heraus, daß in einer
Zeit, wo die Hälfte unserer Gesamtbevölkerung in Groß-
ftädten leben wird (heute bereits ca. 30 %) und wo da-
zu Großstadt und Land sich durch Eisenbahn, Auto, Radio,
Prelle usw. noch soviel näher gerückt sein werden, daß
in einer solchen Zeit die ländliche und kleinstädtische
Hälfte des Volkes nicht annähernd genug überschüssige
Menschen und Kräfte aufbringen wird, um diesen men-
schenfressenden Schmelzofen Großstadt immer von neuem
aufzufüllen. Das Ziel der inneren Gesundung der Groß-
stadt ist das gleiche, aber um so mehr gehen die Mei-
nungen über die Wege zum Ziele auseinander. Ich meine
hier zunächst die wohnungs- und bodenpolitische Seite
des Problems und in erster Linie die Frage: Flachbau
(zwei- bis höchstens dreigeschosfig) oder Hochbau (mehr
als dreigeschossig). Auch in einer Abhandlung über die
Grünflächen der Großstadt steht diese Frage nicht zu-
fällig vornean, sondern ihre Entscheidung ist von grund-

sätzlicher Bedeutung auch für die Nutzung und Gestal-
tung der Freiflächen und damit für die gesamte Grün-
politik.
Zur Diskussion steht diese grundlegend wichtige Frage
in Deutschland eigentlich erst seit dem Kriegsende. Vor-
her war der Flachbau, abgesehen von wenigen durch ge-
meinnützige Baugenossenschaften und weitblickende Ar-
beitgeber geschaffenen Kolonien, im wesentlichen eine
Luxusangelegenheit der wohlhabenderen Volksschichten,
die sich am Rande der Städte ihre Villenkolonien bauten.
Nach dem Kriege und bis zum Ende der Inflation ge-
wann der Flachbau in starkem Anlauf und zum Teil ge-
tragen von den alten Vorkämpfern der Gartenstadtidee
erheblich an Boden, um dann in den letzten Jahren, im
Zusammenhang mit der notgedrungeneren Verkleinerung
der Wohngröße wieder stark zu verlieren. Aber all
diesen Entscheidungen fehlte noch mehr oder minder die
zwingende Begründung durch klare wirtschaftliche Er-
kenntnisse. Wenn wir auch heute noch lange nicht so
weit sind, daß die gesamte wirtschaftliche Auswirkung
der beiden Bauformen (reine Baukosten, Gelände-
erschließung, Verkehrsmittel) durch einwandfreie Zahlen
nachgewiesen und in Vergleich gestellt werden können,
so ist eine klare Entscheidung doch dringender als je ge-
worden, denn einmal kommen wir nun allmählich dazu,
unseren Wohnungsbau nicht mehr von Jahr zu Jahr zu
projektieren und zu finanzieren, sondern Arbeitsprogramme
für größere Zeiträume aufzustellen und durchzuführen,
und zum anderen heißt das Gegensatzpaar, wenigstens

Gartenkunst, 42. Jahrgang, Nr. j, Mai 1929.

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