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Die Gartenkunst — 42.1929

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Nr. 3
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Grimme, Karl Maria: Der Flachlandgarten - der Berggarten
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Valentien, Otto: Die Erhaltung der alten Nidda
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https://doi.org/10.11588/diglit.59006#0046

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unmittelbar vor dem Garten, so sehen wir noch immer
nicht viel von ihm. Er liegt noch höher. Ja, wir müssen noch
eine Reihe von Stufen hinaufsteigen, ehe wir überhaupt
die Eingangspforte erreichen. War für dieses Wegrücken
des Gartentores von der Straße auch ein rein praktischer
Grund ausschlaggebend — von der Küche iollte man
den an der Gartenpforte Einlaßbegehrenden unmittelbar
sehen können — so erstrebt damit Esch doch zugleich
eine künstlerische Wirkung. Ehe uns der Garten als Er-
lebnis umfängt, wird die steile Straße herauf nochmals
übersteilt. Wir sollen noch eindringlicher das Gefühl
haben, daß wir zur Höhe streben.
Und nun der Garten selbst. Trotzdem er nur etwa um
ein Viertel des Flächenmaßes kleiner ist, finden wir den-
noch nicht jene Weite, jene Ruhe, wie in der vorigen
Anlage. Ja, wir sehen auch hier eine Rasenfläche, aber
sie ist viel kleiner gehalten. Man hätte sie ohne viel Mehr-
kosten wagrecht legen können, aber Esch hat sie geneigt
angeordnet. Und auch der Plattenweg läuft nicht wag-
recht entlang des Hauses, sondern er führt aufwärts.
Der Eindruck des Bergigen kommt also schon in diesen
Steigungen zur Geltung. Ist die Rasenfläche von geringer
Größe, so gibt es neben den Plattenwegen auf dieser
verhältnismäßig kleinen Fläche noch Mauern mit über-
hängenden Stauden, eine Laube, ein Planschbecken für
Kinder und ein anschließendes Sonnenbad, das eine Art
Kanzel bildet. Und Sonnenbad und Planschbecken sind
wieder von niederen, zu Brüstungen ausgebauten Beton-
wänden umgeben, die eine ganz eigenartige Form bilden.
Hat nun auch diese Stufenanlage mit dem anschließenden
vorgebauten Sonnenbad den Zweck, Rahmen und Ge-
häuse einer Garage zu sein, die von der Straße unmittel-
bar erreicht wird, so zeigt dies aber gerade, daß Esch
hier nicht einem leeren Formalismus huldigt, sondern sehr
klug durchdachte Zweckformen anwendet. Diesen For-
men wohnt gleichzeitig, und das ist das wesentliche, ein
geistiger Ausdruck inne, der Teil wird des geistigen Aus-
drucks dieses Gartens. Denn eben dieses Bewegte — das

Esch mit so straffer Hand meistert, daß es nirgends
zur Unruhe wird — zeigt den Berggarten, gestaltet den
Begriff des Bergigen. Die Naturform wird gesteigert in
ihrer Wirkung, verdichtet, geistig schlagkräftiger, viel-
sagender. Haben wir nicht das Gefühl, innerhalb dieses
Gartens so recht ein Stück Berglandschaft vor uns zu
sehen? Gleicht dieser Garten nicht einem einzigen pla-
stischen Gebilde, das seine Bekrönung in dem Haus und
ein ganz kleines Gegengewicht in der Laube findet. Man
fühlt förmlich die bildende Hand des Gestalters, dem
die Erde gefügig ist und der ihr erst zu ihrem wahren
Gesicht verhilft, der ihren Geist erst rein und klar, un-
getrübt von den Schlacken der Zufallsform zum Aus-
druck bringt.
Damit aber erkennen wir den entscheid enden Unterschied
zwischen dem Berggarten und dem Garten in Ebenen
und Tälern. Im Flachlandsgarten und in Gärten, die in
Tälern an steilen Hängen liegen, wird der Gartengestalter
zum Raumgestalter, im Berggarten aber wird er zum
Plastiker. Hier kann er nicht Räume bauen, für die er
Umgrenzungen schaffen müßte. Der Berggarten wölbt
sielt aus, dehnt sielt dem Himmel, der Sonne zu, er
schließt sielt nicht ab, sondern öffnet sich, wie sich auch
seine Grundform, die Kugelfläche nicht abschließt. Hier
baut der Gartengestalter auf, hier bildet er, wie der
Keramiker den weichen Ton bildet, nach der geheimen
Form, die in seinem Innern lebt. Nicht Raumerlebnis,
wie der Flachlandsgarten, sondern plastisches Erlebnis ist
der Berggarten. Von diesem unterichiedlich gerichteten
Ausdruckswollen wird der Gestalter beherrscht sein miissen,
sollen je nach dem Gelände Gärten entliehen, die ganz
diesem Gelände angehören und doch als schöpferisches
Menschenwerk anzusehen lind. Wirkliche künstlerische
Ausdruckskraft wird erst dann dem Garten zukommen
können. Gärten von Esch sind es somit, die uns den
Wesensunterschied von Flachlandsgarten und Berggarten
klargemacht haben.
Karl Maria Grimme, Wien.

Die Erhaltung der alten Nidda

Unter dieser Überschrift erschien unlängst eine Denkschrift,
die wegen der allgemeinen Bedeutung der behandelten
Materie weitgehendes Interesse verdient.
Die Nidda ist ein Nebenfluß des Maines. Sie durchfließt
in fall: halbkreisförmigem Bogen eine Wiesenniederung
im Nordwesten von Frankfurt a. M. und mündet bei
Höchst in den Main. Die vielen malerischen Krümmun-
gen des Flusses und ein herrlicher alter Baumbestand
machen die Niederung zu einem landschaftlich bedeuten-
den Bestandteil des Frankfurter Stadtgebietes.
Regelmäßig sich wiederholende ausgedehnte Überschwem-
mungen machten eine Regulierung des Wasserlaufs not-
wendig, die vorwiegend in einer kürzeren Führung und
Vertiefung des Flußbettes bestand. Hierbei wurden die
weit ausholenden Krümmungen des alten Laufes abge-
ichnitten. Der erste Abschnitt im Gebiet bei Nied-Sossen-
heim wurde schon vor dem Kriege fertiggestellt.
Die außerordentliche Bautätigkeit Frankfurts, durch die
vor allem die nördlichen Gebiete besiedelt werden, um
den im Süden sich ausdehnenden Stadtwald zu schonen,
erstreckt sich vorwiegend auf die Ränder der Nidda-Nie-

derung. Diese natürliche Grünfläche ist unter voller
Würdigung ihrer Bedeutung in ganzer Ausdehnung als
Dauergrünfläche vorgesehen. Ist doch längst erkannt, daß
die heutige dezentralisierende Siedlungspolitik, gefördert
durch großzügige Eingemeindungen der Großstädte, von
der Erhaltung ausreichender Natur- und Freiflächen ab-
hängig ist.
Das Tiefbauamt hat in einer bereits 1914 erschienenen
Denkschrift über die jetzt erst erfolgte Regulierung der
Strecke von Bonames bis zum Nieder Wald die land-
schaftlichen Schönheiten des in Betracht kommenden Ge-
bietes gewürdigt. Es weist dabei auf die hier geplanten
Parkanlagen, Grünflächen und Spielplätze hin und betont,
daß der gewählte Lauf des neuen Flußbettes außer von
technischen und wirtschaftlichen auch von ästhetischen
Rücksichten bestimmt wurde. Es wird hervorgehoben, daß
die durch die neueTrasse abgeichnittenen Altarme erhalten
werden sollten, da sie dem Landschaftsgärtner Gelegenheit
geben, reizvolle Anlagen zu schaffen. Der endgültige
Vorschlag für ihre Ausgestaltung wurde einer späteren
besonderen Bearbeitung im Rahmen des endgültigen Be-
 
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