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Die Gartenkunst — 42.1929

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Grüngestaltung der heutigen Stadt: Vortrag auf d. Tagung des Verbandes deutscher Gartenarchitekten, Duisburg, 18 Juli 1929
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https://doi.org/10.11588/diglit.59006#0148

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Grüngestaltung der heutigen Stadt
Vortrag auf d. Tagung des Verbandes deutscher Gartenarchitekten, Duisburg, 18. Juli 1929
Von Dr. Ing. Ph. A. Rappaport,
1. Beigeordneter des Siedlungsverbandes Ruhrkohlenbezirk, Essen

Mit immer zunehmendem Wachstum der Großstädte und
mit immer weiterer Ausdehnung der Bebauung auch über
das ssache Land hinaus kann die Gartenkunst nicht mehr
„Verfeinerung der Natur” an einzelnen bevorzugten Stellen
sein, kann sseh auch nicht als Beherrscherin der Archi-
tektur mit einzelnen geschlossenen Parkanlagen und dgl.
begnügen, sondern die Gartenkunst der heutigen Stadt
muß ein gleichberechtigter Bestandteil neben den Wohn-
gebieten, Industriessächen, Verkehrsanlagen usw. der Stadt
sein. Man muß also vor allem im Gesamtplan der Stadt
gewisse Großgrünflächen ausseheiden, die von jeder
Art der Bebauung frei bleiben, die sseh von den Außen-
gebieten möglichst weit in das Innere hinein erstrecken
und deren Einzelbenutzung im städtebaulichen Sinne
Sache der Entwicklung ist. Selbstverständlich muß letzten
Endes jede Grünssäche irgendeinem bestimmten Einzelzweck

dienen, aber der Gesamtweg geht von der Großgrün-
ssäche herab zur Ausgestaltung eben dieser Einzelgrün-
ssäche.
Besonders in den Gebieten ganz dichter Bebauung, wie
im rheinisch-westfälischen Industriegebiet, erwachsen so
der Gartenkunst der heutigen Stadt ganz besondere Auf-
gaben zur Volksgesundheit und Volkserholung, die wir
früher und in anderen Teilen Deutschlands, wo noch
weite Wälder und Felder unbebaut liegen, nicht kannten
und nicht zu kennen brauchten.
Der Grünflächenplan einer einzelnen Stadt oder eines
größeren zusammenhängenden Bebauungsgebietes ist von
gleicher Wichtigkeit wie etwa der Wohnssächenplan und
muß ebenso wie dieser von langer Hand her sehr sorg-
sam erwogen und festgelegt sein. Die wenigen noch vor-
handenen großen Waldgebiete oder die ohnehin unbebauten


Flußtäler, Einschnitte und dgl. bilden
den Ausgangspunkt des Gesamt - Grün-
ssächenplanes, von dem schmalere Grün-
ssächen, selbst einzelne Grünpunkte, so-
weit denkbar in das Stadtinnere hinein-
reichen.
Nur im Rahmen eines solchen Grün-
ssächenplanes lallen sseh alsdann die ein-
zelnen Grünflächen sachgemäß fest-
setzen. Vorab werden wir immer mehr
Wert auf das eigentliche Straßengrün,
auf Alleen, Baumstreifen und dgl. legen
müllen,wenn wir das häufig doch Eintönige
gerade der neuzeitlichen, von der Schablone
häufig nicht freien Bebauungsart unter-
brechen wollen. Wir dürfen den Wert
derartiger Baumreihen in den Straßen,
wie sie uns in alten Kleinstädten häufig
in meisterhafter Vollendung entgegentre-
ten, nicht unterschätzen.
Daneben aber werden wir auch mehr und
mehr Wert auf größere Grünstreifen
innerhalb der Straßen legen müssen, wobei
allerdings eine mittlereBaumreihe zwischen
zwei Autowegen oder zwischen Straßen-
bahn und Autoweg als unbrauchbar anzu-
sehen ist. Derartige größere Grünstreifen
sind seit lieh in den Straßen anzuordnen,
wenn sie im wirklichen Sinne als Erholungs-
gelegenheit für die Bevölkerung dienen
sollen. Im allgemeinen genügen hierfür

Grünssächenplan der Stadt Essen. Entwurf: Dr.
Ing. Rappaport. Der Plan zeigt, wie selbst in einer
Großstadt von mehreren Hunderttausend Ein-
wohnern durch sorgfältige Zusammenfassung der
noch vorhandenen Grünssächen unter Einschal-
tung von Grünstreifen und Grünallen wenigstens
eine erträgliche radiale Aufteilung möglich ist.

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