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Die Gartenkunst — 42.1929

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Sonderheft Bremen
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Singer, Wolfgang: Erhaltung und Nutzung der historischen Gärten
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Rosenbaum, K: Wichtige Fragen des Kleingartenbaus
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https://doi.org/10.11588/diglit.59006#0251

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den über die uns so heiligen Belange der Denkmalpssege
hinweggelchritten wird.
Wir Gartenbeamte wollen jederzeit und unter allen
Verhältnissen treue Hüter und ebenso gewissenhafte wie
verfländige Psseger des köstlichen, uns in den geschicht-

lichen Gärten anvertrauten Gutes sein und bleiben, ein-
gedenk des Dichterwortes:
„Was du ererbt von deinen Vätern,
Erwirb es, um es zu besitzen!”

Wichtige Fragen des Kleingartenbaus
Von Gartenamtmann K. Rosenbaum, Hamburg.

Als im Jahre 1919 die reichsgesetzliche Kleingarten- und
Kleinpachtlandordnung erlassen wurde, erwuchs den Stadt-
verwaltungen ein neuer Zweig der Betätigung, ohne daß
auch nur vergleichbare Vorgänge irgendwelcher Art vor-
handen gewesen wären. Die Anwendung des sowohl in
bodenrechtlicher, verwaltungstechniicher und fachlicher
Beziehung ganz neue Wege eröffnenden Gesetzes wurde
in den weitaus meisten Fällen den Gartenverwaltungen,
in seltenen Ausnahmen der GrundstücksVerwaltung oder
dem Vermessungswesen übertragen. Auf ihrem Wege
vom Reichsrahmengesetz bis zur praktilchen Durchfüh-
rung dienten den Behörden die Richtlinien des Reichs-
wirtschaftsministers vom 1. Oktober 1919 als einziger
Stecken und Stab. Was Wunder, daß in jeder Verwal-
tung in allen auftauchenden Fragen verschiedenartig ge-
arbeitet wurde, daß in jeder Verwaltung die gleichen
Fehler sseh ereigneten und heute noch ereignen, da keine
Möglichkeit zum Austausch der Erfahrungen besteht. In
den großen Städten, in denen naturgemäß die Klein-
gartenbewegung eine größere Bedeutung hat, bildeten (ich
Spezialisten heraus, die je nach ihrer persönlichen Ein-
stellung verluchten die Dinge zu meistern, während überall
dort, wo der leitende Gartenbeamte nebenher die Klein-
gartenfürsorge betreiben mußte, eine Vertiefung in die
neuartige und schwierige Materie bei dem vielseitigen
Aufgabenkreis kaum möglich war.
Bereits im Laufe des Jahres 1922 wurde erkannt, daß
ein Erfahrungsaustausch der Kleingartenämter, eine Samm-
lung und Auswertung statistischen Materials und eine
Mitwirkung bei der Fortbildung des Kleingartenrechts
dringend erforderlich ist. Es kam am 4. September 1922
zur Gründung des Reichsverbandes deutseher Kleingarten-
ämter, dem sofort eine große Zahl Stadtverwaltungen
beitraten. Dem Verband stand die vorzügliche, inzwischen
leider eingegangene, von Ministerialrat Dr. Kaisenberg
herausgegebene „Neue Zeitschrift für Kleingartenwesen”
zur Verfügung, deren Artikel grundlegend die Einrichtung
und den Aufbau der Kleingartenämter beeinssußte. Leider
konnte der Verband zu einer wirklich befruchtenden Ar-
beit nicht gelangen, da der Deutsche Städtetag am
28. November 1922 sseh gegen die junge Organisation
stellte. Der Städtetag glaubte, daß die Kleingartenfür-
sorge durch andere bestehende Vereinigungen oder auch
durch den Städtetag selbst wahrgenommen werden könne.
Der Reichsverband deutseher Kleingartenämter löste sseh
daraufhin auf und empfahl seinen Mitgliedern, sseh in
allen vorkommenden Fällen an den Deutschen Städtetag
zu wenden; aber er fügte hinzu, da noch dahingestellt
bleibe, ob der Deutsche Städtetag in der Lage ist, die
übernommene Aufgabe zu erfüllen, wird den Mitgliedern

der Beitritt zur Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst
empfohlen, um erforderlichenfalls in deren Rahmen eine
sachverständige Stelle zur Bedienung der Kleingartenämter
einzurichten.
Heute muß festgestellt werden, daß es dem Deutschen
Städtetag nicht gelungen ist, die Vereinheitlichung der
behördlichen Kleingartenfiirsorge durchzuführen. Vielmehr
sind inzwiiehen neue und außerordentlich schwierige Pro-
bleme erwachsen, die finanziell und sozialpolitisch von so
großer Bedeutung sind, daß Fehlmaßnahmen unbedingt
vermieden werden müllen.
Seit 1922 ist die Führung in der Kleingartenbewegung
mehr und mehr übergegangen auf den Reichsverband der
Kleingartenvereine Deutschlands, der die Interessenten in
ganz Deutschland zusammenzufassen vermochte und an-
erkannt von Regierungen und Parlamenten die offizielle
Vertretung der Kleingartenbewegung darstellt. Auch die
Frage, wie das Verhältnis der Behörde zur Kleingärtner-
organisation zu gehalten ist, ist nicht einheitlich gelöst.
Von der innigen vertrauensvollen Zusammenarbeit bis
zur feindseiigen Einstellung gegen die Organisation findet
man alle Zwischenstufen.
Die Einssußnahme der obersten Regierungsstellen auf die
Tätigkeit der unteren Verwaltungsbehörden war ebenfalls
äußerst variabel. Im Reiche ist das Reichsarbeitsministerium
federführend, das bisher eine Initiative nicht hat erkennen
lallen. Anders das preußische Volkswohlfahrtsministerium.
Dieses hat von Anfang an an der Ausführung der Klein-
gartenordnung anregend und tätig mitgearbeitet. Zahl-
reiche Erlasse auf den verschiedenen Gebieten der Klein-
gartenfürsorge süllten der einheitlichen Gesetzanwendung
im Lande Preußen den Weg bereiten. Aber unverkenn-
bar fehlt der guten Absseht die Fühlung mit den in
praktischer Arbeit slehenden unteren Verwaltungsbehörden,
und es sind an der gewiß höchst anerkennenswerten
Tätigkeit des Ministeriums zwei Momente, die besonders
ins Auge fallen. Einmal die Schwächung der in der
harten praktischen Wirklichkeit arbeitenden Kleingarten-
ämter, beispielsweise dadurch, daß die Anerkennung der
gemeinnützigen Vereine ihnen entzogen und dem Re-
gierungspräsidenten, also der höheren Verwaltungsbehörde
vorbehalten ist, und zum andern die oft nicht zu ver-
kennende Beeinssussung der ministeriellen Erlasse durch
die Wünsche der Organisation.
Solange diese rein sachliche Förderung des Kleingarten-
wesens bezwecken, ist gewiß nichts dagegen einzuwenden.
Dient aber der Ministerialerlaß dem Zwecke der Stärkung
einer immerhin privaten Organisation, verfolgt er keinen
sachlichen, iondern einen organisationspolitischen Zweck,
io sind Bedenken nicht von der Hand zu weisen. Es

Gartenkunst, Sonderheft Bremen

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