Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Gartenkunst — 42.1929

DOI Heft:
Nr. 4
DOI Artikel:
Hoemann, Reinhold: Hecken und ihre Verwendung in der Gartengestaltung [1]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.59006#0062

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Hecken und ihre Verwendung in der Gartengeltaltung

Gut proportionierte Gartenräume haben auf uns, unser
Gemüt, unsere Stimmung immer stark eingewirkt; sie
werden es auch in Zukunft tun. Der Gartenräum aber
wird gestaltet durch die strenger oder freier gezogene
Pflanzenwand. Ihre klarste und einfachste Form ist die
Hecke.
Freilich ist das Raumempfinden zu allen Zeiten künst-
lerischer Kultur durchaus nicht gleichartig gewesen, und
selbst bei Menschen einer Kulturperiode sind die Auffas-
iungen darüber ganz verschieden.
Quadratische und kreisförmige Grundform des Garten-
raumes, zuweilen in guter Kombination, finden wir vor-
nehmlich in der Zeit der abgeklärten Renaisiance. Im
Barock ist alles mehr in fließender Bewegung. Aus dem
Kreis entsteht das Oval und die Ellipse, aus dem Qua-
drat das Rechteck, und die Ausbildung langer Perspek-
tiven ist für die Zeit des Barock kennzeichnend. Strenge
Symmetrie und großzügig durchgeführter Achsenaufbau
passen ausgezeichnet zu dem prunkhaften Hofzeremoniell
jener Zeit. Man denke nur an Versailles mit seinen
reizvollen Heckengärten und Gartenräumen, die für
die vielen Bedürfnisse des festefeiernden Königs herge-
richtet wurden. Hier wurden die Paläste zu Gärten und
die Gärten zu Palästen; und der raumbildende Faktor
waren Hecken in nie gekannter und nie wieder erreich-
ter künstlerischer Vollendung. Heute leben wir in einer
anderen, einer neuen Zeit. Die glanzvollen Fürsten-
höfe sind verschwunden. Die großen Gärten der heu-
tigen Zeit sind Volksgärten, Stätten für Sport und Spiel,
keine Fürstengärten, und die kleinen Gärten heutiger
Zeit sind Bürger- und Arbeitergärten mit anderen Auf-
gaben und anderen Formen. Die Symmetrie weicht viel-
fach einer bewußt gewollten, durch besondere Umstände
oft bedingten Unsymmetrie, die aber, und das ist Sache
des Künstlers, so auszubalancieren ist, daß trotz Unsym-
metrie ein feines Gleichgewicht der Masien entsteht. Auch
hierbei ist die Hecke als raumbildender Faktor nicht zu
entbehren.
Welche Anforderungen muß man nun an die Hecke
stellen, wenn sie schön sein und künstlerisch wirken soll?
Das ist die Frage, deren Lösung die Praxis von uns for-
dert. Vielerlei Umstände müssen da berücksichtigt wer-
den. Ich will versuchen, sie aufzuzählen und einige Er-
klärungen dazu zu geben. Zunächst kommt der Zweck
der Hecke in Betracht. Er ist entscheidend für den gan-
zen Aufbau. Die den Nutzgarten umfriedende Hecke
möchte ich hier außer Betracht lassen, wenngleich sie gut
gepflegt und gut gehalten auch an ihrer Stelle oft einen
hohen Schönheitswert darstellt. In der Gartengestaltung
wird die Hecke verwendet, um Räume zu bilden, sie
abzuschließen oder auch zu teilen, vielfach das eine und
andere zugleich, daneben auch zu reinen Zierzwecken.
Je nach dem Zweck richtet sich Höhe und Ausdehnung
der Hecke und Auswahl des heckenbildenden Pflanzen-
materials. Diele Forderungen werden sich ziemlich leicht
und einwandfrei erfüllen lassen. Schwieriger lassen sich
die Voraussetzungen für künstlerisch einwandfreie Wir-
kung erfüllen, die mit der Zweckforderung zu verbin-
den ist. Die wichtigste Forderung hierbei ist die, ein

gutes Verhältnis der Heckenwand zu dem ganzen Raume
herzustellen.
Die Höhe der Hecke richtet sich dabei nach dem um-
hegten Raum; je größer der zu bildende Raum, um so
höher kann die Hecke lein, wenngleich die Größe des
Raumes allein nicht ausschlaggebend ist. Denn während in
den 80 er Jahren des vorigen Jahrhunderts im Wohnhaus-
bau hohe, luftige Räume beliebt waren, bevorzugt die
heutige Architektur große, aber verhältnismäßig niedrige
Räume. Ich will damit lagen, wie das Schönheits-
empfinden mit der Zeit wechselt. Die höchste Höhe
einer parkumschließenden Baumwand ist wohl 20—30 m,
und sie wurde in den großen Barock-Heckengärten er-
reicht, indem eine eigentliche Hecke nur den unteren
Teil der grünen Wand darstellte, hinter der Hecke aber
der frei wachsende Baum sich zu seiner vollen Höhe
erhob. Hierbei ist das Verhältnis der Hecke zum
dicht dahinterstehenden Baum von Wichtigkeit. Bei glei-
cher Höhe von Heckenwand und Baumwuchs würde
meines Erachtens ein ungünstiges Verhältnis entliehen.
Der eine oder der andere Teil muß überwiegen, etwa
im Verhältnis des goldenen Schnittes. Es kann dabei
ebensowohl die Heckenwand der kleinere und die Baum-
wand der größere Teil sein, wie umgekehrt. Wenn wie
oft in den großen Barockgärten der eigentliche Garten
oder Park in einer großen alleeartigen Perspektive endet,
so kann und muß manches Mal, selbst wenn diese allee-
artigen Baumwände ziemlich enge slehen, ihre Höhe doch
eine verhältnismäßig große sein. Das läßt sich aber nicht
schematisch festlegen, und das beste Mittel, hier das Rich-
tige zu treffen, besteht darin, das Auge an guten Bei-
spielen zu schulen. Mit der Zeit wird man sich dann
eine gewisse Sicherheit aneignen, um das Richtige zu
treffen.
Wenn ein Heckengarten in umgebenden Wald eingebaut
ist, dann wirkt auch der Gegensatz zwischen der streng
geschnittenen Hecke und dem frei wachsenden Baum-
schlag dahinter gut und vorteilhaft. Die Hecke steigert
die malerische Schönheit der ungezwungen wachsenden
Bäume und die letzteren nehmen der Hecke das Steife
und Gezwungene und lassen das feine Licht- und Schat-
tenspiel der Hecken nur um so vorteilhafter in Erschei-
nung treten. Wenn die niedrige Hecke raum teil end im
hohen Heckenraum sleht, so ist erst recht die Höhe der
niederen Hecke abhängig von der Höhe der höheren;
beide müssen gut zu einander abgestimmt sein, wenn
das Bild vollendet sein soll. Auch die Dimensionen der
Hecke selbst (Länge, Breite und Höhe), besonders bei
der reinen Zierhecke, dürfen nicht willkürlich bemessen
sein, londern bedürfen sorgfältiger Abstimmung. Es
kann vorkommen, daß aus der niedrigen Hecke die mehr
oder weniger streng gezogene Baumwand, getragen von
den säulenartig wirkenden Stämmen, aufsteigt, wie wir
das im Park von Klein Trianon so vorbildlich sehen.
Auch hier ist die Wirkung nur erzielt durch gelungene
Abstimmung der einzelnen Teile unter sich und zum
Ganzen. Wir sehen also überall, daß das Verhältnis der
Heckenwand zum Gartenraum von Bedeutung ist.
Ebenso wesentlich für die ktinstlerische Wirkung ist na-

ö>-ll-
 
Annotationen