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Die Gartenkunst — 42.1929

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Nr. 5
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Deutsches Urgestein in der Grabmalkunst
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Dieses Urgestein, das die Anerkennung der Jahrtausende
für sich hat, und das ein gütiges Geschick uns in deut-
schen Mittelgebirgen (Fichtelgebirge, Odenwald, Harz,
Sächsische Lausitz, Riesengebirge und Schwarzwald) über-
mittelt hat, das Gestein, das Goethe als den ältesten,
festesten, tiefsten und unerschütterlichsten Sohn der Na-
tur kennzeichnet, ist seit einer Reihe von Jahren Gegen-
stand der Brandmarkt ng in „modernen” Friedhofsord-
nungen geworden. Dabei sind unsere Granite, Porphyre,
Syenite ein nationaler Besitz von größter volkswirtschaft-
licher Bedeutung. Tausende deutscher Arbeiter sind mit
diesem Wirtschaftszweig auf Gedeih und Verderb ver-
bunden. Den Ausgang dieser Verfemung bildete die
vielfach mißverstandene Auffassung einer Bestimmung,
mit der man in München glaubte, einen Waldfriedhof
vor Fremdkörpern — den polierten Graniten und Sye-
niten — zu schützen.
Es ist festzustellen: die Beliebtheit der in schärfstem Hoch-
glanz polierten schwarzfarbenen, oft in unglaublich sten
Formen gehaltenen Grabmäler mit kraß herausfallenden
vergoldeten Zierschriften, hat das wundervolle Rohmate-
rial zu Tode gehetzt. Die vom Publikum erhobene For-
derung der billigsten Preisstellung führte zu einer Indu-
strialisierung des Grabmals, die hemmungslos vor dem
Schlimmsten in Form und Gestaltung nicht zurückschreckte.
Diese Dinge mußten Mißfallen erregen und die verant-
wortliche Obrigkeit zur Abwehr mit der ihr eigenen
Spezialwaffe — dem Paragraphen — herausfordern. Man
wollte die Denkmals gestaltung treffen, man traf aber
vielfach das Denkmalsmaterial. Das Urgestein des
deutschen Bodens wurde über den romantischen Gedan-
ken des Waldfriedhofs zum Fremdkörper auf deutschem
Boden gestempelt.
Man erinnert sich der ebenso romantischen Idee, die vor
etwa drei Jahrzehnten den Holzzaun propagierte und
den Zaun aus Eisen in Bauich und Bogen als unschön
aburteilte. Ein in mannigfacher Hinsicht verdienstvolles
Aufklärungswerkchen führte uns in nacheiferungswürdigem
„Beispiel” den lobenswerten gutgegliederten Holzzaun
vor und im „Gegenbeispiel” den übel verschnörkelten
Eisenzaun. Alfred Messel ließ es sich angesichts dieser
eigenartigen Verfemung des dauer wertigen, Generationen
seiner Holzbrüder überlebenden Eisenzaunes angelegen
sein, an schönen Eisenzäunen, mit denen er seine Bauten
umfriedigte, zu zeigen, wie nicht das Material, sondern
die Form zum Guten oder Schlechten führt.
Man mag die übertriebene unschöne Hochglanzpolitur,
die das Publikum beim Hartsteindenkmal über alles liebt
und fordert, beanstanden; indes wie das ägyptische Kunst-
werk in Granit seine Wirkung nicht zuletzt den poin-
tierenden Glanzstellen seiner blank geglätteten Oberfläche
verdankt, so darf auch dem deutschen Granitdenkmal
die kiinstlerische Auswertung des durch seine Schleiffähig-
keit erreichbaren milden Glanzes, nicht genommen wer-
den. Wie das Grabmal in dem muschellöcherigen Kalk-
stein einen Teil seiner plastischen Schönheit der malerisch
bewegten Oberssächenstruktur verdankt und der Künstler
diele lyrische Eigenart des Rohmaterials sich bei der
künstlerischen Konzeption und formgebenden Gestaltung
zunutze macht, so weist die gleichmäßig dichtkörnige
massige Struktur, die kaleidoskopartige Vermengung der
verschiedenfarbigsten, in der Gesamtheit einheitlich wir-
kenden Steinpartikel direkt auf eine die edle Stetigkeit

des Materials hervorhebende Flächenglättung hin. Die
Härte dieser Edelgesteine fordert einfachsten Umriß, seine
Widerstandsfähigkeit gegen Stoß und Druck gestattet die
scharfe Kanten und die feingliedrige Profilierung des
Erzes. Den Bearbeitungsvorgang gebietet in seiner strengen
zeitraubenden Schwierigkeit den maßvollsten Formauf-
wand.
Der Granit als Erzieher! — Er erlaubt nicht die Ge-
sprächigkeit der Formen, die der Giabstein in weicheren
weniger spröden Gesteinen uns spielerisch gestattet und
die uns denselben am Orte des Schweigens oft so rasch
überdrüssig werden läßt. Wie der Granit in seiner Un-
verwüstlichkeit über der Zeit steht, so zwingt sein zeit-
loser Charakter auch den Künstler sich in seiner Formen-
gebung über die Zeit zu stellen. Kein Gestein eignet
sich so wenig wie der Granit zum Träger stilimitierender
Gestaltung. Seine Härte gebietet die große ruhige archi-
tektonische Linie, für Tändeleien gibt er sich nicht her.
So kommt das Material gerade unlerer heutigen Kunst-
anschauung, die allem Spielerischen und Unsachlichen ab-
hold ist, die das Knappe, das bestimmt Umrissene, das in
seiner Form rasch Erfaßbare liebt, ganz besonders entgegen.
Diese Darlegungen können sich selbstverständlich keines-
wegs gegen die von einer Reihe fortschrittlichster Fried-
hofsbehörden erlassenen wohlerwogenen Bestimmungen
wenden, deren dankenswertes Ziel es ist, der heutigen
wirren Unkultur des deutschen Friedhofes ein Ende zu
bereiten und Ruhe und Ordnung auch den Plätzen der
ewigen Ruhe zu siebern.
Prof. Hugo Eberhardt, Offenbach a. M

BÜCHER SCHAU
Neuere Grabdenkmäler und Grab ged e n k ze iche n BadeniaA. G.
für Verlag und Druckerei, Karlsruhe.
Das Badische Landesgewerbeamt Karlsruhe und verschiedene Badische
Städte haben im Jahre 1927 einen Wettbewerb ausgeschrieben zur Ge-
winnung von Entwürfen für Grabdenkmäler und Grabgedenkzeichen.
Es süllten dabei Vorschläge für jede Konfession und jede Bestattungs-
weise gemacht werden, außerdem war in den Bedingungen besonders
aufmerksam gemacht auf die allgemeine wirtschaftliche Notlage in
Deutschland,die zu einer besonderen Beschränkung in den aufgewendeten
Mitteln zwingt.
Das Preisgericht, dem u. a. Prof. Dr. Laeuger-Karlsruhe, Prof. Lörcher-
Stuttgart, Oberbaudirektor Zizler, Mannheim und andere angehörten,
hat, wie die vorliegende Veröffentlichung zeigt, ein erfreulich gutes
Gesamtniveau unter den eingegangenen Arbeiten feststellen können
und Entwürfe mit Preisen bedacht, die in der Tat jedem Friedhof in-
folge ihrer großen Schlichtheit und Einfachheit, zur Zierde dienen
mussen.
Unter den Steinkreuzen herrschen die einfachen Stelenformen vor; die
meisten Verfaller greifen dabei zurück auf die wundervollen schlichten
Vorbilder aus der Zeit von vor etwa hundert Jahren. Zu begrüßen
ist, daß außer Stein auch andere Werkstoffe wie Holz und Eisen in
der Veröffentlichung zur Geltung kommen, zumal diese Materialien
von jeher zur Schaffung von Grabzeichen verwendet wurden. Ist wie
gesagt das Gesamtniveau erfreulich, so muß doch andererseits auch fest-
gestellt werden, daß wirklich überragende Schöpfungen eines neuen
Geistes hier nur vereinzelt vertreten sind. Vielleicht ist es nirgends
schwerer als gerade auf diesem Gebiet, wo das Pietätgefühl eine traditio-
nelle Haltung zu erfordern scheint, neue Wege zu gehen. Derartiges
kann auch nicht künstlich gewollt werden, sondern es muß langsam
sich entwickeln und wachsen, und so ist es jedenfalls besser, wenn für
Grabmalgeschäfte, den kleinen Bildhauer auf dem Lande, sowie für
Schreiner und Kunstschmiede derartige Vorlagewerke zur Verfügung
slehen, die ihn vor Entgleisungen bewahren, als daß er eine ihm fremde
Kost vorgesetzt erhält, die zu verarbeiten und selbständig weiterzubilden
er mit seiner heutigen Vorbildung nicht in der Lage wäre. E. K
 
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