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Die Gartenkunst — 42.1929

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Sonderheft Bremen
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Allinger, Gustav: Von Gartenkunst zu Siedlung
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Giesen, Josef: Rationelle Betriebsfürung
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https://doi.org/10.11588/diglit.59006#0243

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lig ist, die damaligen Veröffentlichungen von Gartendi-
rektor Heicke, Hanisch, Wiepking u. a. nachdrücklich zu
unterstreichen. Auch wer nicht in allen Teilen der Arbeit
von Leberecht Migge beizupflichten vermag, der wird ihm
nicht das Verdienst abstreiten können, früh genug sich
ebenfalls in den Dienst der hohen Aufgabe gestellt
zu haben, die der Gartenbau innerhalb des Siedlungswe-
sens und der Binnenkolonilation zu lösen berufen ist. Es
ist also leichtfertige Übertreibung, wenn von schlecht
informierten Leuten behauptet wird, die Gartenarchitek-
ten hätten sich nicht um Siedlungsaufgaben gekümmert.
Es soll nicht verschwiegen werden, daß in der praktischen
Ausführung der Siedlergärten noch große Mißstände herr-
schen und daß die sachgemäße Organisation der Garten-
einrichtung in bezug auf Pflanzen, Wasterversorgung, Ein-
friedigung und Pflege in vielen Siedlungen bis heute noch
fehlt. Bei den Siedlergärten ist es genau so wie bei
den meisten Gartenaufgaben privater Natur tatsächlich die
Regel, daß viel zu geringe Mittel für die Gartenplanung
und Herstellung zur Verfügung gestellt werden. Zu den
wichtigsten Aufgaben der Fachverbände gehört also, hier
Mittel und Wege zu suchen und sich mehr als bisher
dafür einzusetzen, daß die Sache von Grund aus belser
wird, denn hier liegt die Ursache, daß manchem Garten-
architekten trotz bestem Willen die Mitarbeit an Sied-
lungsaufgaben versagt wurde.
Ich bin überzeugt, daß die Wohnungsfürsorgegesellschaften,
die Baugenossenschaften usw. dann dem Gartenwesen und
der Gartenherstellung gerne mehr Beachtung als bisher
zuwenden werden. Man kann übrigens die soeben auf-
gezeigten Mängel teilweise auch in Holland, England, Bel-
gien, Frankreich und Österreich beobachten. Der inter-
nationale Kongreß für Wohnungs- und Städtebau hat sich
bereits vor einigen Jahren in Amsterdam mit den großen
Aufgaben öffentlicher Grünpolitik in Städtebau und Landes-
planung beschäftigt. Jetzt ist es höchste Zeit, daß auf dem
nächsten Kongreß auch die überaus wichtige Aufgabe der
Gartenplanung und Herstellung selbst in den Vordergrund
gestellt und ebenso wie die Wohnung einer ausgiebigen
Erörterung unterzogen wird.
Faßt man nun die Ergebnisse dieser Betrachtung zusammen,

so könnte man vielleicht annehmen, daß man um so
weniger von Gartenkunst oder überhaupt nicht mehr von
einer solchen reden könne, je größere Fortsehritte das
Siedlungswesen mache, sondern, daß die Siedlergärten und
Kleingärten die Hauptaufgaben des Gartenarchitekten sein
müßten. Dies wäre aber ein Irrtum. Man darf das Pro-
blem Siedlung und Garten nicht nur vom Standpunkte
der Kleinstwohnungen und des Kleingartens betrachten.
Nur jemand, dem der Blick für die Tatsachen des wirk-
lichen Lebens fehlt oder der sich in beschränkte Einseitig-
keit verrannt hat, wird verkennen, daß auch der Bau
von geräumigeren Einfamilienhäusern mit größeren, ab-
wechslungsreicher gestalteten Gärten nach wie vor eine
Art Siedlung ist, deren Lösung zu den reizvollsten und
ferner für die Selbsterhaltung bitter nötigen Aufgaben
des freischaffenden Gartenarchitekten gehört.
Hierbei wird ebenso wie bei den großen sozialen Grün-
flächen die schöpferische Gestaltungskraft über den Zweck
hinaus ausschlaggebend für das Gelingen sein. Die Form
unserer Zeit wird nicht nur aus dem Zweck allein ge-
boren. Bedenken Sie, daß der Deutsche Werkbund nicht
umsonst das Thema „Neue Wege künstlerischer Erziehung”
in den Mittelpunkt seiner diesjährigen Hauptversammlung
in München gestellt hat.
Über allen Einzelaufgaben endlich slehen die großen Ziele,
die Dr. Hans Kampffmeyer in seinem Vortrag über Grün-
flächenpolitik auf der Hauptversammlung der Deutschen
Gesellschaft für Gartenkunst Wien 1925 besonders betonte,
indem er sagte: „Die Städtebauliche Entwicklung eröffnet
den Gartenarchitekten Ausblicke auf gewaltige Aufgaben.
Die letzten zwei Jahrzente ließen aus dem Landschafts-
gärtner den Gartenarchitekten werden. Die künftige Ent-
wicklung wird den Gartenarchitekten zum Landschafts-
gestalter erheben. Aber das Wort wird dann einen anderen
Klang haben. Man wird dabei nicht an Menschen denken,
die sich mit dem vergeblichen Versuch ab mühen, die
Schönheit der großen freien Natur kleinlich auf engem
Rahmen zu kopieren, sondern an Männer, die nicht nur
das Innere der Städte mit Grün durchdringen, londern
auch die gewaltigen Gebiete im Umkreise der Städte, ja
ganze Provinzen landschaftlich gestalten.“

Rationelle Betriebsführung
Auszug aus dem Vortrag von Gartendirektor Josef Giesen, Köln

Die Folgen des verlorenen Krieges und die Auswirkungen
der Inflationszeit belasteten die Gemeinden in einem
Maße, daß selbst gefestigt dastehende Großstädte aus der
Bewilligungsfreudigkeit zum Sparbetrieb übergehen muß-
ten. Abbau von Beamten und Arbeitern, oft auf ein
unerträgliches Maß, Einschränkung der Ausgaben und Ein-
richtungen waren gang und gebe und konnten kaum
den durch vermehrte Wohlfahrtslasten stark geblähten
Finanzbedarf zum Ausgleich bringen. Die Sparmaßnahmen
wurden Dauerzustand. Alle Verwaltungseinrichtungen
wurden vor neue Aufgaben gestellt, die Etatminderungen
durch neuere Arbeitsmethoden zu ersetzen.
Auch die Leiter der Stadtgartenverwaltungen mußten
sich der Folge der Finanzkrise anpasten. Während einige
Stadtverwaltungen von ihren Gartendirektoren verlang-

ten, in ihren Haushaltsplänen den Ausgleich in Ausgaben
und Einnahmen unter allen Umständen zu erbringen,
wurden andere Kollegen vor die Tatsache gestellt, mit
einem Teilbetrag der bisherigen Ausgaben zu wirt-
schaften.
Im ersten Falle mußte der durchaus undankbare Versuch
aufgestellt werden, als kommunaler Erzeugerbetrieb, also
als Konkurrent der freien Fachwirtschaft aufzutreten.
Die Leiter der Zuschußbetriebe sahen sich gezwungen,
an die Umstellung ihrer Betriebe zu denken und dies in
kürzester Zeit durchzuführen, wenn nicht empfindliche
Schädigungen in den Grünanlagen Platz greifen sollten.
Nach den Kriegsjahren waren Schlagworte wie Rationa-
lisierung, Mechanisierung, Motorisierung, Fließarbeit usw.
aller Orten gang und gebe, und gar viele, selbst die die
 
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