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Gegenbaur, Carl
Lehrbuch der Anatomie des Menschen — Leipzig, 1888

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.15029#0660

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Vom Herzen.

Ausbildung desselben aus einer einfachen Form.

§ 265.

Das Centraiorgan des gesamniten Gefäßsystems stellt ein in der Brusthöhle
hinter dem Sternum gelagertes muskulöses Gebilde vor, dessen Inneres in vier
Räume, die beiden Kammern und Vorkammern getheilt ist. Diese sind nach ihrer
Lage in je eine rechte und eine linke geschieden, deren Verhalten zum Kreislaufe
im Allgemeinen oben (S. 633) angegeben ist.

Diese Complication des Herzens ist jedoch eine erst im Laufe der Entwicke-
lung sich ausbildende Einrichtung. In einem gewissen Stadium erscheint bei
Säugethieren, und auch beim Menschen das Herz — von früheren Befunden
(vergl. S. 43) abgesehen — als ein einfacher Schlauch, zwar mit contractiler
Wandung, allein diese umschließt nur einen einzigen Hohlraum, der an beiden
Enden mit dem Gefäßsystem communicirt. An seinem unteren Ende empfängt er
aus Venen Blut, welches er durch seine Contractionen in die aus seinem oberen
Ende hervorgehenden Arterien eintreibt. Dieser primitive Herzschlauch liegt un-
mittelbar unter dem Kopfe und stellt nur einen bedeutender ausgebildeten Ab-
schnitt des gesammten Gefäßsystems vor, eine Strecke des letzteren, deren con-
tractile Wandungen sich mächtiger entwickelt haben und so für die gesammte
Circulation ein centrales Bewegungsorgan bilden. Indem dieser kurze Schlauch
länger wird als der ihm zugetheilte Raum, geht er in Schlingenform über und
lässt allmählich mehrfache weitere, durch engere Strecken getrennte Abschnitte
wahrnehmen. Die Schlinge liegt vorwärts und etwas abwärts gerichtet, nach
rechts hin gekrümmt. Sie beginnt hinten und unten mit dem die Venen auf-
nehmenden Räume, der noch einfachen Vorkammer, welche bald sich nach
beiden Seiten auszubuchten beginnt. Diese setzt sich in einen nach vorne
und links liegenden Abschnitt fort, welcher sich nach rechts erstreckt, um
dann medial aufwärts umzubiegen. Dieser nach vorne gekehrte Abschnitt
des Schlauches repräsentirt eine Kammer, an welcher äußerlich eine Schei-
dung in eine rechte und eine linke Hälfte sich andeutet. Aus der rechten
Hälfte geht der aufwärts gerichtete letzte Abschnitt, der in die Arterien sich
fortsetzende Bulbus arteriosus hervor. Das Blut tritt am Vorhofe ein, gelangt
in die Kammer, durchströmt deren beide Hälften und vertheilt sich durch den
Bulbus arteriosus ins Arteriensystem. Das Herz ist also hier noch einfach, ent-
spricht dem Befunde, den wir bei Fischen bleibend finden. Die weiteren Ver-
änderungen treffen die drei Hauptabschnitte. Am Vorhofe sind die beiderseits
aufgetretenen Ausbuchtungen ansehnlich vergrößert und stellen die beiden Auri-
culae cordis vor. In der Kammer bildet sich an der schon vorher äußerlich an-
gedeuteten Stelle eine Scheidewand aus, die theils gegen die Communicationsstelle
mit der Vorkammer, theils gegen den Anfang des Bulbus arteriosus zu sich er-
streckt, und auch in letzterem beginnt eine Scheidung sich zu vollziehen. Das
 
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