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Gerhard, Eduard [Hrsg.]
Etruskische Spiegel (Band 4) — Berlin, 1867

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https://doi.org/10.11588/diglit.5025#0197
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TAFEL CDXII. CDXIII.

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ohne dass der dadurch frei gewordene Raum nach dem sonst üblichen Brauch unserer
Spiegelformen zierlich in einen Griff mündet. Spiegelbilder ohne Griff (12) sind nicht
unerhört aber selten; nicht ganz unmöglich wäre es auch, dass diese im Original uns
unbekannte Zeichnung vielmehr das Innenbild einer bemalten Schale als das Graffito
eines Metallspiegels uns vorgeführt hätte.

Tafel CDXII, 2 (Paralip. 372). der epheben waffenlust; volcentischer In-
schriftspiegel des Kunsthändlers ßasseggio, oberwärts stark verletzt. — Von zwei ein-
der gegenübersitzenden Jünglingen hält der eine den linken Arm lebhaft erhebend in
seiner Rechten ein Schwert, während der andere seine Waffenfähigkeit durch den
schräg aufgestellten Helm andeutet, auf welchem sein rechter Fuss ruht. Der Jüngling
zu unserer Linken lässt eine leicht umgeschlagene Chlamys am Rücken und am linken
Schenkel mit darunter gegürtetem Wehrgehenk wahrnehmen. Sein Gefährte ist durchaus
nackt. Zwischen beiden steht eine ähnliche dritte Figur von kräftigeren Formen, ver-
mutlich ein älterer Mann, mit um die Hüfte zierlich geschlagener Chlamys; nach Stel-
lung und Hallung bleibt man geneigt ihn für einen Lehrer oder Rathgeber des sein
Schwert hallenden jungen Mannes zu unserer Linken anzusehen, über welchen sein
rechter Arm ausgestreckt ist. Es geschieht dies mit einer gewissen Feierlichkeit, dass
man an Momente jugendlicher Begeisterung erinnert wird, wie sie zwischen den
Uebungsjahren der Jugend und ihrem Uebergang zum Kriegesdienst beim Ephebeneid (13)
in Athen und an anderen Orten griechischer Sille nicht fehlen konnte. Eine genauere
Deutung des wohlgezeichneten und trotz der empfindlichen Verletzung seines Obertheils
theils gefälligen Bildes zu versuchen würde um so vergeblicher sein, je mehr der Rest
einer etruskischen Namensinschrift, Lur, die Ueberlragung griechischer Anschauungen
auf etruskische Sitte und Oertlichkeit uns bezeugt. Eine zweite Inschrift, wie man sie
in der Gewandverzierung der Mittelfigur, etwa als llu zu lesen, vorzufinden versuchte,
wagen wir noch nicht zu verbürgen.

Tafel CDXIII (Paralip. 377). Begegnung nach dem bade; volcentischer Inschrift-
spiegel des Kunsthändlers ßasseggio, gegenwärtig in der Sammlung Palagi zu Bologna.—
Ein Jüngling und ein Mädchen beide unbekleidet stehen mit schmeichelnder Geberde
der gegen einander gewandten Hände(w) einander gegenüber; während die gesenkte

(12) Spiegelscheiben ohne Griff: oben II, 159 und sonst.

(13) Der Ephebeneid für Aglauros (Pollux VII, 105s.)
kann hier nur entfernt vielleicht aucli mit der Bemer-
kung verglichen werden, dass dabei Speer Schild und
Helm vermuthlich mehr als das Schwert zur Ansicht
gelangten, ist jedoch, wenn wir nicht irren, das einzige
aus dem griechischen Alterthum uns überlieferte Ritual
verwandten Inhalts.

(14) Diese Geberde in der linken Hand des Jünglings
zu würdigen werden wir durch eine auf Anlass des ar-
chäologischen Instituts neu genommene Zeichnung be-
lehrt , wonach jene Hand dem Mädchen eine Blume
reicht, während ihre rechte Hand, hinter seiner Wange
halb verschwindend, vielleicht eine zärtliche Berührung
derselben bezweckt.

K
 
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