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Gewerbeblatt für den Schwarzwald — 3.1854

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Nro. 24 (19. Novbr.)
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https://doi.org/10.11588/diglit.57396#0098
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ihrer ruhigen Lage gebracht (wird abgelcnkt) und kann
eine mit dem Draht rechtwinkelige Richtung annehmcn,
indem sie in der Art der Weiser einer Uhr oder auf
entgegengesetzte Art ihren Pol nördlich wendet, je nachdem
der elektrische Strom über ihr von Nord nach Süd, oder
von Süd nach Nord zieht. Sobald der Strom unter-
brochen wird, nimmt die Nadel ihre ursprüngliche, mit
dem Draht parallellaufende Richtung wieder ein. Es ist
klar, daß, wenn der im Drahte circulirendc Strom,
dem Spiel systematischer Mittheilungen und Unterbre-
chungen unterworfen wird, und man ihn auf einer der
Stationen bald nach dieser, bald nach einer andern
Richtung wendet, dann auch die Magnetnadel, welche
sich auf der andern Station befindet, sich abwechselnd
und immer den rechten Winkel mit dem Draht beobach-
tend, bald nach Rechts, bald nach Links drehen wird,
je nach den Bedingungen, ob er links- oder rechtsläufig,
oder ganz unterbrochen ist. Zieht man zwischen zwei
Stationen mehrere solche Drähte und wirkt demnach
auf zwei oder eine größere Anzahl Nadeln, so können
die Bewegungen dieser Nadeln auf unendliche Art ge-
deutet werden, wenn man darüber übereinkommt, daß
diese oder jene Lage derselben an sich und gegeneinander
dies oder jenes Sprachlichen vertreten soll. Man begreift
daher, wie man durch Vermittelung eines Beamten Buch-
staben und Zahlen von einer Station der andern mit-
theilen kann. Da es nun scheint, daß es keine Grenzen,
weder der Entfernung, gibt, in welche man den elektri-
schen Strom leiten könne, noch der Zeit, die erforderlich
ist, eine Mittheilung ron einer Station zur andern zu
wachen, so geht daraus hervor, daß, wenn man nur
einen isolirten Draht zwischen zwei Punkte zu legen im
Staude ist, man immer, praktisch gesprochen, eine au-
genblickliche Mitthcilung zwischen ihnen unterhalten kann.
Dies ist das Princip, das bei der Construktion je-
ner Telegraphen als Grundlage diente, welche man mit
dem Namen Nadel- oder Zifferblatt-Telegraphen be-
zeichnet und deren Verschiedenartigkeit heutzutage sehr
groß ist. Bei dieser Vorrichtung jedoch erfordert die
Auslegung der Zeichen und ihre Ucbermittelung eine
ziemlich lange Uebung, und häufige Irrungen können
statlfinden. Ucberdieß ist cs nöthig, daß auf jeder Sta-
tion ein geübter Beamter angcstcllt sei, um die Depesche
vorzubereiten, zu übermitteln und auszudeuten. Aus die-
sen Gründen hat man darnach getrachtet, und zwar,
wie zugegeben werden muß, mit vielem Erfolg, den

Beamten dadurch zu ersetzen, daß man die Depesche nicht
bloß durch den Telegraphen übersendet, sondern auch
geschrieben oder gedruckt übermittelt. Auf zweien Wegen
ist man zu dieser Verbesserung gelangt, und wenig Worte
werden hinreichen, sie begreiflich darzustellen.
Wenn ein Draht, längs dem sich ein elektrischer
Strom bewegt, spiralförmig um einen Stab von wei-
chem Eisen gewunden wird, so nimmt dieser Stab für
die ganze Zeit der Circulation des elektrischen Stromes
magnetische Eigenschaften an, verliert aber dieselben,
und tritt fast in demselben Augenblick, wo der Strom
unterbrochen wird, in seinen natürlichen Zustand zurück.
Wird nun der elektrische Strom, wie schon oben be-
merkt, in Zwischenräumen von verschiedener Zeitdauer
in Circulation gesetzt und unterbrochen, so wird auch
der Stab seine magnetische Kraft abwechselnd in den
gleichen Zwischenräumen annehmcn und wieder verlieren.
Nimmt man nun an, daß eine Stahlschrcibfedcr in die
Nähe dieses Stabes von weichem Eisen gebracht wird,
so daß sie von demselben, wenn sie ihre magnetische
Kraft erlangte, angezogen, wenn sie diese verlor, aber
wieder abgestoßen wird, so begreift man, daß diese Fe-
der in vollkommener Uebercinstimmung mit dem Spiel
des elektrischen Stromes emporgehoben und niedergelassen
werden kann. Wird nun unter die Spitze der Feder ein
Blatt Papier ausgcbreitet, welches sich langsam und
ununterbrochen unter derselben bewegt, so wird dieselbe,
abwechselnd auf das Papier gedrückt oder von demselben
abgehoben, Linien von verschiedener Länge und in ver-
schiedenen Entfernungen in genauer und treuen Ueber-
einstimmung mit dem Spiel des Stromes auf das Pa-
pier zeichnen. (Fortsetzung folgt.)
Die Spitzen-Industrie,
deren Bedeutung oft unterschätzt wird, beschäftigt nur in
Frankreich 235,000 bis 240,000 und in Belgien circa
95,000 Arbeiterinnen. Sie gewährt dort bei ganz un-
bedeutenden Vorauslagen große Summen von Arbeits-
löhnen, insofern der Werth des Rohmaterials zu dem
des Fabrikatas ungefähr wie 7 zu 100 sich stellt. Die
zur Arbeit erforderlichen Geräthe und Werkzeuge, welche
in der Regel den Arbeiterinnen gehören, erfordern eine
ganz geringe Vorauslage, etwa 2 fl. In Betracht, daß
die Spitzen-Fabrikation öfter die einzige einträgliche Be-
schäftigung der großen Zahl der mehr auf dem Lande,
als in den Städten lebenden Arbeiterinnen ist, daß sie
 
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