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Geymüller, Heinrich; Geymüller, Heinrich [Hrsg.]; Durm, Josef [Hrsg.]
Heinrich von Geymüllers nachgelassene Schriften (Heft 1): Architektur und Religion. Anh.: Biographische Notiz und Bibliographieder Werke und Aufsätze des Verfassers — Basel, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.43491#0040
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Die römifche Architektur ifi durch diefes Bündnis die
Grundlage der frühchriniichen Architektur beider Hälften des
Römerreichs geworden; ohne fie hätte es vielleicht nie einen
romanifchen noch einen gotifchen Stil gegeben.
Die Trümmer der römifchen Baukunft waren die Schule,
in welcher die Barbaren allmählich das Alphabet lernten, um
ihre eigene Gelchmacksrichtung auszudrücken.
Infolge des Unterganges unzähliger Denkmäler ifi es heute
kaum möglich zu tagen, welchen Anteil die Griechen felblt
an der Schöpfung des römifchen Stils nahmen, oder ob der
lefetere am Ende nicht ganz ihr Werk war. Manche Eigen-
fehaffen der etruskifchen Kunft und andere der römifchen dürften
leiderer Anficht eine Berechtigung verleihen. Mit Sicherheit
darf eine künftlerifche veredelnde Erziehung Roms durch die
Griechen angenommen werden.
Jedenfalls foll man nicht, wie fo häufig gefchieht, die
Leillungen Roms im Vergleich zu rein griechifchen unter-
fchäfcen. Wäre die römifche Architektur nicht als Forffefcung
der griechifchen gekommen, fo hätte diefe ohne die fpätere
Bereicherung der Welt lange nicht die Dienfie geleiftet, die
wir kennen.
Hat die römifche Architektur auch nicht mehr die un-
mittelbare jugendliche Frifche des Lebens, die jugendliche
Eleganz der älteren griechifchen Schweller, fo hat fie doch
Eigenfchaften entwickelt, die fpäfer nie mehr erreicht wurden.
Sie verdankt dies dem forgfältigen Feflhalten und der Aus-
bildung der Ordnungen, fowie dem Adel und der Schönheit,
mit welchen fie die Formen durchdringt, und dem Geilte monu-
mentaler Hoheit, mit welchem fie an die LöTung ihrer Auf-
gaben herantritt.

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