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Ginter, Hermann
Birnau am Bodensee — Augsburg, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.23863#0034
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im Büßergewand, eine hagere Aszetengestalt, die mit dem Finger
hinunter auf den Altartisch deutet und dem Worte „Sehet das Lamm
Gottes, welches hinwegnimmt die Sünden der Welt" eine charakte-
ristische Prägung mitgibt. Nebenan ein Putlo mit dem Lamm. Mit
wenig Motiven wird die Wüste angedeutet. Eine der wohlgelungen-

Abb. 8 sj-en Schöpfungen Feuchtmayers ist die Gestalt des Evangelisten
Johannes auf dem Altar gegenüber. Groß und edel in der Haltung,
überzeugend den Augenblick wiedergebend, in dem der Heilige in
wundervollen Gesichten die Frau der Apokalypse schaut, die Gözens
Pinsel in der Kuppel über ihm darzustellen suchte. Daneben Putto
mit Adler, des Johannes Symbol.

Abb. 9 Kern und Stern der ganzen Innenausstattung ist der Hochaltar.
Wie alles, Farben und Linien, dorthin zieht und führt, wo das Wall-
fahrtsbild, der Mittelpunkt der Kirche, seinen Sitz hat, haben wir
bereits gesagt. Mit prächtigem Anpassungsvermögen ist der Altar-
umbau in den Altarraum hineingefühlt. Die Form der halbrund sich
ausbuchtenden Nische nimmt er auf. Seine Gliederung schreitet vor
bis zur Vorderkante des Altartisches, seine Bekrönung wiederholt
das Streben des Deckengewölbes. So wird Altartisch und Gnaden-
bild wundervoll umschlossen von einem Gefüge, das Schutz- und
Prunkmantel zugleich ist. Ein wuchtiger Unterbau trägt die kapri-
ziöse Kuppelung von Säulen und Pilastern. Auf ihr und dem rund-
bogig abschließenden Rahmen der Altarrückwand ruht die reich ge-
gliederte Bekrönung, teils kronenartiger Reif, teils deckende Wöl-
bung. Die Erinnerung an den Hochaltar der Franziskanerkirche im
benachbarten Überlingen klingt hier sehr stark an. Auch in den
Engelsgestalten, welche den Oberteil bis zum Obelisk und Stern in
höchster Höhe bevölkern. Mit viel Geschick betonen zwei Figuren-
paare die Tiefenwirkung des Altarmantels: Joachim und Anna,
Zacharias und Elisabeth. Ihre weiße Tönung erhöht die eben ge-
nannte Bedeutung. Der Ausdruck ihrer Affekte zeigt eine reiche
Skala in wirkungsvoller Gegenüberstellung. An das Publikum wendet
sich Joachim mit seiner Haltung, beteuernd die Hand auf der Brust;
aufwärts, zu Gott, weist Anna, die Gestalt gegenüber, mit der eigen-
artigen Stellung ihrer Hand und dem in seliger Verzückung nach
oben gerichteten Gesicht. Beschwörend erhebt dahinter Elisabeth
ihre Hand, wie Joachim wieder mit dem Publikum sich verbindend,
Abb. 14 während Zacharias mit dem Rauchfaß sich zu feierlicher liturgi-


 
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