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Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst [Hrsg.]
Die Graphischen Künste — 22.1899

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Schölermann, Wilhelm; Berlepsch-Valendas, Hans E. von; Hevesi, Ludwig: Die Jahresmappe der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst 1899: Emil Orlik, Fritz Burger, Felician Freiherr von Myrbach, Hermine Laukota, Friedrich Kallmorgen, Gustav Bamberger, Wilhelm Laage, die Bildstickereien der Frau Henriette Mankiewicz
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https://doi.org/10.11588/diglit.4071#0095
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illustrirten Bücher nachgerade gefallen
waren, kam von dem leidigen Cliche-
unfug her, der den ganzen Globus
umspannte. Das Ausschroten ein und
desselben Illustrationsmaterials in
ungezählten Büchern des nämlichen
Verlags brachte alles, was wie Bild
aussah, in Verruf. Selbst kunst-
geschichtliche Werke behalfen sich
mit nichtssagenden Abklatschbildern
gewöhnlichster Sorte. An was für
Abbildungen musste sich etwa die
Lübke-Zeit die Augen üben, das heisst
verderben! Die Tafeln in Overbecks
»Geschichte der griechischen Plastik«
galten schon als grosser Fortschritt.
Aber auch jetzt noch, wo die
bequemen Techniken der Verviel-
fältigung das Illustriren verhältnis-
mässig leicht und billig machen, sind
selbst Werke wie die von Perrot und
Chipiez oder von Collignon (nament-
lich der zweite Band) durchaus nicht
tadellos. Immerhin steht man heute
hoch über einer Zeit, die leider selbst
jetzt noch als halbvergangene be-
zeichnet werden muss. Dass auch
der eigentliche Weihnachtsverlag, der
sich ein mehr künstlerisches Air gibt,
stark compromittirt ist, weiss Jeder,
der einen Blick auf die sogenannten
»Prachtwerke« des Büchermarktes
wirft. Der geistlos fleissige Fabriks-
betrieb muss noch weit gründlicher
überwunden werden, als bisher geschehen, und zwar bis in die billigen Ausgaben hinein. Die
Engländer, in denen der Geist Morris' noch fortlebt, haben mit solchen das meiste Glück gehabt.
Sie wissen es am besten, dass die kleinen Formate im modernen Hause den Ausschlag geben müssen;
in bürgerlichen Stuben von Voysey, Newton, Bailie Scott, wo für Überflüssiges kein Raum ist und
ein Buch kein umständliches Möbelstück sein darf. Der Engländer, der von einem Bettpfosten
noch etwas abhobelt, weil dort, wo überflüssiges Holz ist, nothwendige Luft sein kann, weiss
auch genau, wem er die Bibliotheks- und Musealformate zudenkt.
Aus allen diesen Gründen ist für die Illustration jetzt eine gesündere Zeit angebrochen. Sie
hat sich vor allem, wie ja alles Andere auch, specialisirt. Die einzelnen Talente suchen sich
den Stosfkreis, für den sie geboren sind. Reinicke wird keine Compton'schen Gletscher zeichnen


Holzschnitt ans »Tolla« von E. Abont. Verlag Hackette, Paris.
 
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