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Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst [Editor]
Die Graphischen Künste — 22.1899

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Schölermann, Wilhelm; Berlepsch-Valendas, Hans E. von; Hevesi, Ludwig: Die Jahresmappe der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst 1899: Emil Orlik, Fritz Burger, Felician Freiherr von Myrbach, Hermine Laukota, Friedrich Kallmorgen, Gustav Bamberger, Wilhelm Laage, die Bildstickereien der Frau Henriette Mankiewicz
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https://doi.org/10.11588/diglit.4071#0096
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und Walter Crane kein
Gibson'sches Logenpubli-
cum. Früher ging das Alles
in einem, denn von der Natur
machte man ohnehin nur
sehr wenig Gebrauch; man
arbeitete das Meiste mit
Routine, und die Hand-
schrift, auf die das moderne
Auge so grossen Wert legt,
gab ja ohnehin der Holz-
schneider her. So und so
schnitt man bei Closs, so
und so bei Brend'amour, so und so bei Pannemaker, und
zwar Alles ohne Ausnahme. Und gelegentlich nannte man das
sogar Facsimile. Jetzt ist der Tag des wirklichen Facsimile
gekommen. Das Temperament jedes einzelnen Künstlers wird
auf mechanischem Wege naturgetreu auf das Papier projicirt.
Man sieht sein Auge, seinen Pulsschlag, seinen Gesundheits-
zustand, und zwar selbst in den billigsten Publicationen. Die
Ahnung der Künstlerseele ist für jeden erschwinglich
geworden. Welchen Wert das hat, und zwar auch für den
Künstler, lehrt ein Blick — sagen wir, in Daudets »Tartarin sur
les Alpes«. Mehrere Hände haben das Büchlein illustrirt, aber
man braucht gar nicht nach dem kleinen »Mh« oder »Mch« in
der Ecke auszulugen, die Myrbach'schen Beiträge erkennt man
schon von weitem an der coloristischen Überlegenheit und
ausgiebigen Fleckenwirkung, die trotz des kleinen Formats
eine das Auge gleichsam sättigende Grösse hat. Oder man
schlage das grosse Buch: »Souvenirs du capitaine Parquin«
auf. Die ersten Capitel sind von Myrbach illustrirt. Das ist ein
förmliches Kaleidoskop von Talent. Mit erstaunlicher Viel-
seitigkeit hintereinander Paraden, Schlachten, ein Deflle von
Mameluken, ein Hofball mit strahlenden Kronleuchtern und
Toiletten, ein duftiges Waldinneres mit einem Odercanal und
Fahrzeugen darauf, ein Einmarsch in Berlin durch das Brandenburger Thor. Und Alles mit gleicher
Lebendigkeit der Ausfassung, mit gleicher Schneidigkeit der Bewegung, Auge und Hand immer
zum Neuen bereit, sei es ein Nebeleffect, sei es ein ungewohntes Costüm (wie die Spreewälderinnen
im Publicum jenes Einzugs oder die Asfublements der Mameluken). Und Alles gleich farbig gesehen
und behandelt, mit der schwimmenden Weichheit des Aquarellisten, dem aber pikante Pointen in
Licht und Schatten aus allen Fingern sprühen. Man staunt und ist amüsirt. Man blättert gespannt
weiter, was denn nun für eine neue Nuance dieses nuancenreichen Talents kommen werde. Und
dann ist plötzlich Myrbachs Abschnitt zu Ende, und es folgt die von Dupray illustrirte Partie. Sofort
sinken sämmtliche Figuren arleichsam unter das Militärmass hinab, sie werden kurz und untersetzt,

»Plus de sang.'" Nach einem Holzschnitte aus
„Oeuvres completes de Fr. Coppee*. Verlag
Lemerre, Paris.


 
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