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95

F. Schmutzer

Originalradirung

FERDINAND SCHMUTZER.

»Wenn Familien sich lange erhalten, so kann man bemerken, dass die Natur endlich ein
Individuum hervorbringt, das die Eigenschaften seiner sämmtlichen Ahnherren in sich begreift und
alle bisher vereinzelten und angedeuteten Anlagen vereinigt und vollkommen ausspricht.« An
diese Worte Goethes, mit denen er seine berühmte Charakteristik Voltaires einleitet, fühlen wir
uns unwillkürlich erinnert, wenn wir die merkwürdige Thatsache ins Auge fassen, dass der
junge Künstler, dem die vorliegenden Zeilen gewidmet sind, einer zwei Jahrhunderte alten Wiener
Familie entstammt, deren männliche Sprossen insgesammt Bildhauer oder Maler oder Kupfer-
stecher gewesen sind. Dies ist doppelt merkwürdig in Wien, wo in den seltensten Fällen ein
Geschlecht die dritte Generation überdauert; die Kurzlebigkeit der Familien in unserer Stadt ist
schon einem Aeneas Sylvius aufgefallen.

Ferdinand Schmutzer wurde am 21. Mai 1870 zu Wien geboren. Sein Vater, gleichen Vor-
namens, hat sich als Thierbildhauer durch tüchtige Arbeiten den Kunstfreunden aufs beste
bemerkbar gemacht. Der junge Schmutzer, anfänglich auch zum Bildhauer bestimmt, war kurze
Zeit in der Schule des feinsinnigen August Kühne; allein, da ihn das Zeichnen und Malen mehr
anzog, vertauschte er bald dessen Unterricht mit dem Macholds. Durch diesen nach Kräften
gefördert, bezog er noch vor dem gesetzlichen Alter die Wiener Akademie. Während der vier
 
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