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Ganzes zu geben vermag, sich selbst und der Natur: In Schleißheim, in Jagstfeid am Neckar, auf
der Insel Reichenau und 1894 bis 1895 in Worpswede gehörte er zu der Schar der jungen
Eroberer, die damals in emsiger Sommerarbeit ein Stück nach dem andern von der vielgestaltigen
Schönheit unserer deutschen Landschaft wieder auffinden halfen. Wenn ihn dabei auch das
Kulturgeschichtliche, das Schildern von Land und Leuten, von Volkstrachten und originellen
Bauernhaustypen nicht wenig interessierte, wenn er auch manche reizende Charakterstudie
davon notierte, so hatte Ubbelohde doch den guten Geschmack, dergleichen nur für illustrative
Zeichnung oder für Gelegenheitsblätter zu verwenden. Seine radierten Hauptblätter sind von
diesem lokalen Interesse unabhängig. — Nach allerhand Streifzügen in den Tälern seiner
hessischen Heimat ließ er sich dann in dem nahe bei Marburg gelegenen Goßfelden nieder, um
für sich allein ein Worpswede nach seiner Neigung zu haben. Es ist ein einfacher Bauernort,
zerstreute Fachwerkbauten bilden die Gehöfte, Obstbäume und Pappeln stehen dazwischen,
Gänseherden beleben die Wiesen und Wege; ruhige einfache Linien begrenzen den Horizont.
Gerade das fesselt den Künstler: große ruhig verlaufende Hauptlinien der Landschaft, in der
einsame Baumgruppen oder bewaldete Hänge mit ihrer kompakten Masse der Laubkronen oder
schwere Luftstimmungen so eigen und stark wirken, oft so zauberhaft neu das Auge gefangen
nehmen.

Es waren wenige Gemälde, die aus diesen Motiven entstanden, Ubbelohde fühlte sich mit
Stift und Feder viel mehr in seinem eigenen Bereich, und wenn er malte, geschah es vielleicht oft
mehr, um nicht ganz aus den Listen der offiziellen Ausstellungen zu verschwinden und den
Zusammenhang mit seinen Malerkollegen zu verlieren. Hundertfältig war die Verwendung, die
er bald für seine Zeichnungen fand; für Illustration und Buchschmuck, für Postkarten, Exlibris
und andere Gelegenheitsblätter lieferten sie Klischeevorlagen in Menge. Am liebsten bedient er
sich dabei der Feder und er weiß sie mit einer solchen ausdrucksvollen Lebendigkeit des Striches
zu handhaben, daß man schon da den Radierer überall herausfühlt. Die frisch und scharf
charakterisierten hessischen Bauerntypen in einer Folge von Postkarten und die Kopfstücke zu
dem Werke »Bremen und seine Bauten« 1900, die er aus den Landschaftsmotiven der Weser-
niederung und der nächsten Umgebung Bremens nahm, sind aus der großen Masse ähnlicher
Arbeiten vielleicht sein Bestes.

Nach ersten Versuchen unter Anleitung seines Ohms William Unger begann Ubbelohde seinen
Werdegang als Radierer, unterstützt von Meyer-Basel in München 1894. Vedutenartig wie die
meisten der Motive, die dieser von der Reichenau und vom Oberrhein in seinen Blättern geradeso
wie in seinen klein und fein durchgearbeiteten Gemälden gegeben hat, sind auch die Mehrzahl
von Ubbelohdes frühen Arbeiten aufgefaßt, die seitdem einzeln oder in der Münchener Vereins-
mappe erschienen. Es gibt da ein großes Blatt von ihm mit einer Ansicht der Höhenzüge, die den
Hohentwiel umschließen; zwei und drei Gründe von langgezogenen Bergrücken schieben sich
kulissenartig hintereinander; man sieht unzählige Einzelformen; in der Natur ist der Eindruck dieser
weithin gelagerten Massen wohl von mächtiger Wucht, aber für die Zeichnung ist er viel zu groß.
Die Künstlerhandschrift, selbst wenn sie damals schon ganz ausgeprägt gewesen wäre, hat keinen
Raum, wo sie ihre Züge spielen lassen kann; das Ganze atmet etwas die trockene Sachlichkeit
einer Photographie. Auch das starke Betonen gemäldemäßiger Wirkung macht noch den Eindruck
des Unfreien. Was Ubbelohde damals wollte, hat Meyer-Basel mit seinem sonnigen Realismus,
der subtilen Finesse seiner Nadel, seinem sicheren Geschmack im bildmäßig wirksamen Begrenzen
seiner Motive besser erreicht. Seitdem sind seine radierten Blätter Schritt für Schritt heraus-
 
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