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geschult und immer lernend, freudig und voll Verständnis jede neue
kraftvoll eigenartige Erscheinung des modernen Schaffens begrüßend,
stand er, da er berufen ward, bestimmend in das Kunstleben des Vater-
landes einzugreifen, der rechte Mann an der rechten Stelle.

Er war kein Stürmer und Dränger, er hatte starke konservative
Neigungen auch in der Kunst, allem Überschwang, allem Experimentieren,
allem sprunghaften Vorwärtseilen war er abhold. Aber wie er als gründlich
gebildeter, freisinniger Mann in Wissenschaft und Literatur jedes ernste
Ringen nach erweiterter Erkenntnis mit herzlicher Freude begrüßte, so trat
er bei all seiner starken, tief begründeten Liebe zum guten Alten auch in
der Kunst den Forderungen und Ausdrucksweisen einer neuen Zeit nicht
entgegen. Wo er tüchtiges Können, seiner selbst sicheres Wollen
erblickte, war er stets voll Teilnahme und gerne bereit; anzuerkennen und
zu fördern.

Diejenigen, welchen die unmittelbare Führung der administrativen,
wissenschaftlichen, künstlerischen Geschäfte der Gesellschaft anvertraut war,
hat er nie gehindert, das zu tun, was sie für recht hielten und wofür sie mit
ihrem Namen die Verantwortung trugen. Er faßte sein Amt weder rein
repräsentativ und dekorativ, noch in dem Sinne auf, daß er hätte immer
steuern und alles beeinflussen wollen. Aber er interessierte sich für alles,
wußte von allem, kümmerte sich um alles, ließ sich berichten und auf-
klären, wohl auch belehren, und hörte jeden, der hiezu berufen war, mit
Wohlwollen und jener einsichtsvollen liebenswerten Geduld und Zartheit
an, die so recht zu seinem Wesen gehörten. Er war voll Edelsinn und
Herzensgüte, von weichem Gemüte, in seiner stillen zurückhaltenden Art
ein Enthusiast für alles Gute und Schöne. Diese Sensibilität, gepaart mit
der durchsichtigen Lauterkeit seines Charakters und jenen weltmännischen
Formen, die man oft fälschlich höfische nennt, umgaben alles, was er tat
und wirkte, mit einer Anmut, die ihm bis ans Lebensende eigen blieb.
Stolzes und herrisches Wesen war ihm fremd und zuwider, nie hat jemand
 
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