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Auflockerung der Form schon
auf die spätere Entwicklung ei-
nes Mola, Testa und selbst Ca-
stiglione hin.

Diese letzte Ausdrucksform der
Cavedonischen Zeichnungen bil-
det die notwendige Voraussetzung
zum Verständnis jener Werke,
welche recht eigentlich das Inter-
esse an der Malerei des Künstlers
und seinen Ruf begründet haben:
der hl. Alö in der Pinakothek
und die seitlichen Wandbilder
der Arrigoni-Kapelle in S. Paolo.
Hier zeigt es sich, daß der Mei-
ster, wenn er sich rückhaltlos
seinem künstlerischen Instinkt
überließ, zu bedeutenden Leistun-
gen fähig war. Eine Art Wahl-
verwandtschaft führt ihn zu
den Venezianern hin. In den in
farbiger Schönheit erstrahlen-
den Gewandpartien des hl. Alö
rauscht das malerische Leben in
festlich frohem Reichtum auf wie
sonst bei keinem anderen Rolog-
nesen der Zeit, und die purpur-
farbige Dalmatika des knienden
Rischofs leuchtet in der gedämpf-
ten Glut eines alten Kirchenfen-
sters. Hier verbinden sich Farbe,

Ausdruck und Rewegung zu einer stillen, tief innerlich empfundenen Huldigung Venedigs.

Der Arbeit an diesem Meisterwerk verdanken wir eine der schönsten Zeichnungen des Mei-
sters, die Kreidestudie zum hl. Alö in den Uffizien (Nr. 804 Esp. — Abb. 18). Die Klippe
der Oberflächlichkeit und Äußerlichkeit, an welcher der Künstler so manchmal gescheitert,
ist glücklich umschifft. Die gleißende Pracht des schweren Rrokatstoffes ist ebenso sicher zur
Rildanschauung erhoben wie das wundersame Weben des Lichtes auf den Faltenkämmen und
dis schwere Herniederfallen der Gewandmassen auf den steinernen Sockel, auf welchem der
Heilige kniet. Hier erhebt sich die Zeichnung Cavedonis zu einer absoluten Höhe und läßt
den Verlust doppelt schmerzlich empfinden, den die bolognesische Malerei im entscheidenden
Augenblick ihrer Entwicklung zu Reginn des Seicento durch das allmähliche Versagen und
völlige Ausscheiden des Meisters erlitten hat, der wie kein zweiter befähigt gewesen wäre,
die durch Guido Reni und Domenichino ihrem malerischen Ideal entfremdete Malerei Rolognas
ihrem eigentlichen Ziele wieder zuzuführen.

18. Cavedoni, Studie zum hl. Alö. Florenz, Uffizien

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