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Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst [Editor]
Die Graphischen Künste — N.F. 7.1942-1943

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Bergsträszer, Gisela: Der Meister der Karlsruher Passion und der Meister der Gewandstudien
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Winkler, Friedrich: Der Baseler Ambrosius von 1492
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https://doi.org/10.11588/diglit.6998#0019
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stärken in dem Gedanken, daß der „Meister der Gewandstudien" ein oberrheinischer Künstler
war; die vielen Blätter nach dem Meister der Karlsruher Passion regen sogar die Vermutung
an, daß es sich bei dem Künstler um einen Schüler dieses Meisters handelt. Der Vergleich der
Kopien mit den Originalen gibt manchen Aufschluß über die Art des Zeichners. Er ist, das
merkt man immer wieder, sehr genau und sorgfältig. Meist behält er den Stil der Zeit, in der
das Vorbild entstand, auch in der Faltengebung völlig bei. Freier verfährt er in der Anord-
nung der Szenen, die er aus dem Zusammenhang nimmt und beliebig nebeneinander ordnet.
Er scheut sich auch nicht, einzelne Gruppen aus dem Bild herauszunehmen und, wie sie ihn
gerade interessieren, festzuhalten. Ein Großteil seiner Zeichnungen sind sehr genaue Kopien,
die es, rechnet man mit den Eigentümlichkeiten des Künstlers, möglich machen, verlorene
Kunstwerke zu rekonstruieren und damit manche Lücke der Kunstgeschichte, insbesondere
der elsässischen, zu überbrücken. Zugleich sind diese Zeichnungen ein interessanter Beitrag
zum Werkstattbetrieb des späten 15. Jahrhunderts.

FRIEDRICH WINKLER / DER BASELER AMBROSIUS VON 1492

Im selben Jahre 1492, in dem Dürers berühmte Erstlingsarbeit im Holzschnitt, das Titel-
blatt mit dem hl. Hieronymus (Abb. 1), in einer zweibändigen Ausgabe der gesammelten
Briefe des Heiligen erscheint, kommt ebenfalls in Basel der Holzschnitt mit dem hl. Ambro-
sius heraus (Abb. 2). Es ist auch ein für Baseler Drucke ungewöhnlich großes Titelblatt und
in Format und Gegenstand der Darstellung Dürers Holzschnitt so nah verwandt, daß irgend-
eine Beziehung zwischen beiden bestanden haben muß. Wie soll man sie erklären? Die einen
haben, noch in allerjüngster Zeit, Dürer den Entwurf zugeschrieben1, die anderen haben be-
hauptet, der Ambrosius-Holzschnitt sei nicht nur als Gegenstück zum Hieronymus gedacht,
sondern auch gezeichnet worden, mithin doch wohl abhängig von ihm und wahrscheinlich
von einem unbekannten Beißer2. Wieder andere haben bald mehr, bald weniger entschieden
bestritten, daß irgend ein Stil Zusammenhang zwischen beiden bestände 3. In der Ansicht, daß
Beziehungen zwischen beiden Holzschnitten vorhanden seien, sind sich alle einig.

Um die Schwierigkeiten, die das Problem bietet, genau zu erkennen, ist es nötig, zu der
Grundfrage vorzudringen, die die verschiedenen Ansichten ausgelöst hat.

Es ist zwar nicht oft ausgesprochen und noch seltener begründet worden, daß der Hiero-
nymus Dürers innerhalb der Baseler Holzschnittproduktion trotz gewisser Mängel etwas voll-
kommen Neues und recht Wichtiges darstellt, doch ist es wohl von allen gefühlt worden, die
über den Holzschnitt geschrieben haben. Ich will und kann hier nicht näher darauf eingehen.

1 Pauli (Kunstchronik 1921 Nr. 26), Röttinger (Dürers Doppelgänger II, 28), Flechsig (Dürer I 307), Meder
(Dürerkatalog Nr. 220). Flechsig hat sogar Dürers Autorschaft nach seiner Weise in eingehenden Erörterungen
äußerst positiv verfochten. Im Verzeichnis der Werke Dürers, das erst ein paar Jahre später dem Schluß des
2. Bandes angehängt wurde und dem eine der schärfsten Kritiken gegen die Verfechter der Ansicht, daß Dürer
in Basel Bücher illustriert habe, vorausging, hat Flechsig aber Angst vor der eigenen Courage gekriegt und seine
so wichtige Zuschreibung ignoriert. Es ist ein wahres Glück, daß ihm selbst das passiert ist, der streitbare Ver-
fasser wäre mit jedem anderen, der so verfahren wäre, nicht schlecht umgesprungen.

2 Roemer in Jahrb. d. preuß. Kunstsamml. Bd. 48 S. 170. — W. Kurth (A. D., Sämtliche Holzschnitte S. 12)
teilt offenbar diese Ansicht, doch möchte er vermutlich noch weniger als Roemer die Möglichkeit der Urheber-
schaft Dürers am Ambrosius völlig ausschalten. Beider Stellungnahme wird nicht ganz klar.

3 H. A. Schmid (Repert. f. Kunstwiss. 16, 140), Weisbach (Meister d. Bergmannschen Offizin S 7), Geis-
berg (Gesch. d. dtsch. Graphik vor Dürer S. 143, mit Abbildung). Von Kurth (Dürers sämtl. Holzschnitte) und
Wmkler (Dürer, Klass. d. Kst. 4. Auflage) ist der Holzschnitt nicht ins Werk Dürers aufgenommen worden.

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