Er kann die Tür der Weisheit auftun und ihr seine Verbeugung
machen, er ist niemals die Weisheit selbst.
Am Ende des 18. Jahrhunderts gelangte der Begriff mit ganz neuer,
wiederum verschiedener Färbung unter dem Namen Schöngeistig-
keit und mit dem Spitznamen Schöngeisterei behaftet, nach Deutsch-
land.
Bei den Engländern gedieh er in Gestalt des wit und gelangte mit
der Zeit zu großer Bedeutung. In dieser englischen Färbung wurde
der Witz von den Philosophen erklärt als das Vermögen, Analogien
zu erfassen zwischen Dingen, die scheinbar nichts miteinander
gemein haben.
Teils im Ernst, teils im Scherz ersetzte im Zeitalter des Esprit die
Freude an überraschenden Ähnlichkeiten, als ein ästhetisches Schau-
gefecht des Geistes, die Freude an der Allegorie.
Zeno der Stoiker hatte die Dialektik als eine Gestalt mit ge-
schlossener Faust, die Rhetorik aber als eine solche mit freundlich
offener beweglicher Hand geschildert. So verfuhr der ingegno und
gleicht der lebhaft mitsprechenden Hand des Südländers, die tau-
senderlei Arten des Ausdrucks kennt und das ganze Wesen der Rede
pantomimisch begleitet. Die Gebildeten waren ästhetisch befriedigt
von dieser überraschungsreichen Lebendigkeit, von den sogenannten
vivezze, concetti und sonstigen spielerischen Ausläufern einer Denk-
disziplin, die sich schließlich vom Feinen in das allzu Kleinliche
verlor.
Allein das Wort ingegno sollte noch einen bemerkenswerten Sproß
erzeugen, der vom 17. Jahrhundert an steigende Bedeutung gewinnt
und während des 18ten endlich im Leben wie in der ästhetischen
Spekulation bis zum Mißbrauch als Modewort verwendet wird. Dies
ist der Begriff Genie. Ursprünglich wohl mehr von ingegno als dem
lateinischen Wort genius abgeleitet, galt das Genie als Zeichen
natürlicher angeborener Fähigkeiten, sogenannter Anlagen, im Gegen-
satz zum Angelernten und Anerzogenen, dann nahm man es für
eine freie Gedankenrichtung im Gegensatz zu der von Regeln ein-
gezwängten.
In späterer Auffassung erscheint Genie mehr und mehr als Bezeich-
nung besonderer, erhabener geistiger Schöpferkraft. Genial oder
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machen, er ist niemals die Weisheit selbst.
Am Ende des 18. Jahrhunderts gelangte der Begriff mit ganz neuer,
wiederum verschiedener Färbung unter dem Namen Schöngeistig-
keit und mit dem Spitznamen Schöngeisterei behaftet, nach Deutsch-
land.
Bei den Engländern gedieh er in Gestalt des wit und gelangte mit
der Zeit zu großer Bedeutung. In dieser englischen Färbung wurde
der Witz von den Philosophen erklärt als das Vermögen, Analogien
zu erfassen zwischen Dingen, die scheinbar nichts miteinander
gemein haben.
Teils im Ernst, teils im Scherz ersetzte im Zeitalter des Esprit die
Freude an überraschenden Ähnlichkeiten, als ein ästhetisches Schau-
gefecht des Geistes, die Freude an der Allegorie.
Zeno der Stoiker hatte die Dialektik als eine Gestalt mit ge-
schlossener Faust, die Rhetorik aber als eine solche mit freundlich
offener beweglicher Hand geschildert. So verfuhr der ingegno und
gleicht der lebhaft mitsprechenden Hand des Südländers, die tau-
senderlei Arten des Ausdrucks kennt und das ganze Wesen der Rede
pantomimisch begleitet. Die Gebildeten waren ästhetisch befriedigt
von dieser überraschungsreichen Lebendigkeit, von den sogenannten
vivezze, concetti und sonstigen spielerischen Ausläufern einer Denk-
disziplin, die sich schließlich vom Feinen in das allzu Kleinliche
verlor.
Allein das Wort ingegno sollte noch einen bemerkenswerten Sproß
erzeugen, der vom 17. Jahrhundert an steigende Bedeutung gewinnt
und während des 18ten endlich im Leben wie in der ästhetischen
Spekulation bis zum Mißbrauch als Modewort verwendet wird. Dies
ist der Begriff Genie. Ursprünglich wohl mehr von ingegno als dem
lateinischen Wort genius abgeleitet, galt das Genie als Zeichen
natürlicher angeborener Fähigkeiten, sogenannter Anlagen, im Gegen-
satz zum Angelernten und Anerzogenen, dann nahm man es für
eine freie Gedankenrichtung im Gegensatz zu der von Regeln ein-
gezwängten.
In späterer Auffassung erscheint Genie mehr und mehr als Bezeich-
nung besonderer, erhabener geistiger Schöpferkraft. Genial oder
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