Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Göbel, Heinrich
Wandteppiche (I. Teil, Band 1): Die Niederlande — Leipzig, 1923

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.12244#0371
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Brüssel

lands und in der Schweiz die Krämerläden vielfach das 4* in Verbindung mit dem
Anker. Mit dem gleichen Recht kann man die als Warenzeichen nicht selten zu
beobachtende „Fahne" f=, das Hakenkreuz oder das x, das als Signierung des Leo
van den Hecke ausdrücklich angegeben wird, als «Handelsmarke ^ ansprechen. Wahr-
scheinlich stellt das 4 zunächst ein religiöses Symbol ähnlich wie auch das «f* dar, mit
dem es sich nicht selten zusammen findet 4> es wird später mehr oder weniger ge-
dankenlos mit der Namenschiffre kombiniert. Ob das 41 das Sonderzeichen für Wirk-
teppiche war, ähnlich wie # für Kaffee oder =# für Zucker, dürfte erst noch zu be-
weisen sein.

Die grundlegende kaiserliche Verordnung (1544) hält in vielen Punkten an den Richtlinien
des voraufgegangenen Jahrhunderts fest. Sie beschränkt „par ce que divers abuz se commet-
tent audict mestier et negociation,par ce que ledict mestier, stile et negociation,se use enlieux
non privilegez" das Recht des Wandteppichbetriebes auf die Städte Löwen, Brüssel, Ant-
werpen, Brügge, Oudenaarde, Alost, Enghien, Brüssel, Ath, Lille, Tournai und diejenigen
anderen Orte, in denen die Fabrikation obrigkeitlich ordnungsmäßig geregelt ist. Die
bloße Erwähnung einzelner Städte, wie Löwen oder Ath, in denen bislang nur spo-
radisch auftauchende Tapissiers nachgewiesen werden konnten, besagt noch nicht,
daß zur Zeit des kaiserlichen Erlasses tatsächlich dort zünftig zusammengeschlossene
Wirkerkolonien in nennenswertem Umfange vorhanden waren. Die Vorverhand-
lungen zu dem Edikte sind mit wenigen Ausnahmen nicht veröffentlicht bzwr. nicht
mehr verhanden. Jedenfalls ging der Kaiser oder die von ihm eingesetzte Kommission
gründlich zu Werke. 1539 überreichen die Wirkerzünfte von Enghien, Oudenaarde,
Brügge und Tournai ihre Satzungen; die von Brüssel dürfte schon ohne weiteres den
Herren bekannt gewesen sein. Am 3. Mai 1540 tritt der Rat von Tournai zusammen,
um über die von seiner Kaiserlichen Majestät gesandte Botschaft zu beraten „touchant
la tapisserie composee es pays de pardecha afin de y mectre ordre et police pour
eviter aux habus qui s'y comectent". Am darauffolgenden Tage werden die beiden
Delegierten, die Kaiser Karl zu der Brüsseler Schlußberatung erbeten hat, ernannt
und abgesandt (43). Am 26. Mai 1544 ist das bekannte Edikt nach mehr wie vier-
jähriger Vorarbeit fertiggestellt. Ähnlich wie in Tournai dürften auch die anderen
1539 zur Mitarbeit herangezogenen Städte Brüssel, Enghien, Oudenaarde und Brügge
an dem Zustandekommen des kaiserlichen Erlasses beteiligt gewesen sein. Daß die
kleinen Wirkerorte mit beratender Stimme ausgestattet waren, ist wenig wahr-
scheinlich.

Bei manchen Städten mag lediglich die Absicht zugrunde gelegen haben, die für den
Stadtsäckel finanziell günstige Bildwirkerei in ihre Mauern zu verpflanzen. Die kleineren
Orte beherbergten in der Regel nur Wirker, die vorwiegend in der Art der ländlichen
Betrieben arbeiteten und mit zu den schlimmsten Defraudanten gehörten; die sich
weder um zünftige noch um technische Vorschriften kümmerten. Der Erlaß richtet sich
im wesentlichen gegen den Mißbrauch der Signatur. Die Markenfrage wirbelte be-
reits zu Ende der zwanziger Jahre viel Staub auf. 1528 führt Brüssel den Sig-
nierungszwang für jeden Behang von mehr als sechs Quadratellen Inhalt ein. Die
Stadtmarke besteht aus zwei B — Brüssel in Brabant — und dem dazwischen ge-
setzten kleinen Schild: Boß- Während das amtliche Zeichen links in der schmalen,
unteren Wirkerkante anzubringen ist, trägt die rechte Ecke das Ateliermonogramm.
Jeder Meister und Geselle hat die von ihm geführte Marke den Geschworenen mitzu-
teilen; die Eintragung erfolgt in ein besonderes Kontrollbuch. Die Maßnahme richtet sich
in erster Linie gegen die unlautere auswärtige Konkurrenz. Werden fremde Teppiche
bei einem einheimischen Meister angetroffen, die die Brüsseler Signierung tragen, so
erfolgt die Konfiskation der Ware und ein einjähriger Ausschluß aus der Zunft. Das
kaiserliche Edikt baut den Musterschutz weiter aus; es sucht ferner eine reinliche
Scheidung zwischen Massenproduktion und Qualitätsarbeit zu erreichen. Wer Wir-
kereien zu einem Preise von acht brabantischen Patars die Quadratelle und teurer
fertigt, darf keine billigere Ware herstellen oder herstellen lassen. Ähnlich regeln ge-

21 Göbel, Waudteppiehe.

321
 
Annotationen