Brüssel
naue technische Vorschriften die bei kostbaren und gängigen Wandteppichen zu ver-
wendenden Rohmaterialien; die Normen sind ausführlich, sie entstanden auf Grund
längerer Sachverständigen-Gutachten.
Absatz 41 ordnet die Signatur, die für alle Wirkerorte Zwang wird, sobald es sich
um Teppiche mit einem Einheitspreise von 24 Patars und darüber handelt.
Auch die Zulassung der fremden Knapen, die Lehrlings- und Gesellenfrage über-
haupt, die 1527 die Köpfe erhitzte, findet eingehende Beachtung. Es wurde damals
bereits für den einwandernden „Knapen" ein Eintrittsgeld von 287s Sous, zuzüglich
der zwei Sous für die Unterhaltung des Sankt Barbaraaltars in der Saint-Gerykirche,
festgelegt,
Der eidliche Nachweis der ordnungsmäßig abgelegten Lehrzeit bestand schon von
altersher. Bezüglich der Lehrlingsausbildung hält sich das Edikt von 1544 an die
früheren Verordnungen. Es bleibt bei der Vorschrift, daß nur ein Lehrling und ein
lernender Meistersohn eingestellt werden darf. Die Lehrlingszeit beträgt auch weiter-
hin drei Jahre, ebenso behalten die übrigen Ordnungsvorschriften ihre Wirksamkeit.
Die Hechte und Pflichten der Gesellen erfahren keine durchgreifenden Neuerungen.
Die Bedeutung des Erlasses liegt weniger auf sozialem wie auf technischem Gebiete;
die Beibehaltung zum Teil bereits völlig überholter Zunftvorschriften verleitet zu
Übertretungen. Eine Reihe der bedeutenderen Wirkerorte wie Antwerpen, Gent und
Oudenaarde verweigern die Einführung oder machen Schwierigkeiten. Tatsächlich
wird im zweiten Drittel des 16. Jahrhunderts das Edikt im wesentlichen nur noch
hinsichtlich der Signierungs- und der Materialienvorschriften beachtet. Die ständigen
Zänkereien und Prozesse, denen wir bei der Besprechung der einzelnen Wirkerstädte
begegnen, erläutern besser als lange Ausführungen den oft schwierigen Übergang der
Zunft- in den Industriebetrieb, der sich fast bei jeder Manufaktur nach besonderer
Eigenart vollzieht.
Die Manufaktur des Jakob Geubels nimmt zu Beginn des 17. Jahrhunderts einen
beträchtlichen Umfang an. Teppiche mit der Marke unseres Wirkers, die in den Pro-
zeßakten mit Franz Sweerts mehrfach wiederkehrt, sind nicht selten. Ihre Qualität
ist in der Regel eine gute. Barbier de Montault benennt 1878 in den römischen
Sammlungen eine ganze Anzahl Behänge mit der Signierung des Jakob Geubels. So
birgt der Vatikan die Geschichte Jakobs und Josephs, ferner eine Historie des starken
Simson sowie verschiedene mythologische und historische Szenen. Meister Jakob
stirbt vor 1605. Seine Witwe Katherina van den Eynde führt die Manufaktur bis zu
ihrem Tode (1629) erfolgreich fort. Sie scheint eine selten geschäftskundige Frau ge-
wesen zu sein; vortrefflich verstand es Katharina, gute Beziehungen mit dem erz-
herzoglichen Hofe und den maßgebenden Kreisen zu halten. 1605 erwirbt der Regent
von ihr eine Geschichte des Josua mit 385 Quadratellen Inhalt zum Einheitspreise
von 19 Livres. Im gleichen Jahre folgt die umfangreiche Historie von Troja; 1607
liefert die Witwe dem Statthalter die „histoires de Polmona (Vertumnus und Po-
mona), Paris et Helena, destruction de Troie et jardinage". Die vier Folgen umfassen
9857^ Quadratellen, die Qualität kann bei einem Preise von neun Livres für die
Quadratelle nur eine mittelmäßige gewesen sein, sofern es sich nicht um ältere Teppiche
handelt, die Katharina im Weiterverkaufe billig losschlägt. Die Tatsache, daß Manu-
fakturen auch mit gebrauchten Folgen handeln, ist nicht befremdend. Wir finden
beim Durcharbeiten der älteren deutschen Belege recht oft Hinweise auf den Erwerb
derartiger Wirkereien. Der pekuniäre Grund ist immer der ausschlaggebende. Mehr-
fach weilen die Agenten der sächsischen Kurfürsten, der bayerischen Herzöge, der
erzherzoglichen Statthalter und anderer größerer und kleiner weltlicher und geist-
licher Fürsten in Antwerpen, um auf billige Folgen aus Privathand oder aus Händler-
besitz zu lauern, um sie dann ihren Auftraggebern mit mehr oder weniger Zwischen-
verdienst anzubieten.
1607 liefert „Catherine van den Eynde, vesve de feu Jacques Guebels, en son vivant
md tapissier ä Bruxelles" acht Teppiche mit der Geschichte der Kleopatra, insgesamt
322
naue technische Vorschriften die bei kostbaren und gängigen Wandteppichen zu ver-
wendenden Rohmaterialien; die Normen sind ausführlich, sie entstanden auf Grund
längerer Sachverständigen-Gutachten.
Absatz 41 ordnet die Signatur, die für alle Wirkerorte Zwang wird, sobald es sich
um Teppiche mit einem Einheitspreise von 24 Patars und darüber handelt.
Auch die Zulassung der fremden Knapen, die Lehrlings- und Gesellenfrage über-
haupt, die 1527 die Köpfe erhitzte, findet eingehende Beachtung. Es wurde damals
bereits für den einwandernden „Knapen" ein Eintrittsgeld von 287s Sous, zuzüglich
der zwei Sous für die Unterhaltung des Sankt Barbaraaltars in der Saint-Gerykirche,
festgelegt,
Der eidliche Nachweis der ordnungsmäßig abgelegten Lehrzeit bestand schon von
altersher. Bezüglich der Lehrlingsausbildung hält sich das Edikt von 1544 an die
früheren Verordnungen. Es bleibt bei der Vorschrift, daß nur ein Lehrling und ein
lernender Meistersohn eingestellt werden darf. Die Lehrlingszeit beträgt auch weiter-
hin drei Jahre, ebenso behalten die übrigen Ordnungsvorschriften ihre Wirksamkeit.
Die Hechte und Pflichten der Gesellen erfahren keine durchgreifenden Neuerungen.
Die Bedeutung des Erlasses liegt weniger auf sozialem wie auf technischem Gebiete;
die Beibehaltung zum Teil bereits völlig überholter Zunftvorschriften verleitet zu
Übertretungen. Eine Reihe der bedeutenderen Wirkerorte wie Antwerpen, Gent und
Oudenaarde verweigern die Einführung oder machen Schwierigkeiten. Tatsächlich
wird im zweiten Drittel des 16. Jahrhunderts das Edikt im wesentlichen nur noch
hinsichtlich der Signierungs- und der Materialienvorschriften beachtet. Die ständigen
Zänkereien und Prozesse, denen wir bei der Besprechung der einzelnen Wirkerstädte
begegnen, erläutern besser als lange Ausführungen den oft schwierigen Übergang der
Zunft- in den Industriebetrieb, der sich fast bei jeder Manufaktur nach besonderer
Eigenart vollzieht.
Die Manufaktur des Jakob Geubels nimmt zu Beginn des 17. Jahrhunderts einen
beträchtlichen Umfang an. Teppiche mit der Marke unseres Wirkers, die in den Pro-
zeßakten mit Franz Sweerts mehrfach wiederkehrt, sind nicht selten. Ihre Qualität
ist in der Regel eine gute. Barbier de Montault benennt 1878 in den römischen
Sammlungen eine ganze Anzahl Behänge mit der Signierung des Jakob Geubels. So
birgt der Vatikan die Geschichte Jakobs und Josephs, ferner eine Historie des starken
Simson sowie verschiedene mythologische und historische Szenen. Meister Jakob
stirbt vor 1605. Seine Witwe Katherina van den Eynde führt die Manufaktur bis zu
ihrem Tode (1629) erfolgreich fort. Sie scheint eine selten geschäftskundige Frau ge-
wesen zu sein; vortrefflich verstand es Katharina, gute Beziehungen mit dem erz-
herzoglichen Hofe und den maßgebenden Kreisen zu halten. 1605 erwirbt der Regent
von ihr eine Geschichte des Josua mit 385 Quadratellen Inhalt zum Einheitspreise
von 19 Livres. Im gleichen Jahre folgt die umfangreiche Historie von Troja; 1607
liefert die Witwe dem Statthalter die „histoires de Polmona (Vertumnus und Po-
mona), Paris et Helena, destruction de Troie et jardinage". Die vier Folgen umfassen
9857^ Quadratellen, die Qualität kann bei einem Preise von neun Livres für die
Quadratelle nur eine mittelmäßige gewesen sein, sofern es sich nicht um ältere Teppiche
handelt, die Katharina im Weiterverkaufe billig losschlägt. Die Tatsache, daß Manu-
fakturen auch mit gebrauchten Folgen handeln, ist nicht befremdend. Wir finden
beim Durcharbeiten der älteren deutschen Belege recht oft Hinweise auf den Erwerb
derartiger Wirkereien. Der pekuniäre Grund ist immer der ausschlaggebende. Mehr-
fach weilen die Agenten der sächsischen Kurfürsten, der bayerischen Herzöge, der
erzherzoglichen Statthalter und anderer größerer und kleiner weltlicher und geist-
licher Fürsten in Antwerpen, um auf billige Folgen aus Privathand oder aus Händler-
besitz zu lauern, um sie dann ihren Auftraggebern mit mehr oder weniger Zwischen-
verdienst anzubieten.
1607 liefert „Catherine van den Eynde, vesve de feu Jacques Guebels, en son vivant
md tapissier ä Bruxelles" acht Teppiche mit der Geschichte der Kleopatra, insgesamt
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