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Göbel, Heinrich; Göbel, Heinrich [Hrsg.]
Wandteppiche (II. Teil, Band 1): Die romanischen Länder: Die Wandteppiche und ihre Manufakturen in Frankreich, Italien, Spanien und Portugal — Leipzig, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.16360#0098
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van den Planken und Com, ans

bei dem Wirker, als in erster Linie bei dem Farber. Die Feinheiten der auf dem
lebendigen Fleische spielenden Lichter waren mit den damaligen technischen Mitteln
nicht zu erreichen, den Gesichtszügen verhalf das aufgesetzte Zinnoberrot, für das die
feinsten Organsinseiden verwandt wurden, in den meisten Fällen zu einer gewissen
Frische und Belebung des Ausdruckes. Die Schwierigkeiten, die in der ersten Hälfte
des 16. Jahrhunderts den Brüsseler Wirkern durch die Raffaelschen „Taten der Apostel"
erwuchsen, steigerten sich bei den Rubensschen Entwürfen noch ganz erheblich durch
die neu in Aufnahme gekommene Ölfarbentechnik der Patronen. Der Wirker und
vor ihm der Bearbeiter der großen Patronen, die an Hand der Ölfarbenskizzen noch
eine gewisse Zeitspanne lang in der alten Wasserfarbenmanier aufgetragen werden,
steht den breit hingesetzten Lichtern, dem flott gestrichenen Hintergrunde, dem leuch-
tenden Inkarnat einfach ratlos gegenüber. Er versucht die Schraffentechnik der neuen
Malweise anzupassen, durch kurz gelegte Striche, mitunter auch durch mosaikartig
eingeschobene Farbenflecken die Eigenarten der Ölfarbe nachzuahmen, ein unsicheres
Tasten, das immer unbefriedigende Ergebnisse zeitigt. Die gleichen unerfreulichen Er-
scheinungen offenbaren sich sowohl in Paris als auch in Brüssel. Erst die Schule des
flämischen Großmeisters findet im Verein mit den sich nach und nach entsprechend
einstellenden Wirkern gangbare Wege; raffiniert ausgebaute Schraffen bringen eine,
wenn auch nur bedingt glückliche Lösung.

Eine weitere, mit etwas Gold durchwirkte Serie im französischen Staatsbesitz, mit
Nr. 111 des Kroninventars identisch (73), trägt keine Signaturen; sie stammt aller Wahr-
scheinlichkeit nach aus der Liquidationsmasse Raphaels van den Planken (74).

Das gleiche gilt von der letzten, in Wolle und Seide gewirkten Folge — Nr. 166
der alten Aufstellung —; der ursprüngliche Bestand von zwölf Teppichen ist auf fünf
unsigniei te Behänge zusammengeschrumpft. Die schmale Bordüre zeigt ein fortlaufen-
des Motiv von bandumwundenen Eichen- und Lorbeerblättern. Die Abmessungen
sind wesentlich geringer als bei den voraufgegangenen Reihen (75).

Die Folge im österreichischen Staatsbesitz verwertet die Bordüre der ersten Kon-
stantinsreihe mit dem Monogramm Christi in der Mitte der oberen Fassung und den
beiden von einem Maskaron überhöhten Kartuschen mit dem leeren roten und blauen
Grund. Die Serie von sechs Behängen ist mit Gold, Silber, Seide und Wolle gewirkt.
Die Signaturen nennen die „boutique d'or" als ausführende Werkstatt (76).

Vereinzelte Behänge der Konstantinsreihe finden sich sowohl in Staats- als auch in
Privatsammlungen. Phyllis Ackerman erwähnt im International Studio (June 1924)
eine aus sechs Behängen (Hochzeit, Taufe, Kampf an der Brücke, Kreuzesfindung,
Sterbeszene) zusammengestellte, mit Gold und Silber durchwirkte Serie, die sich wahr-
scheinlich mit Nr. 11 des Kroninventars deckt; links prangt das Wappen von Frank-
reich, rechts das von Navarra. Die Signaturen bringen das bekannte Atelierzeichen P Lilie
sowie die Wirkermarken de Maechts, Tayes und ein ungedeutetes I T (ob Jan Truyen?).
Die Folge eignet einem englischen Sammler; eine weitere Serie (5 Teppiche) soll sich
nach Angabe der Autorin in französischem Privatbesitz befinden. Unsignierte Stücke
bedingen eine gewisse Vorsicht in der Zuschreibung, da außer den Pariser Ateliers
sich auch die Brüsseler Werkstätten der außerordentlich beliebten Motive angenommen
haben. Verschiedene Konstantinsteppiche eignen dem italienischen Privatbesitz. Die
Begleitberichte gelegentlich der Verhandlungen des Kardinals Barberini zwecks Grün-
dung einer römischen Manufaktur erwähnen mehrfach die berühmte Reihe. Ludwig XIII.
überreichte (1625) dem Legaten, der in seiner Eigenschaft als Nepote des regieren-
den Papstes gewisse politische Vorteile zu verbürgen schien, eine aus sieben Teppichen
zusammengestellte golddurchwirkte „historia di Constantino Magno", die in der
Werkstatt des Kardinals in den fehlenden fünf Behängen ergänzt wurde, sich bis
1889 im römischen Palaste der Familie befand und mit sechs Teppichen in den Besitz
des amerikanischen Sammlers Ffoulke überging. Gegenwärtig zählen die Behänge zu
dem Bestände der Sammlung John R. Mac Lean. Der Quadratellenpreis, den
Ludwig XIII. zahlte, belief sich auf 70 Livres. Zu dem gleichen Ansätze fand sich
eine Konstantinsfolge in dem Lager — in der Nähe des Klosters Saint-Honor6 — des

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