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Göbel, Heinrich; Göbel, Heinrich [Editor]
Wandteppiche (II. Teil, Band 1): Die romanischen Länder: Die Wandteppiche und ihre Manufakturen in Frankreich, Italien, Spanien und Portugal — Leipzig, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.16360#0457
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Venedig

behandeln das Leben des Evangelisten Markus, sie tragen die Signatur der Manufaktur
Florenz, sind also nicht in einem Rost'schen Zweigatelier in Venedig auf das Gezeug
gelegt worden. Die niediceische Werkstatt wird im übrigen des öfteren von den Patriziern
der Stadt mit mehr oder minder umfangreichen Auftr ägen betraut. In Berücksichtigung
der recht beträchtlichen Summen, die ins Ausland — nach Florenz — abfließen, ist
das Interesse der Republik an der Gründung einer bedeutungsvollen heimischen Manu-
faktur ein merkwürdig geringes. Wahrscheinlich gibt das starke Widerstreben führen-
der Kreise des Großhandels, die den blühenden Import niederländischer und italieni-
scher Bildwirkereien, selbst auf Kosten des heimischen Kunsthandwerkes, unbedingt
aufrecht zu erhalten wünschen, den Schlüssel zu dieser eigenartigen Tatsache. Trotz-
dem läßt sich die Anwesenheit verschiedener Bildwirker auch im 16. Jahrhundert
feststellen; um größere, auf starken Umsatz eingestellte Werkstätten dürfte es sich
jedoch kaum gehandelt haben (5). Ein Meister Francesco Fiamengo — leider ist der
Familienname nicht bekannt — setzt 1843 die durch die Feuchtigkeit der Mauern

— eine typische Erscheinung bei den Behängen der Seestädte, es sei nur an die be-
rühmten Gobelins in La Valetta (Malta) erinnert — zerstörten Wandteppiche des
Dogenpalastes instand. Gaspardo Garnes ist in der Zeit von 1564 — 1572 für S. Salva-
tore tätig. Die Angabe, die Urbani de Gheltof bringt, erscheint von wesentlicher
Bedeutung. Es handelt sich bei Meister Jasper Carnes zweifelsohne um ein Mitglied
des berühmten Brüsseler Wirkergeschlechtes der de Carmes, das seines Glaubens
halber in den sechziger Jahren des 16. Säkulums die Heimat verläßt, bereits zuvor in der
Hauptstadt Brabants hervorragende Arbeiten zeitigte (6), sich zur führenden Wirker-
familie der Manufaktur Frankenthal aufschwingt und in Stuttgart durch den regieren-
den Herzog Christoph mit riesenhaften Aufträgen betraut wird (7). Leider' läßt sich
bislang keiner' der in venetianischem Kirchen- und Adelsbesitz er haltenen Behänge mit
Sicherheit mit den de Carmes in Verbindung bringen. Ein Lazzaro Canaam „Fiam-
mingo" übernimmt 1562 eine umfangreiche Arbeit für den Senator' Carlo Zane (8). Es
handelt sich um vier gold- und silberdurchwirkte Behänge mit der Darstellung der
vier theologischen Tugenden nach Entwürfen von Tizian. Der Einheitspreis wird
mit 27 Dukaten für die Elle (bracciö) vereinbart. Zweifelsohne handelt es sich um
erstklassige Erzeugnisse. Aus welcher Stadt Brabants oder Flanderns der Wirker stammt,
ist nicht ersichtlich, zudem scheint der Name, wie in so vielen Fällen, verstümmelt zu
sein. Alexander van der Goes, ein Mitglied der bekannten Antwerpener Wirker- und
Händlerfamilie (9), liefert 1585 für die Sala del Collegio vier nicht näher benannte
Wandteppiche zum Pr eise von 243 Dukaten 22 grossi. Um eine in Venedig erzeugte
Folge hat es sich kaum gehandelt, van der Goes dürfte sich vielmehr als Ver mittler
und Händler betätigt haben. Ein Bonin Zinquevie — der flämische oder französische
Name ist bös entstellt — läßt sich um 1550 in der Lagunenstadt nieder1; sein Sohn
Francesco setzt das Unternehmen fort; Giovanni Giacomo Zinquevie ist noch 1651
tätig. Auch über dies immerhin langlebige Atelier fehlt jede eingehendere Nachricht.
Aller Wahrscheinlichkeit nach betrieb die Familie in der Hauptsache lediglich eine
Reparaturwerkstatt, fertigte auch hie und da einfachere Verdüren oder Wappen-
teppiche (10).

In den Taufregistern von S. Salvatore erscheint die aus dem Friaul stammende
Wirkerfamilie der demente. Angelo di Battista demente und seine Söhne sind in
den Jahren von 1564 -1601 tätig. Bedeutsamer erscheinen die Belege, die Girolamo
de Bassi, wohl auch ein Niederländer, betreffen; der Meister übernimmt 1596 für Ca-
terino Malipiero die Durchführung einer Geschichte des San Lorenzo Giustiniano nach
den Entwürfen von Domenico Tintoretto. Bartolomeo dal Calice erscheint 1586 als
Lieferant des Mantuaner Hofes (5 Behänge). Verschiedene in Venedig ansässige Wirker

— Valerio . . ., Giulio Aurelio Porcello, Bartolomeo di Zulian de Zuliani — lassen
sich nicht mit urkundlich belegten Arbeiten in Verbindung br ingen. Der größte Teil
der Meister dürfte trotz der italienisierten Namen aus den österreichischen Erblanden
zugewandert sein. Abgesehen von Brüssel, Oudenaarde und Antwerpen stellt auch

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