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Göbel, Heinrich; Göbel, Heinrich [Editor]
Wandteppiche (II. Teil, Band 1): Die romanischen Länder: Die Wandteppiche und ihre Manufakturen in Frankreich, Italien, Spanien und Portugal — Leipzig, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.16360#0458
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Venedig

Tournai verschiedene Wirker. Um 1544 verstirbt Jacquet Regnier nach kurzem
Aufenthalt uä le pais des Vönisiens" (11).

Das beginnende 17. Säkulum bringt keine wesentliche Belebung der venetianischen
Bildwirkerei. 1621 unternehmen verschiedene flämische Wirker, „un numero de maestri
de Arazzi di Fiandra", den Versuch, ein Atelier von Bedeutung zu gründen. Die Eingabe
an die Staatsbehörden „di poter venire ad habitare in questa cittä et fabricare Ii detti
Arazzi" datiert vom 15. Januar 1621 (12). Ob die Verhandlungen zu einem Ergebnis
fühi'ten, erscheint mehr als fraglich. Urkundlich läßt sich in der genannten Zeit
lediglich die Anwesenheit eines Wirkers namens Tomaso belegen, der seine Werk-
statt in der Nähe von S. Marco betreibt, dessen Lehrling den Namen Cristoforo de
Armelino Grison führt. Zu Beginn der dreißiger Jahre beabsichtigt der kunstliebende
Kardinal Barberini die Gründung einer römischen Manufaktur; seine Vertrauensleute
in den Niederlanden, Frankreich und Italien werden mit ausführlichen Berichten be-
auftragt, auch Venedig fehlt nicht. Die „Relazione circa arazzi havuta in Vena (Venetia)"
vom Jahre 1634 äußert sich mit unzweideutiger Klarheit: „In Venetia non si la-
vora ne d'arazzi ne di tappeti, ma ci sono tre botteghe di rapezzatori tutti
gente di Venetia, i quali raccomodono qual che schianto, o altro defetto al meglio
che sanno e sanno tanto poco che non Ii basterebbe l'animo di far di nuovo qualsi-
voglia casa benche facilissima.

Cömparisce ben tal volta de Fiamminghi, i quali haverebbero voluto
lavorare, ma non hanno mai attaccato con niuna persona, perche non ci e
chi si mettersi ad un impresa di tanta briga e spesa . . (13).

Die Niederlassungsverhandlungen (1677) des Filippo Fevere bringen keinerlei frischen
Zug in die allzu handwerksmäßig betriebenen Unterhaltungs- und Instandsetzungs-
werkstätten Venedigs. Die Eingabe des Meisters (14), — es handelt sich um Philippe
Lefebvre aus Florenz — bezweckt die Gründung einer auf feine und gängige Bild-
wirkereien eingestellten, durch Gewährung ausreichender Privilegien gesicherten Manu-
faktur. Der Senat zieht Erkundigungen über die Person des von dem Residenten
Corniani empfohlenen Antragstellers ein, er gewährt schließlich ein fünfundzwanzig-
jähriges Privileg, das Recht, einen fremden Färber zu halten, die Befugnis und die
Pflicht, Lehrlinge anzunehmen und auszubilden. Mit dem behördlichen Schriftwechsel
erlöschen die Beziehungen zwischen Meister Lefebvre und dem Senat. Vor dem 29. Mai
1677 ist die Übersiedlung Fevere's nach Venedig vollzogen, verschiedene Arbeiten
bleiben in Florenz unvollendet zurück. Es ist mehr als wahrscheinlich, daß das An-
gebot des Senats sich als unzureichend erwies, oder sonstige Gründe mitsprachen, das
venetianische Unternehmen nach kurzem Bestände wieder aufzugeben. Mehr als ein
halbes Jahrhundert verstreicht, ehe ein neuer Ansatz auf Gründung einer Bildteppich-
manufaktur sich zeigt.

Pietro Davanzo oder Avanzo ist seit 1735 in Venedig als Wirker und Patronen-
maler tätig, er leitet seit 1763 die im Auftrage des Senates gegründete Textilzeichen-
klasse, sein Ableben fällt in das Jahr 1771. Mit besonderem Lobe wird des von ihm
gearbeiteten Banners für die Bruderschaft von S. Salvatore gedacht, zu dem G. B.
Piazzetta den Entwurf lieferte.

Das einzige Unternehmen von Bedeutung, soweit das 18. Säkulum in Frage kommt,
ist das des Antonio Dini, der, um 1700 in Rom geboren, seine Ausbildung durch den
Leiter der römischen Manufaktur des Hospitals S. Michele, Pietro Ferloni, erhielt, rund
19 Jahre einen Hautelissebetrieb in Turin leitete, um schließlich, gemeinsam mit seinen
Töchtern Lucia und Giuseppa (geb. 1738 in Turin), in Venedig eine Bildteppichmanufaktur
zu eröffnen. Die Beziehungen zwischen dem Meister und Venedig müssen bereits zur Zeit
seiner Tätigkeit im Dienste des Königs von Sardinien rege gewesen sein, wenigstens
läßt die Tatsache, daß die eine Tochter (Lucia) 1736 in Venedig das Licht der Welt
erblickte, den Rückschluß zu. Das Gründungsgesuch an die Signoria datiert vom
9. Januar 1760. Dini ist bereit, die Bildteppichwirkerei in Venedig neu einzuführen
und die Ausbildung einer gewissen Anzahl junger Leute zu übernehmen, sofern die

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