Schwabach (17.—18. Jahrhundert)
Abb. 233b, H. 3,15 m, L. 2,95 m), ungleich eleganter wirkt die Fassung des Apollobehanges
mit den Girlanden haltenden Kindern, den Blumenkörben und dem reichen, von geflügel-
ten Sphinxen flankierten Thronsitz (Abb. 234b, H. 3,25 m, L. 3,10 m).
Die Annahme, daß für die Folge eine hochwertigere Serie mit gewissen Abwandlungen
kopiert wurde, bestätigt ein Blick auf Abb. 235. Der Behang — auf graublauem Grund,
gleichfalls im Besitze von Margraf & Cie., Berlin — zeigt das bekannte Schema in ungleich
eleganterer Auffassung bei vollendeter Technik. Wir finden zwar den gleichen Teppich
unter der Mittelgruppe (vgl. Abb. 232), dieselbe Sockellösung, den gleichen Aufbau der
Grotesken, die verwandte Bordüre und doch welch Unterschied. Den Schlüssel geben uns
die engen Beziehungen der Marie Madeleine Claravaux zu Berlin und dem Berliner
Wirker Barraband, die auch (aus stilistischen Gründen) noch nach dem Jahre 1708 bestan-
den haben müssen (mit Charles Vigne). Das Pärchen auf dem Sofa (nach Watteau) ist fast
unmittelbar der linken Gruppe eines Berliner Behanges im Charlottenburger Schlosse ent-
lehnt, auch der Fußteppich findet sich in eigentümlicher Ornamentik hier wie dort. Es ist
sehr die Frage, ob der Behang bei Margraf & Cie. als Berliner Erzeugnis oder als Produkt
aus dem Betriebe der Claravaux anzusehen ist. Die größere Wahrscheinlichkeit spricht
dafür, daß es sich um eine Berliner Arbeit aus dem von Vigne betriebenen Atelier handelt,
die von Peux und den anderen Schwabacher Meistern kopiert und vergröbert wurde.
Zu der gleichen Serie, jedoch mit geänderter Bordüre, also einer zweiten Wiederholung,
gehört ein Behang im Besitze des Generalkonsuls Johann Jahnsson, Stockholm86) (H.3,25 m,
L. 4,54 m). Hier wie dort sind Grund — graublau —, Kettstärke (6 Rippen auf den Zenti-
meter) , Technik und Motiv übereinstimmend. Es wechseln lediglich die Watteaufiguren.
Die Mittelgruppe des Behanges bei Margraf & Cie. — Colombine und Harlekin — und die
beiden Seitenfiguren — der gebückt stehende Brighella und der „dottore" — sind in dem
Stockholmer Behang zu einem die Mitte beherrschenden, etwas gedrängten Hauptmotiv
vereinigt; an Stelle von Brighella erscheint jetzt im Groteskenrahmen links ein Pedrolino
mit abgezogenem Hut, rechts ein Gefährte des Mezzetino. Die sonstigen Änderungen im
Mittelbilde — schmalerer Thronhimmel, breiteres seitliches Rankengerüst usw. -— sind ge-
ringfügig. Die Bordüre wirkt mit den kleinen Pavillonmotiven, den eleganten mit Vasen und
Blumen verbrämten Ranken, den an die französische Regence stark erinnernden scheren-
artigen Bändern, ungleich eleganter als die Fassung des Berliner Stückes.
Die in den französischen Manufakturen eifrig geübte Methode, je nach Bedürfnis und
Wunsch des Auftraggebers, die Göttergrotesken zu Elementen- und Jahreszeitenserien zu-
sammenzustellen, wird in Schwabach nicht minder häufig ausgewertet. Wir kommen zu
den weniger erfreulichen Erzeugnissen der „maitres mediocres". Gelder für hochwertige
Kartons standen bei dem immer schlechter werdenden Geschäftsgang nicht zur Verfügung;
man kopierte und kombinierte, so gut und so schlecht es ging, die Reihen der maßgebenden
größeren Firmen, der Claravaux und der Peux; man füllte den freien Raum um die Mittel-
gruppe mit grotesken Schnörkeln, mit Figuren, Camaieux, Blumengewinden, Vögeln usw.
Das Endergebnis war häufig ein wirres, wenig befriedigendes Durcheinander.
Ziehen wir zunächst als Vergleich eine Elementenreihe — wiederum im Besitz der Ber-
liner Kunsthandlung Margraf & Cie. — heran. Juno (Diana) mit dem Putto kehrt stark ver-
gröbert als Göttin der Luft — durch die zwei Vögel charakterisiert — wieder (Abb. 236,
H. 3,00 m, L. 4,40 m), die weiblichen Hermen sind aus dem seitlichen Grunde (vgl. Abbil-
dung 232) in die Mitte abgewandert und tragen den baldachinartigen Aufbau. Allzu auf-
dringlich wird das Motiv — die Luft — in dem freibleibenden Raum durch die Vogelwelt
und den Bienenkorb unterstrichen; neuartig sind die grotesken trompetenblasenden, trom-
melnden und fechtenden Zwerge, die stark an Fayencefiguren erinnern. Zum Überfluß er-
scheinen — rechts und links oben — Cama'ieuxschilder: Putten in der Frühlingslandschaft.
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Abb. 233b, H. 3,15 m, L. 2,95 m), ungleich eleganter wirkt die Fassung des Apollobehanges
mit den Girlanden haltenden Kindern, den Blumenkörben und dem reichen, von geflügel-
ten Sphinxen flankierten Thronsitz (Abb. 234b, H. 3,25 m, L. 3,10 m).
Die Annahme, daß für die Folge eine hochwertigere Serie mit gewissen Abwandlungen
kopiert wurde, bestätigt ein Blick auf Abb. 235. Der Behang — auf graublauem Grund,
gleichfalls im Besitze von Margraf & Cie., Berlin — zeigt das bekannte Schema in ungleich
eleganterer Auffassung bei vollendeter Technik. Wir finden zwar den gleichen Teppich
unter der Mittelgruppe (vgl. Abb. 232), dieselbe Sockellösung, den gleichen Aufbau der
Grotesken, die verwandte Bordüre und doch welch Unterschied. Den Schlüssel geben uns
die engen Beziehungen der Marie Madeleine Claravaux zu Berlin und dem Berliner
Wirker Barraband, die auch (aus stilistischen Gründen) noch nach dem Jahre 1708 bestan-
den haben müssen (mit Charles Vigne). Das Pärchen auf dem Sofa (nach Watteau) ist fast
unmittelbar der linken Gruppe eines Berliner Behanges im Charlottenburger Schlosse ent-
lehnt, auch der Fußteppich findet sich in eigentümlicher Ornamentik hier wie dort. Es ist
sehr die Frage, ob der Behang bei Margraf & Cie. als Berliner Erzeugnis oder als Produkt
aus dem Betriebe der Claravaux anzusehen ist. Die größere Wahrscheinlichkeit spricht
dafür, daß es sich um eine Berliner Arbeit aus dem von Vigne betriebenen Atelier handelt,
die von Peux und den anderen Schwabacher Meistern kopiert und vergröbert wurde.
Zu der gleichen Serie, jedoch mit geänderter Bordüre, also einer zweiten Wiederholung,
gehört ein Behang im Besitze des Generalkonsuls Johann Jahnsson, Stockholm86) (H.3,25 m,
L. 4,54 m). Hier wie dort sind Grund — graublau —, Kettstärke (6 Rippen auf den Zenti-
meter) , Technik und Motiv übereinstimmend. Es wechseln lediglich die Watteaufiguren.
Die Mittelgruppe des Behanges bei Margraf & Cie. — Colombine und Harlekin — und die
beiden Seitenfiguren — der gebückt stehende Brighella und der „dottore" — sind in dem
Stockholmer Behang zu einem die Mitte beherrschenden, etwas gedrängten Hauptmotiv
vereinigt; an Stelle von Brighella erscheint jetzt im Groteskenrahmen links ein Pedrolino
mit abgezogenem Hut, rechts ein Gefährte des Mezzetino. Die sonstigen Änderungen im
Mittelbilde — schmalerer Thronhimmel, breiteres seitliches Rankengerüst usw. -— sind ge-
ringfügig. Die Bordüre wirkt mit den kleinen Pavillonmotiven, den eleganten mit Vasen und
Blumen verbrämten Ranken, den an die französische Regence stark erinnernden scheren-
artigen Bändern, ungleich eleganter als die Fassung des Berliner Stückes.
Die in den französischen Manufakturen eifrig geübte Methode, je nach Bedürfnis und
Wunsch des Auftraggebers, die Göttergrotesken zu Elementen- und Jahreszeitenserien zu-
sammenzustellen, wird in Schwabach nicht minder häufig ausgewertet. Wir kommen zu
den weniger erfreulichen Erzeugnissen der „maitres mediocres". Gelder für hochwertige
Kartons standen bei dem immer schlechter werdenden Geschäftsgang nicht zur Verfügung;
man kopierte und kombinierte, so gut und so schlecht es ging, die Reihen der maßgebenden
größeren Firmen, der Claravaux und der Peux; man füllte den freien Raum um die Mittel-
gruppe mit grotesken Schnörkeln, mit Figuren, Camaieux, Blumengewinden, Vögeln usw.
Das Endergebnis war häufig ein wirres, wenig befriedigendes Durcheinander.
Ziehen wir zunächst als Vergleich eine Elementenreihe — wiederum im Besitz der Ber-
liner Kunsthandlung Margraf & Cie. — heran. Juno (Diana) mit dem Putto kehrt stark ver-
gröbert als Göttin der Luft — durch die zwei Vögel charakterisiert — wieder (Abb. 236,
H. 3,00 m, L. 4,40 m), die weiblichen Hermen sind aus dem seitlichen Grunde (vgl. Abbil-
dung 232) in die Mitte abgewandert und tragen den baldachinartigen Aufbau. Allzu auf-
dringlich wird das Motiv — die Luft — in dem freibleibenden Raum durch die Vogelwelt
und den Bienenkorb unterstrichen; neuartig sind die grotesken trompetenblasenden, trom-
melnden und fechtenden Zwerge, die stark an Fayencefiguren erinnern. Zum Überfluß er-
scheinen — rechts und links oben — Cama'ieuxschilder: Putten in der Frühlingslandschaft.
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