Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Göbel, Heinrich
Wandteppiche (III. Teil, Band 2): Die germanischen und slawischen Länder: West-, Mittel-, Ost- und Norddeutschland, England, Irland, Schweden,Norwegen, Dänemark, Russland, Polen, Litauen — Leipzig, 1934

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.13168#0023
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Frankenthal

Die Brüsseler Wirkerkolonie wird ergänzt durch Peter Fels (Volz, gest. 1596), der von
1571—1586 in Mainz sich als Bildwirker betätigt und unter dem 9. August 1587 der Fran-
kenthaler Behörde sein Gesuch um Aufnahme als Bürger unterbreitet38). Stellen die de Car-
mes, van Orley, van Heist und Benedictus Dermoyen (1586) die führenden Firmen Brüsse-
ler Herkunft dar, so erscheinen Tobias van den Drische (seit dem 30. Dezember 1589), der,
wie sein Landsmann Passier van den Brügge, zuvor in Hamburg tätig war, Arnt van Wei-
mes (Wymez) aus Sulseytlen bei Oudenaarde (seit Ende 1581) sowie Clas und Pieter de
Wayere als die Häupter der Oudenaarder Wirker. Zu den Kleinmeistern und den nicht
selbständigen Meistern und Gesellen zählen: Lietten van Holbrugh aus Nieukercke bei
Oudenaarde (1576/74, 1583) — der Meister war von 1567 bis zum 1. März 1583 als Wirker
im Rheinland tätig —, Boudewin Dercitze (Dexitze) aus Oudenaarde (1585), Jan de Govier (?)
(1588), Jacob Graupfennig (1588) — wohl ein Verwandter des Antwerpener „schrynwer-
kers" Jacob Wryfpenninck —, Jean de la Groisse (1588), Peter de Vriesse (Vries, 1589,
66 Jahre alt), Michiel van Cotter — seine Ehefrau verstirbt 1589, der Wirker ist bei Claes
de Wayere eingestellt —, Jacob Leniers (1590, ein Angehöriger des Brüsseler Wirkerge-
schlechtes der Leyniers, gest. 1598), der Sohn des Jacob Leyniers, Anthonis Bellens (van
Bellen aus Brüssel, 57 Jahre alt), Guilliom Bannt, Joos Schöllens, Gillis van Willer (?),
Gillis Muyhendts, Peer van Beerfels (1593)39), Paschier van den Bromke (1591), Christoph
Keluneicz (1591, der Wirker stammt aus Oudenaarde, war sechs Jahre in Kopenhagen tätig
und arbeitet bei Everard van Orley), Joos de Mollier aus Nieukercke bei Oudenaarde
(10. April 1592, zuvor ein halbes Jahr in Frankfurt am Main und vier Jahre in Wesel
tätig), Wynand Wouthers (1592, bei Clas de Wayere in Arbeit, 60 Jahre alt, arm und
taub), Lorenz van Gerstel (12. Dezember 1593)40), Jochem und Paulus Rombaus, Vater
und Sohn — wohl Angehörige des bekannten Brüsseler Wirkergeschlechtes der Rombauts,
nach dem Ratsprotokoll vom 5. September 1593 kündigen sie gemeinsam mit Anthonius
Bellens das Bürgerrecht auf —, Martin Muller (21. März 1598), Adrian Ernks (1599),
Pierre Breul (Bruil) — der Meister war zuvor in Heidelberg tätig und dürfte Okto-
ber 1577 nach Übergang der rechtsrheinischen Pfalz an den fanatisch lutherischen Kur-
fürsten Ludwig VI. nach Frankenthal ausgewandert sein41) —, Peter Broy aus Aubus-
son — der Wirker steht Ende 1590 bei Clas de Wayere in Arbeit — und Peter Vriff-
phennig (er hat am 23. November 1606 ordnungsmäßig seine sechsjährige Lehrzeit bei
Everard van Orley erledigt)42).

Seit den achtziger Jahren erscheint in den Ratsprotokollen, den Tauf- und Heiratsregi-
stern sehr häufig der Name des Pieter de Waier (Weyer); der Wirker ist noch bis 1614
tätig, er arbeitet als Lieferant des Kurfürsten Friedrich IV.; die nicht näher benannten Be-
hänge werden mit 230 fl. 1 kr. vergütet. Die gleiche Quelle (das von Dr. J. Wille veröffent-
lichte Tagebuch und Ausgabenbuch des Kurfürsten)43) nennt ferner Johann Christoph von
Merzheim, „tapesirer zu Frankenthal" (24 fl. 13 bz. lkr.). Es kann sich nur um einfache
Arbeiten gehandelt haben. Mit dem Beginn des 17. Säkulums ist die Bildteppichwirkerei
von Frankenthal im Niedergange; die Lehrbriefe von 1608 und 1614 weisen keinen Wirker
mehr auf.

Es ist außerordentlich schwierig, aus dem Gewirr der Namen und Daten zu einigermaßen
gesicherten Ergebnissen zu gelangen. Jacob und Moritz de Carmes sind, wie bereits er-
wähnt, Wirker ersten Ranges; ihre Arbeiten tragen völlig das Brüsseler Gepräge. Es scheint,
als ob nach dem Ableben des Vaters (1576) das Atelier stark in Rückgang gekommen ist.
1576 ist Moritz de Carmes in Speyer tätig, wenigstens kann er der Vorladung des Rates
(30. Januar 1576) nicht Folge leisten, „overmits det hy in zeker dienste noemlik in den
bruloofte van den broeder van hen biscop van Spiers (Markwart von Hattstein), aldus hie
de tapitserien hanghen mögt ende vmhangen". Moritz de Carmes — bereits vor dem

2 Göbel, Wandteppiche III, 2.

9
 
Annotationen