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Görling, Adolph; Woltmann, Alfred [Oth.]; Meyer, Bruno [Oth.]
Deutschlands Kunstschätze: eine Sammlung der hervorragendsten Bilder der Berliner, Dresdner, Münchner, Wiener, Casseler und Braunschweiger Galerien : eine Reihe von Porträts der bedeutendsten Meister (Band 2) — Leipzig: Verlag von A.H. Payne, 1872

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https://doi.org/10.11588/diglit.62335#0091
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Deutschland Knustschätze.

„Wären Mantua, Mailand, Bologna nicht so nahe und Florenz und Rom nicht so überwiegend
mächtig durch ihre Kunst gewesen, Venedig wäre wahrscheinlich nicht weit über seine byzantinischen
Malereien hinausgekommen. Erst dann, als die Signoria von San Marco mit den benachbarten
Fürsten, mit den Herren von Florenz und dem heiligen Vater den Kampf um den Vorrang in der
Cultur aufzunehmen sich veranlaßt sand, konnte auch eine Republik als Beschützerin der Kunst
auftreten !"
„Was haben aber Eure Oranier für die Kunst gethan!" fragte Joyce.
„Wenig oder nichts, freilich! Aber ihre Vorgänger, die österreichischen Fürsten, die kaiserlichen
Statthalter leisteten mehr. Außerdem müßt Ihr Herren nicht vergessen, daß ich in der Zeit,
während welcher der Mensch am empfänglichsten ist, nicht in einer Republik, sondern in Rom lebte...
Ich neige somit zu dem fürstlichen Regiment und wünsche, daß der künftige Prinz-Statthalter noch
mehr Gewalt über Holland in seiner Hand vereinigen möge, als der furchtbare Moritz, dessen
Werk es ist, wenn wir stolz, stark und gefürchtet unsere Stimme im Rathe der Nationen erheben
durften ... Aber das ist vom Uebel, das ist das Verderben Hollands, wenn die Oranier mit den
Stuarts und mit Frankreich sich verbinden wollen, damit Holland seine Waffen gegen England
kehre, gegen den einzigen Staat, von welchem wir eine feste, uneigennützige Freundschaft erwarten
dürfen! Holland und England sind stark genug, um sich gegen die ganze Welt zu behaupten. Soll
uns aber Frankreich schützen, wenn uns die Briten als Feinde betrachten und uns zur See an-
greifen und unsere Colonien erobern ? Oder Spanien, oder der deutsche Kaiser ?"
„Ruyter und Tromp schwimmen auf den Wellen", bemerkte Prinz Ruprecht.
„Sie werden nicht die Kraft einer starken begeisterten Nation hinter sich haben, wenn sie gegen
England segeln! Wer ist uns, dem Handelsvolke, der beste und nächste Freund? Doch wohl unser
bester Kunde — und das ist England. Die Briten brauchen blos für unsere Kaufschiffe die Häfen
zu schleißen, so sind wir auf dem Wege zum Verderben, von welchem uns keine Macht der Welt
zu erretten vermögen wird ...."
„Ihr habt ein richtiges Urtheil gesprochen, Mynheer", sagte Oberst Joyce. Die Gilden
Utrechts nicht nur, sondern Amsterdams, Rotterdams und allen anderen holländischen Hauptplätzen
Haben es begriffen, was eben in diesem Augenblicke auf dem Spiele steht, da Euch der Lord Protec-
tor ein festes Schutz- und Trutzbündniß angeboten Hat. Wir glaubten, Demokraten und Republi-
kaner führten in Holland das Regiment und Ihr würdet mit beiden Händen unsern ehrlichen Vor-
schlag ergreifen! Aber Eure Republikaner sind nicht in der Wolle gefärbt, oder sie sind nichts als
Marionetten, hinter denen die Oranier und Aristokraten stehen — sonst, bei Gott, würden sie nicht
zögern, eine Antwort zu geben, wie England solche erwartet ... Ich bin in Holland, um diese Ant-
wort zu holen und mich mit eigenen Augen zu überzeugen, wie Hierlands die Sachen stehen...
Dieser Abend hat mein noch schwankendes Urtheil abgeschlossen - ich kehre zurück, sobald ich kann
und Holland wird eine Parlamentsacte fühlen, die den fremden Nationen verbietet, andere, als
ihre eigenen Erzeugnisse in unseren Häfen einzuführen ... Ich bin nur ein unbedeutender Mann;
aber die Geschichte der Generalstaaten wird noch manchmal dieser meiner Sendung erwähnen, die
gerade mit dem Zeitpunkte zusammenfällt, an welchem Holland beginnt, von seiner bisherigen
Höhe herabzusteigen ..."
Honthorst rührte die Klingel und eine uralte Magd erschieu, deren gelbliches, von dicken
 
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