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Sturm, Leonhard Christoph
Leonhard Christoph Sturms Vollständige Anweisung, Alle Arten von regularen Pracht-Gebäuden nach gewissen Reguln zu erfinden, auszutheilen und auszuzieren: Benebst Einer gedoppelten Vorstellung der Sechs Ordnungen der Bau-Kunst ...; Daß demnach Dieses Werck des berühmten Nicolai Goldmanns gantzes zweyte Buch, und noch über dieses eine grosse Anzahl nutzlicher Verbesserungen und Vermehrungen mit darleget — Augspurg: Wolff, 1716 [VD18 12337129-001]

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https://doi.org/10.11588/diglit.63193#0026
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ſo daß wir glauben / daß dieſer alleine unter allen Menſchen von Weibern gebohren / den


Zephorus.

Thanato-
phorus.

Heydniſche
Bau⸗Knnſt.

So gar uͤbermaͤßig uͤbertrifft der Verſtand welcher von G Ott erleuchtet wird / und nur
allein denen gegeben wird / die vor allen Dingen das Reich GOttes ſuchen / die Phantaſie
der tollen Vernunfft / welche ihr ſo viel einbildet. Alſo haͤtten die Menſchen wohl am be-
ſten gethan / wann ſie in allen Stuͤcken / beſonders auch in Bauen Gott recht gefraget /
und deffen Eingeben ſich ergeben haͤtten; aber indeme ſie lieber den Bildern durch ihre Ge-
dancken alleine nachgegangen ſeyn / haben ſie nichts als Stuͤckwerck und Unvollkommen-
Heyden Erfindungen gantz wegwerffen. Es haben auch die Kuͤnſte bey den Heyden ihren
erſten Urſprung vom Geiſte GOttes: Dann nachdeme ſie zu einem ehrbaren tugendſamen
Leben / an ſtatt der Vollkommenheit / welche ſie durch wahre Gottesforcht haͤtten erlangen
koͤnnen / Begierde trugen / ſind ſie von GOttes Gnade nicht gantz verlaſſen worden. Aber wie
es den tummen Kindern gehet / welche / nachdem ſie kaum in die Schule gerochen / alsbald
aufliegen und genug meynen gelernet zu haben / da ſie doch von denen / die in der Lehre ver-
harren / vor unwiſſende Eſel gehalten werden; alſo wird auch die Heydniſche Weißheit /
oder die Vernunfft⸗Weißheit / von denen / welche die Goͤttliche Weißheit erlernet haben /


daß man wohl etliche Heydniſche Erfindungen abſchaffen und unterlaſſen moͤge / welche
nicht qus dem Brunne der Weißheit hergefloſſen / ſondern vom Betrieger des menſchlichen
Geſchlechts als Unkraut ausgeſaͤet ſeyn. Dann weil die liſtige Schlange / mit der Liſt der
Vernunfft unter einer Decke ligt / hat ſie die Erfindungen / welche von G Ott hergefloſſen
ſeyn / mit ihrem Giffte beſchmeiſſet: Und gleichſam wie er Gottes Affe iſt / ſo hat er etliche
Zierden / die ihm nicht in ſeinen Krahm dieneten / in widerwaͤrtige Bilder verwandelt. Dann
als GOtt ſeinen Tempel mit Granat⸗Aepffeln unter andern Zierden hatte ſchmuͤcken laſſen /
hat dem Verfuͤhrer das Wiederſpiel gefallen und hat Schloſſen oder leere Waſſer⸗Blaſen
an die Stelle geſetzet / welche Vitruvius unter der Kinne des Krantz⸗Leiſtens anweiſet. GOtt
hat durch die Granat⸗Aepffel bedeuten wollen / daß die Tugendhaffte Fruchtbarkeit / welche
durch Ausberſtung des ſchmertzlichen Creutzes ſichtbahr wird / gekroͤnet werden ſollte: Dann
die Granat⸗Aepffel tragen ein Kroͤnlein / und zerberſten wenn ſie reiff ſeyn / und zeigen inwen-


er doch nur ein Ehrloſer Nachrichter iſt / welcher das von O Tgeſprochenellrtheil ausführen
muß / und vor ſich keine Gewalt hat. Alſo die gehauene Donner⸗Keile / moͤgen bey den


welcher ſich auch ihr Lebens⸗Muſter ſelbſt zum Lehrmeiſter vorgeſtellet hat. Die auffrecht
ſtehende Blaͤtter der Palmen in den Knaͤuffen / bedeuten ein auffwaͤrts hoffendes Gemuͤthe /
und den Sieg des kuͤnfftigen Lebens bey den Glaubigen / aber unſer Verführer hat die Baͤren-
Klau Blaͤtter / welche gebogen zur Erden hangen / an die Stelle eingefuͤhret / welche ein ver-
zweiffelt niedergeſchlagen Gemuͤthe abbilden. Aber die Bildnuſſe der Cherubim / hat der ab-
faͤllige Engel vor allen andern nicht leiden koͤnnen / dero halben hat er anſtatt der lebendigen
Bilder am Borten / Schind⸗Koͤpffe oder chen dee an die Stelle geſetzt / und aus dem
Thiere oder Leben Traͤger (wie er im Griechiſchen heiſſe

Schlangen⸗Cyer / und anſtatt der Lilien / unter welchen die fliegende Hertzen weideten / hat er
Schlangen⸗Stacheln eingefuͤhret. Aber von dieſein genug. Es wird ſchließlich am beſten ſeyn /
wann man in der Bau⸗Kunſt / und in allen Kuͤnſten aus der Goͤttlichen Weißheit die Kuͤnſte


Bau⸗Kunſt mag es hier genug ſeyn / wir wenden uns zu der Heydniſchen. .

Die erfte und allereinfaͤltigſte Erfindung der Saͤulen iſt die Doriſche geweſen / welche
indem ſie das Zimmer⸗Werck vor alle Ordnungen nach boslſirt / derohalben von der heiligen
Bau⸗Kunſt an ſich ſelbſt am wenigſten abweichet: Aber wir koͤnnen leicht muthmaſſen / daß


Tuſcaniſchen aͤhnlich geſehen habe. Als aber die Tyrrhener ein Aſiatiſch Volck in Italien
uͤbergeſchifft / und in Tuſcien ihren Sitz genommen / haben ſie aus der erſten einfaͤltigen Do-
riſchen Art fortgebauet / und iſt dieſe hernach die Tuſcaniſche genannt worden: Dann die
Doriſche Art ward in Aſien ſo hoch getrieben / und ſo durchgearbeitet / daß ſie gantz eine be-
ſondere Art mit der Zeit worden iſt: Wo ſie nicht gar von dem weiſen Koͤnig Sa-
lomon aus der heiligen Ordnung des Tempels gefunden / und am erſten an
ſeinem Hauſe gebrauchet worden / welches gewiß ſehr vermuthlich / wenig-
ſtens durch keine Gegen⸗Urſache zu widerlegen iſt. Hernach haben die Jonier ihre
Ordnung auffgebracht / und unzweiffentlich etwas aus der heiligen Bau⸗Kunſt erſchnappet.
Dann die Schnecken / welche der Sonnen⸗Lauff / und das Abnehmen und * der
 
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