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Goldschmidt, Adolph; Weitzmann, Kurt; Goldschmidt, Adolph [Hrsg.]; Weitzmann, Kurt [Hrsg.]
Die byzantinischen Elfenbeinskulpturen des X. - XIII. Jahrhunderts (Band 1): Kästen — Berlin: Bruno Cassirer, 1930

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https://doi.org/10.11588/diglit.53146#0067
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BYZANTINISCHE ELFENBEINSKULPTUREN

59

r«nJ ist in sassan idischen Hippokampen zu sehen (Sarre, S. 9J, 9 JJ-
Die Arbeit zeigt.engste Verwandtschaft mit dem Wurzbuiger
(Nr. 107) und kommt ihm auch an Qualität gleich.
Literatur: Westwood, Fiedle Ivories 1876, S. 228, Nr. 586. Longhurst,Catalogue
of Carvings in ivory of the South Kensington Museum 1927, S.

[<>9- PLATTE EINES KASTENS. TAFEL LXIV
Vogel.
XII. Jahrhundert.
London, Victoria & Albert Museum (A. 7b. 192a).
Höhe 4 cm, Breite 3 cm. Vier Löcher im Grunde. Sneyd Collection und McA
Collection.
Ente mit Baum im Hintergrund. Der kugelige Eierkörper,
ornamentale Aufteilung des Flügels erinnern an textile Vorbilder,
die sog. Entenstoffe (Falke, Seidenweberei I, Abb. 99).
Literatur: Longhurst, Catalogue of Carvings in ivory of the South Kensington
Museum 1927, S. 89.
1 JO. PLATTE EINES KASTENS. TAFEL LXIV
Lamm.
N11. J a h r h u n d e r t.
Ehemals Rom, Sammlung Stroganoff.
Höhe 5,2 cm, Breite 3,6 cm. In der linken oberen und der rechten unteren Ecke
Sprünge. Im Grunde vier Löcher zur Befestigung. Völlig abgeneben.
Ein Lamm mit einem Baum im Hintergründe. I)ie 1 latteschlie bl siel
* n den weichen Formen des Körpers und vor allem in der Bildung der
Schnauze an die Tiere des Würzburger Kastens (Nr. 107) an.

11 I • PLATTE EINES KASTENS. TAFEL LXIV
Löwe mit Reh.
Nil. Jahrhundert oder früher.
H’idapest, Nationalmuseum.

Höhe 5,5 em, Breite 6.4 ... Im Grunde zwei Bohrlöcher
«nen Holzkern. Aus der Sammlung des Kunsthistorikers Emench Henszlma .

Ein Löwe hat ein Reh gepackt und
beißt es ins Genick. In den oberen
Ecken Blattfüllungen. Die Platte,
die stilistisch abweicht von allen
übrigen byzantinischen Tierdar-
stellungen in Elfenbein, hängt sti-
listisch aufs engste zusammen mit
einer Marmorplatte, die an der
Außenseite der kleinen Metropo-
liskirche in Athen eingemauert ist
und die ein ganz ähnliches Motiv
zeigt (Abb. 29). Einzelheiten wie
die eckige Kopfform, die Mähnen-
bildung und dieTatzen des Löwen,
sowie die weichenFormen des Reh-
kopfes, seid ießlich die A rt der Eck-
füllung sind identisch. Allerdings hat die im i 2. Jahrhundert erbaule
Metropoliskirche Platten verschiedenster Zeiten eingemauert, so a
das 12. Jahrhundert für diese Marmorplatte un somit ai
unsere Elfenbeinplatte nur einen terminus ante quem gi


1 1 G-f. KASTEN MIT PYRAMIDENSTUMPFDECKEL. IA-
EEL LXIV
$ t i 1 i s i e r t e T i e r e.
Nil. Jahrhundert. Unteritalien. (?)
Orvieto, S. Giovenale.

Höhe ohne Deckel n,5cm, mit Deckel 14,5 cm, Lange .
Von dem noch alten wurmstichigen Holzkern ist em großer I eil des latten-■ u nd
Ornamentbelages abgefallen und teilweise an anderen Stellen wiederan ’ge g

worden. Verhältnismäßig am besten ist der Deckel erhalten (auf der Ansicht b
sitzt er jetzt verkehrt herum auf), der auf der vorderen Schräge (a) Befestigungs-
spuren für einen Schloßhaken, und auf der hinteren Schräge sowie der dazu ge-
hörigen Rückseite (c) Spuren ehemaliger Scharnierbänder aufweist. Im Holzkern
der Vorderseite (b) Einschnitte für ein jetzt verlorengegangenes Schloß. Von
den Ornamentstreifen der Deckelschrägen (a) sitzen drei noch an Ort und Stelle,
während die vierte Schräge mit einem schmäleren Streifen gefüllt ist, der ehemals
zu einem Ornamentfriese am unteren Deckelrande gehörte. Auf den Seiten c
und e sind weitere Stücke dieses ehemaligen unteren Deckelfrieses zum Ersatz der
Flechtbandstreifen verwendet worden, von denen auf allen vier Seiten Stücke
fehlen. Um alle Platten lief ein Füllstab in Form eines gedrehten Taues (ein Stück
auf e erhalten). Von den Tierplatten hat die Rückseite (c) noch alle drei erhalten.
Die Vorderseite (b) zeigt nur noch eine kleine Platte auf dem rechten Felde, die
umgedreht (vgl. Nr. 1 13b) ursprünglich in der Mitte unter dem Schloß saß. Auf
beiden Kurzseiten fehlt die linke Platte. Von den fehlenden Platten sind noch
zwei erhalten auf einer neumontierten Kastenwand, die sich ehemals in der
Sammlung Stroganoff befand (f) (Graeven, Elfenbeinbildwerke aus Sammlungen
in Italien 1900, Nr. 78). Es sind die beiden linken Platten, deren Stiftlöcher es
erlauben, noch genau die Stelle zu bestimmen, die sie auf dem Orvieto-Kasten
einnahmen, und zwar saß die erste der beiden Platten links auf der Seite e, wäh-
rend die zweite auf dem linken Felde der Vorderseite (b) saß. Diese beiden Platten
sind also zu irgendeiner Zeit in die Hände eines Fälschers gelangt, der mit den
beiden echten Platten eine komplette Kastenwand herstellte, indem er zwei wei-
tere Platten hinzufälschte. Von diesen letzteren stellt die eine einen sonst gut
durchgebildeten Greifen dar, dessen Rumpf zu dick geraten ist, und die andere
einen Vogel, dessen elegante Bewegung und Schwung des Gefieders auffallen.
Auf dieser Vogelplatte ist ein Irrtum in der Bildung des Baumes unterlaufen: eine
Art Perlschnur, die auf echten Platten an der Bodenlinie des Baumes hinläuft
(vgl. Nr. 107 c), macht auf der gefälschten Platte die Kurve des ansteigenden Bau-
mes mit. Der Ornamentstreifen mit Traube und Blatt, der sich um die vier zu
einer Tafel zusammengestellen Platten herumzieht, wiederholt sich noch einmal
auf dem restaurierten Kasten Nr. 52. Vielleicht sind Platte und Kasten durch die
Hände desselben Restaurators gegangen? Ob diese Ornamentstreifen alt sind, ist
ungewiß.
Die beiden Tierplatten des Deckels (a) sind mit den Füßen einander
zugekehrt: die linke stellt einen fletschenden Löwen dar mit einem
Baum im Hintergründe, die rechte einen Vogel mit einem Baum,
dessen Krone traubenförmig gebildet ist. Dieser Vogel ist ein stili-
sierter Pfau, wie der Vergleich mit der vorderen Deckelschräge (a)
zeigt, auf der das bekannte Motiv zweier Pfauen wiedergegeben ist,
die an Trauben picken. Die erhaltene Platte der Vorderseite (jetzt
auf f) zeigt einen Greifen mit Pfauenschwanz. Die Rückseite (c)
stellt in der Mitte einen sich umblickenden Löwen dar mit erho-
bener rechter Vordertatze und auf den seitlichen Platten zwei
stilisierte Vögel, von denen der linke scheinbar aus einer Ente ent-
standen ist, deren byzantinisch-naturalistisches Vorbild in der Platte
Nr. 109 zu sehen ist, der rechte vielleicht auf einen Schwan zu-
rückgeht, der sich in die Brust pickt. Auf der linken Kurzseite (e)
pickt ein Pfau an seinen Krallen. Auf das andere Feld dieser Seite
gehört der schreitende Löwe (jetzt auf f), dessen Schwanz in eine
die ganze obere Ecke lullende Quaste ausläuft. Der sich um-
wendende Pfau auf d pickt an einem Blattbaum. Vielfach dienen
noch Blätter zur Füllung der oberen Ecken (d, e).
Die Ornamentik des Deckels enthält außer dem Pfauenstreifen (a)
eine aus großen Hörnern bestehende Wellenranke mit Trauben-
füllung. Auf den breiteren Leisten hat die Traube eine dreieckige,
auf den schmäleren eine runde Form. Beide Traubenformen sind
schon auf der Hörnerranke des Kastens Nr. 69 vorgebildet. Aus
der Hörnerranke geht das Füllmotiv der Platte b hervor, die eine
Traube zwischen zwei Hörnern zeigt, und deren Ecken mit Löwen-
köpfen gefüllt sind. Statt der Rosettenstreifen ziehen sich um die
Platten der Seiten breite Flechtbänder, die in den Zwickeln eine
Eckblattfüllung haben, die deutlich mit der Rosettenornamentik
in Beziehung steht. Die Stilisierung der Tiere zeigt im Gegensatz
zu den Kästen Nr. 106 und 107 ein Aulgeben jedes plastischen
Gefühls und jeder inneren Struktur der Tiere. Ein starkes zeich-
nerisches Empfinden tritt an die Stelle. Das Bildfeld wird gleich-
mäßig mit Tier- und Pflanzenformen gefüllt, die vielfach ver-
schmolzen werden. Trotz dieser ornamentalen in ihrer Struktur-
losigkeit unbyzantinischen Gestaltung zeigen die Tiere deutlich
Beziehungen zu den byzantinischen Tierkästen. Der Pfauen-Greif
(f) hat sein Vorbild in dem des Kastens Nr. 106 (b, c) und der sich
 
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