6o
GOLDSCHMIDT
umblickende Löwe (c) mit dem stilisierten Volutenbaum im Hin-
tergründe in dem des Kastens Nr. 32 (b, c). Am ehesten kommt
Unteritalien für eine Entstehung dieses Kastens in Betracht.
Literatur: Goldschmidt, Elfenbeinskulpturen Bd. II, 1918, S. 58, Fig. 36.
I I 3 a-c. KASTEN MIT PYRAMIDENSTUMPFDECKEL. TA-
FEL LXV
Stilisierte Tiere.
XII. Jahrhundert. Unteritalien (?).
Köln, Kunstgewerbemuseum (Nr. D. 20).
Höhe 18 cm, Länge 27 cm, Breite 19,5 cm. Der Holzkern ist der alte, doch sitzt
der Platten- und Streifenbelag, von dem ein Teil verlorengegangen ist, nur noch
zum Teil an der ursprünglichen Stelle und man hat aus dem Belag des allseitig
sehr schadhaften Kastens drei komplette Seiten hergerichtet. Es fehlt das Schloß (b),
für das im Holzkern eine Vertiefung geschnitten ist. Jetzt ist diese Stelle durch
eine Platte verdeckt, die nicht an diese Stelle gehört. Der Schloßhaken, der ur-
sprünglich links von der Mittelplatte saß, wo er Befestigungsspuren hinterlassen
hat, ist nach rechts versetzt worden. Auf dem Deckel (a) hat ein Griff gesessen,
der im Innern des Kastens aufbewahrt wird. Aus den Bohrlöchern der einzelnen
Platten läßt sich noch deutlich die Umsetzung der Platten erweisen.
Streifen nicht mit ab-
gedrückt sind. Auch
entspricht die Platten-
anordnung weder dem
ursprünglichen noch
dem jetzigen Zustande
des Kastens. Aus diesen
Beobachtungen über
Technik und Plattenan-
ordnung geht also her-
vor, daß die in Gips
hinzugefügten Platten
mit großer Vorsicht be-
trachtet werden müs-
sen, und daß sie nicht
ohne weiteres als Ab-
güsse der verlorenge-
gangenen Kastenplat-
ten betrachtet werden
dürfen. Die Platten e
(Abb. 33) und d'
(Abb. 3i rechts), auch
d" (Abb. 3 1 links) ma-
chen durch ihre von
Abb. 32. Gips. Berlin, Kunstgewerbemuseum.
Löwe
I
Vogel
II
HI
IV
V
V IV
I
II
rn
Greif Traube Elefant
a) Jetziger Zustand.
b) Ursprünglicher Zustand.
d' IV d"
II e
£ I
111 IV V
c) Gips.
Abb. 3o. Schemen der Verteilung der Reliefplatten am Kasten.
Die an den Ecken abgeschrägten Ornamentstreifen (c) saßen ursprünglich auf
der Vorderseite neben dem Schloß (vgl. Nr. 112b). Nun zeigt ein Gips aus der
Berliner Kunstkammer (K. 8332), der 1873 angeschafft wurde, und welcher der
Beschreibung dieses Kastens durch Westwood zugrunde gelegen hat, noch auf allen
Seiten einen Plattenbelag (Abb. 31—33). Dieser Gips ist aber nicht über dem Ori-
ginal abgenommen, da er größer ist als der originale Kasten (Länge 29,5 cm,
Breite 20 cm, Höhe 18 cm) und die Beschädigungen der einzelnen Platten und
den übrigen Tierplatten
abstechenden, weichen,
eleganten Formen einen
zweifelhaftenEindruck,
während f (Abb. 32)
stilistisch ganz mit
dem echten zusam-
mengeht und sehr wohl
eine damals noch erhal-
tene, heute verlorene
Platte sein kann. Plat-
ten wie Streifen sind
durchbrochen gearbei-
tet. Einige abgelöste
Streifen sind noch im
Innern des Kastens vor-
handen. Einige Platten
zeigen Sprünge. Die
Füllstäbe, von denen
nur kleine Stücke er-
halten sind, haben die
Form gedrehter Taue.
Die Deckelplatten Abb. 33. Gips. Berlin, Kunstgewerbemuseum.
(a) zeigen zwei Ad-
ler, die Vorderseite (b) links einen sitzenden Greifen mit Kugel-
baum im Hintergründe, rechts einen Elefanten, in der Mitte eine
ornamentale Platte mit einer Traube zwischen zwei stilisierten
Hörnern (vgl. Nr. 112 bl und die linke Kurzseite
(c) einen brüllenden Löwen mit Kugelbaum und
einen klirrenden Vogel. Die Ornamentstreifen
zeigen ein stilisiertes Trauben- und Blattmuster,
das einen Nachklang der Hörnerranke mit Trau-
ben und Blättern (vgl. Nr. 69) darstellt. Zwei
Streifen auf c zeigen eine rankenartige Verknüp-
fung, die anderen eine rosettenmäßige Aufreihung
mit den typischen Eckblattfüllungen der Roset-
tenstreifen. Liber die Deckelschrägen zieht sich
ein breites Flechtband hin. Die dekorative Füll-
platte in der Mitte von b, das breite Flechtband
und die tauförmigen Füllstäbe bringen den Kasten
in einen engen Zusammenhang mit dem aus Or-
vieto (Nr. 112). Andererseits zeigen die figürlichen
Platten engere Beziehungen zu dem byzantini-
schen Würzburger Kasten (Nr. 107): man ver-
gleiche die Adlerplatten der beiden Kästen. Doch
macht sich trotz weitgehender Übereinstimmung
auf den Kölner Platten dasselbe starke Gefühl
für flächenhafte Wiedergabe der Tierformen be-
Abb. 3i. Gips. Berlin, Kunstgewerbemuseum.
merkbar wie auf dem Orvieto-Kasten: man ver-
GOLDSCHMIDT
umblickende Löwe (c) mit dem stilisierten Volutenbaum im Hin-
tergründe in dem des Kastens Nr. 32 (b, c). Am ehesten kommt
Unteritalien für eine Entstehung dieses Kastens in Betracht.
Literatur: Goldschmidt, Elfenbeinskulpturen Bd. II, 1918, S. 58, Fig. 36.
I I 3 a-c. KASTEN MIT PYRAMIDENSTUMPFDECKEL. TA-
FEL LXV
Stilisierte Tiere.
XII. Jahrhundert. Unteritalien (?).
Köln, Kunstgewerbemuseum (Nr. D. 20).
Höhe 18 cm, Länge 27 cm, Breite 19,5 cm. Der Holzkern ist der alte, doch sitzt
der Platten- und Streifenbelag, von dem ein Teil verlorengegangen ist, nur noch
zum Teil an der ursprünglichen Stelle und man hat aus dem Belag des allseitig
sehr schadhaften Kastens drei komplette Seiten hergerichtet. Es fehlt das Schloß (b),
für das im Holzkern eine Vertiefung geschnitten ist. Jetzt ist diese Stelle durch
eine Platte verdeckt, die nicht an diese Stelle gehört. Der Schloßhaken, der ur-
sprünglich links von der Mittelplatte saß, wo er Befestigungsspuren hinterlassen
hat, ist nach rechts versetzt worden. Auf dem Deckel (a) hat ein Griff gesessen,
der im Innern des Kastens aufbewahrt wird. Aus den Bohrlöchern der einzelnen
Platten läßt sich noch deutlich die Umsetzung der Platten erweisen.
Streifen nicht mit ab-
gedrückt sind. Auch
entspricht die Platten-
anordnung weder dem
ursprünglichen noch
dem jetzigen Zustande
des Kastens. Aus diesen
Beobachtungen über
Technik und Plattenan-
ordnung geht also her-
vor, daß die in Gips
hinzugefügten Platten
mit großer Vorsicht be-
trachtet werden müs-
sen, und daß sie nicht
ohne weiteres als Ab-
güsse der verlorenge-
gangenen Kastenplat-
ten betrachtet werden
dürfen. Die Platten e
(Abb. 33) und d'
(Abb. 3i rechts), auch
d" (Abb. 3 1 links) ma-
chen durch ihre von
Abb. 32. Gips. Berlin, Kunstgewerbemuseum.
Löwe
I
Vogel
II
HI
IV
V
V IV
I
II
rn
Greif Traube Elefant
a) Jetziger Zustand.
b) Ursprünglicher Zustand.
d' IV d"
II e
£ I
111 IV V
c) Gips.
Abb. 3o. Schemen der Verteilung der Reliefplatten am Kasten.
Die an den Ecken abgeschrägten Ornamentstreifen (c) saßen ursprünglich auf
der Vorderseite neben dem Schloß (vgl. Nr. 112b). Nun zeigt ein Gips aus der
Berliner Kunstkammer (K. 8332), der 1873 angeschafft wurde, und welcher der
Beschreibung dieses Kastens durch Westwood zugrunde gelegen hat, noch auf allen
Seiten einen Plattenbelag (Abb. 31—33). Dieser Gips ist aber nicht über dem Ori-
ginal abgenommen, da er größer ist als der originale Kasten (Länge 29,5 cm,
Breite 20 cm, Höhe 18 cm) und die Beschädigungen der einzelnen Platten und
den übrigen Tierplatten
abstechenden, weichen,
eleganten Formen einen
zweifelhaftenEindruck,
während f (Abb. 32)
stilistisch ganz mit
dem echten zusam-
mengeht und sehr wohl
eine damals noch erhal-
tene, heute verlorene
Platte sein kann. Plat-
ten wie Streifen sind
durchbrochen gearbei-
tet. Einige abgelöste
Streifen sind noch im
Innern des Kastens vor-
handen. Einige Platten
zeigen Sprünge. Die
Füllstäbe, von denen
nur kleine Stücke er-
halten sind, haben die
Form gedrehter Taue.
Die Deckelplatten Abb. 33. Gips. Berlin, Kunstgewerbemuseum.
(a) zeigen zwei Ad-
ler, die Vorderseite (b) links einen sitzenden Greifen mit Kugel-
baum im Hintergründe, rechts einen Elefanten, in der Mitte eine
ornamentale Platte mit einer Traube zwischen zwei stilisierten
Hörnern (vgl. Nr. 112 bl und die linke Kurzseite
(c) einen brüllenden Löwen mit Kugelbaum und
einen klirrenden Vogel. Die Ornamentstreifen
zeigen ein stilisiertes Trauben- und Blattmuster,
das einen Nachklang der Hörnerranke mit Trau-
ben und Blättern (vgl. Nr. 69) darstellt. Zwei
Streifen auf c zeigen eine rankenartige Verknüp-
fung, die anderen eine rosettenmäßige Aufreihung
mit den typischen Eckblattfüllungen der Roset-
tenstreifen. Liber die Deckelschrägen zieht sich
ein breites Flechtband hin. Die dekorative Füll-
platte in der Mitte von b, das breite Flechtband
und die tauförmigen Füllstäbe bringen den Kasten
in einen engen Zusammenhang mit dem aus Or-
vieto (Nr. 112). Andererseits zeigen die figürlichen
Platten engere Beziehungen zu dem byzantini-
schen Würzburger Kasten (Nr. 107): man ver-
gleiche die Adlerplatten der beiden Kästen. Doch
macht sich trotz weitgehender Übereinstimmung
auf den Kölner Platten dasselbe starke Gefühl
für flächenhafte Wiedergabe der Tierformen be-
Abb. 3i. Gips. Berlin, Kunstgewerbemuseum.
merkbar wie auf dem Orvieto-Kasten: man ver-