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Goldschmidt, Adolph; Weitzmann, Kurt; Goldschmidt, Adolph [Hrsg.]; Weitzmann, Kurt [Hrsg.]
Die byzantinischen Elfenbeinskulpturen des X. - XIII. Jahrhunderts (Band 1): Kästen — Berlin: Bruno Cassirer, 1930

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https://doi.org/10.11588/diglit.53146#0017
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VORWORT

Die zwei Bände byzantinischer Elfenbeine des Mittelalters,
deren erster liier vorliegt, sind nur in lockerer Form eine
Ergänzung zu den bisherigen vier abendländischen. Zwar
macht sich bei den Reliefs des Abendlandes zu verschiedenen Zeiten
der Einfluß byzantinischer Vorbilder lebhaft bemerkbar, aber diese
Vorbilder selbst, soweit sie in Elfenbeinreliefs bestehen, sind unter
sich verhältnismäßig gleichförmig und zeigen weder im Stil noch
im Gegenständlichen die Reichhaltigkeit und den Wechsel wie
etwa die Schnitzereien Englands, Frankreichs oder Deutschlands
in der entsprechenden Zeitspanne des 9. bis i3. Jahrhunderts.
Bei der beständigen Wiederholung der gleichen Gegenstände und
einer durch theologischen Zwang festgelegten Darstellungsform
machen sich dagegen um so mehr die kleinen Stilverschiebungen
und die künstlerische Spannweite innerhalb konventioneller Be-
schränkung geltend. Zusammenhängende Gruppen und zeitliche
Differenzen lassen sich feststellen, so daß man den bisher nur sehr
allgemein zu datierenden Stücken vielfach eine festere Einstellung
zu geben vermag.
Außerdem ist es bei dem so häufigen Hinweis auf Byzanz in kunst-
geschichtlichen Untersuchungen und dem verstreut und unzu-
länglich abgebildeten Material wünschenswert, daß die verschie-
denen Gebiete byzantinischer Produktion in einer gewissen Voll-
ständigkeit zur Anschauung gebracht werden, wie dies in der
Malerei bereits in größerem Umfang geschehen ist. Die Bildhauer-
kunst ist allerdings sehr viel ärmer, da sie sich fast ganz auf die Klein-
plastik und auf verhältnismäßig wenige Objekte beschränkt, aber
man hat dafür den Vorteil, sie leichter in ihrem ganzen Umfang zu
übersehen und sich damit das Suchen nach unbekanntem und mehr
Aufschluß gebendem Material zu ersparen.
Der vorliegende erste Band enthält die große Zahl der Kästen, die
meistenteils profanen Zwecken dienten, und die dadurch, daß sie
in ihrem Schmuck das Interesse für die Antike zum Ausdruck
bringen, für die Auffassung, die die Renaissance des 10. Jahrhun-

derts in Byzanz beherrschte, aufklärend sind. Sie waren ein belieb-
tes Handelsobjekt, das infolgedessen auf weitere Kreise seine Wir-
kung ausgeübt haben mag. Ihre in diesem Bande vorliegende Bear-
beitung, die in der stilistischen und zeitlichen Anordnung besteht
und die Übernahme der einzelnen Figuren aus antiken und orien-
talischen Vorlagen nachweist, hat Herr Dr. Kurt Weitzmann über-
nommen, nachdem das Material von mir in möglichster Vollstän-
digkeit gesammelt worden war. Hierbei kamen mir die zahlreichen
photographischen Aufnahmen Hans Graevens (f) und die schon
Jahrzehnte zurückliegende Mithilfe von Dr. Paul G. Hübner im Auf-
suchen dei’ Literatur zugute. Mehrfach war die Beschaffung großer
und tadelloser Photographien mit Schwierigkeiten verknüpft oder
gar unmöglich, und man mußte sich mit gelegentlich hergestellten
Aufnahmen begnügen. So ist das Prinzip, durchweg Abbildungen
in originaler Größe zu bringen, das in den abendländischen Bänden
aufgestellt war, nicht immer durchgeführt, was jedoch keine Schä-
digung bedeutet, da sich dieselben Figuren oft wiederholen, und
die Größe überhaupt nicht die Rolle spielt, wie dies bei den abend-
ländischen Elfenbeinen der Fall ist, bei denen das Verhältnis zu
dem Bucheinband, auf dem sie sich befanden, mitspricht.
Der zweite byzantinische Band wird die Diptychen, Triptychen
und diejenigen Einzelplatten enthalten, die nicht den Bestand-
teil von Kästen bildeten, sondern als Pax oder Buchdeckel dien-
ten. Dort haben wir es im Gegensatz zum ersten Band durchweg
mit kirchlichen Darstellungen zu tun.
Schon bei diesem ersten Band fühle ich das Bedürfnis, den ver-
schiedenen öffentlichen Sammlungen und privaten Besitzern für
das Entgegenkommen beim Studieren und Photographieren der
Objekte, dem Deutschen Verein für Kunstwissenschaft für die Bei-
hilfe zur Herausgabe und zum Beschaffen von Photographien so-
wie dem Verleger für die Sorgfalt, die er der Herstellung dieses
Bandes wie der früheren zuwandte, meinen lebhaften Dank aus-
zusprechen. Adolph Goldschmidt
 
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