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Goldschmidt, Adolph; Weitzmann, Kurt; Goldschmidt, Adolph [Hrsg.]; Weitzmann, Kurt [Hrsg.]
Die byzantinischen Elfenbeinskulpturen des X. - XIII. Jahrhunderts (Band 1): Kästen — Berlin: Bruno Cassirer, 1930

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https://doi.org/10.11588/diglit.53146#0031
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II. TEIL

KRITISCHER KATALOG

1-3. SEITEN EINES KASTENS. TAFEL I
Szenen aus der Josua-Geschichte.
X. Jahrhundert.
New York, Metropolitan Museum (17, 190, t35 17,19°’ 1

bare Inschrift: K£ nPOCHTArON TON BACIA6A TAH HPOC TON IHCOVN K(cd)
6KP6MACAN AVTON. (Vor yärj fehlt der Artikel n;?.) Diese Inschrift
ist nicht wörtlich der Septuaginta entnommen, sondern nur einige
Worte aus ihr sind in einem kurzen Satz verständnisvoll zusammen-
gestellt.

Maße der Platten mit Ornamentstreifen: 1. Höhe ca. 9,5 cm, Breite ca. 19 cm.
2. Höhe ca. 9,5 cm, Breite ca. i4 cm. 3. Höhe ca. cm, Breite ca. i4>5 cm. Die
Platten waren neu montiert, in moderne Holzrahmen eingelassen und hierbei
jede an drei Seiten mit ca. 2% cm breiten Rosettenstreifen umgeben worden; jetzt
sind sie wieder herausgelöst aus der Holzmontierung. Obwohl die Oinainent-
streifen von roherer Arbeit sind als die Platten, scheinen sie doch mit ihnen zu-
sammenzugehören, da die Medaillonköpfe denselben Stil in Augen- und Mund-
partie zeigen wie die Köpfe der Josuakrieger. Welche Platten auf den Lang- und
welche auf den Kurzseiten gesessen haben, läßt sich jetzt nicht mehr ei sehen,
da die ehemals das Schloß enthaltende Platte (Nr. 1) sowohl auf einer Vorder-
wie aufeiner Kurzseite gesessen haben kann. Nr. 1 besteht aus zwei Stücken, die in
einem schrägen, von oben nach unten durchgehenden Schnitt aneinandeigelugt
sind. Das linke Stück hat einen durchgehenden Riß, der sich loitsetzt über den
Einschnitt des Schloßfeldes, das seinerseits mit dem Stück eines Rosettenstreifens
gefüllt ist. Das kleine Stück rechts neben dem Schloßfeld ist neu und die Helm-
spitzen der Krieger, die sich darauf befinden, aus Gips ergänzt. Die 1 latte Nr. 3
zeigt in der rechten oberen Ecke einen durchgehenden Riß, mehl eie Sprünge
und an der vorderen rechten Figur ein Bein abgebrochen. Alic 1 latten wie auch
die Rosettenstreifen zeigen sehr starke Abreibungen. Auf den Rüstungen der
Krieger gelblichbraune Flecken und gleiche Spuren in form eines Kieuzes auf
mehreren Schilden, auf denen früher wohl Vergoldung gesessen hat. Die Rosetten-
streifen zeigen Reste von roter und blauer färbe, die jüngeren Datums, abei wohl
schwerlich modern sind. Sammlung Pierpont Morgan, New York.
Dargestellt ist auf der ersten Platte eine Szene aus der Eroberung
der Stadt Ai (Josua VIII, Vers 18/19). Von links dringt eine Schar
Israeliten mit Lanzen auf die Männer von Ai ein, die zu Boden ge-

Die dritte Platte zeigt Josua, durch die Beischrift IHCOVC auf dem
oberen Rahmen gekennzeichnet, auf einem plumpen Thronsessel
sitzend, umgeben von seinem Kriegsgefolge, wie er die Gesandten
der Gabaoniter empfängt (Josua IX, Vers 6). Sie nahen sich ihm in
gebeugter Stellung, die ausgestreckten Hände nach byzantinischer
Sitte bedeckt. Auf diesem Belief breitet sich die Inschrift auf dem
Hintergründe aus: V(?) FABAONHTG €TTH A<D1KNVM€NOI TA HMATHA
AVT(cor) AHPOFOTA. (Zu ergänzen ein Prädikat.) Der Text gibt den
Inhalt in selbstgewählten Ausdrücken wieder.
Die Platten Nr. 2 und 3 stimmen mehr als Nr. 1 mit den betreffen-
den Szenen des Rotulus überein (II Rotulo, Taf. XI und X II) (Abb. 5).
Der Schnitzer, der infolge einer Beschränkung des Bildfeldes die
Figuren sehr zusammendrängen mußte, ist ein unselbständiger
Nachahmer, der die geballten Figurengruppen seiner Vorlage um
einige Figuren reduziert und viele Einzelheiten aus ihr gewissenhaft
wiedergibt, ohne jedoch zu einem so wirkungsvollen Reliefstil zu
gelangen, wie der Schnitzer der folgenden Platte Nr. 4- Die Figuren
sind steif und etwas ungelenk in ihren Bewegungen. Das Relief
ist ziemlich flach, nur zuweilen bei den Extremitäten etwas unter-
schnitten. Die Schnittführung scheint bei allem Reichtum in den
Gewandpartien oft etwas unsicher.
Literatur: Nye in American Journal of Archaeology 1919, S. 401.


4. DREI PLATTENRESTE EINES KASTENS. TAFEL I
Szenen aus der J osua-Gesch ichte.

Kriegers, rechts ein Teil des Josua-Thrones mit dem darauf!iegenden Kissen ab-
geschnitten. Diese Zusammenfügung scheint aber schon in älterer Zeit geschehen
zu sein, da die Bohrlöcher zu Seiten der Schnitte bereits auf eine Montierung in
der jetzigen Zusammensetzung hinweisen. Die Platten zeigen starke Rißbildung
und einige Bruchstellen an den Speeren und der rechten Hand des linken Josua.
Aus der Webb Collection.

Abb. 4. Aus dem Vatikanischen Josuarotulus, cod.grec.43i. Kampf der Israeliten gegen die Männer von Ai.
u---;r o
Schar der gefallenen Männer von Ai in größerer Übereinstimmung
’nit dem Elfenbein als die Rotulusszene.
Die Platte Nr. 2 gibt die Szene Josua VIII, Vers 28-29 wieder: Nach
der siegreichen Schlacht wird der gefangene König von Ai vor Josua
geführt, der auf einem Thronsessel sitzt, umgeben von seinem Ge-
bige. Rechts schließt sich eine weitere Szene an, in der der König

London, Victoria & Albert Museum (266, 67).
Höhe 7,5 cm, Breite 27 cm. Die Platte besteht aus drei Stücken, die nicht zusammen-
gehören und Reste von drei verschiedenen Friesdarstellungen sind. Bei der Zu-
sammenstellung dieser Stücke zu einem Friese wurden glatte Schnittflächen ge-
schaffen zur gegenseitigen Anpassung: links ist dadurch der Unterarm eines

stürzt sind. Einige blicken sich erschreckt um da vom Rücken eine
weitere Schar Israeliten sie angreift. Rechts schließt sich ein E.nzel-
kampf eines Israeliten gegen einen zu Boden gestürzten Gegner an.
Eine erläuternde Inschrift zieht sich über den olleren und rech-
ten Rahmen hin: ÖT0NCN IHCOVC THN X(«) PA AVTOV CTTI(?) THN
nOAIN. C-ANCCTHCAN CN TAXH K« AHCKTHNAN nANTfac). D.e Inschr.lt
gibt mit Ausnahme der zwei letzten Wörter, die em zusammen-
fessender Begriff an Stelle weitausholender Eroberungsschddernn-
gen sind, den genauen Septuagintatext wie er,
jedoch lückenhaft : hinter avrov fehlt wvyacoov,
und hinter nohv fehlt xcd rd kveÖQO.- Es sin au
fallenderweise dieselben Auslassungen, die ei
Text des Vatikanischen Rotulus aufweist, an
den sich auch die Szenen in ihrem Stil < ng an
schließen (Abb. 4). Dennoch scheint nicht
diese Handschrift das direkte Vorbild gewe-
sen zu sein, sondern eine ihr nahestehen e,
heute nicht mehr erhaltene, da auf dei Elfen
beindarstellung Einzelheiten sich finden, die
vom Rotulus abweichen und die in späten Okta-
teuchen vorkommen. So zeigt dieselbe Szene
in dem Vatikanischen Oktateuch cod.grec.746
auf fol. 45ov (II Rotulo, Taf. D, 4) die beiden
vordersten der von links anstürmenden Israe-
liten mit gefällten Lanzen und die vielköpfige

v°n Ai an einem Gabelkreuz aufgehängt wird. Über dem oberen
und rechten Rahmen zieht sich eine heute nur noch schwer les-

Der mittlere Teil der Platte gibt zwei Szenen der Josua-Geschichte
annähernd vollständig wieder. In der linken Szene empf angt Josua,
 
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